Hauptjob der Feuerwehr ist in der Hauptstadt schon lange nicht mehr das Löschen von Bränden. Immer häufiger geht es um die Notfallrettung – doch die bleibt zu langsam.
Am Freitag haben Landesbranddirektor Wilfried Gräfling und Innensenator Frank Henkel (CDU) die Jahresbilanz 2014 der Berliner Feuerwehr vorgestellt. Demnach mussten die Einsatzkräfte der Berliner Feuerwehr im vergangenen Jahr fasst 400.000-mal ausrücken. Das Hauptgeschäft der Feuerwehr ist aber nicht die Brandbekämpfung, sondern ist die Notfallrettung. Doch die war 2014 zu langsam.
Rettungszeit
Die Berliner Feuerwehr musste im vergangenen Jahr 333.199-mal zu Notrettungsdiensten ausrücken. Das waren 28.716 Einsätze mehr als im Vorjahr. Doch das gesteckte Ziel bei der sogenannten Schutzziel-Erfüllung, wurde 2014 in der Innenstadt nur in 38,9 Prozent der Einsätze erreicht. Im Jahr zuvor waren es noch 44,3 Prozent. Die Vorgabe beim Rettungsdienst ist, dass bei 75 Prozent der Einsätze in acht Minuten ein geeignetes Einsatzmittel vor Ort sein muss. Erreicht wurde das nur in 38,9 Prozent der Fälle.
Außerhalb der Innenstadt in dünner besiedelten Bezirken am Stadtrand muss die Rettungszeit in der Hälfte der Einsätze erreicht werden, so die Zielvorgabe. Lediglich in 21,5 Prozent erreichten die Feuerwehrleute dort die Einsatzorte in acht Minuten. Bis zum Ende dieses Jahres sollen deshalb 13 zusätzliche Rettungsfahrzeuge in Berlin im Einsatz sein. Das teilte Landesbranddirektor Wilfried Gräfling auf der Jahrespressekonferenz der Berliner Feuerwehr am Freitag mit. Mit der Aufstockung des Fuhrparks solle den stark gestiegenen Einsätzen im Rettungsdienst im vergangenen Jahr und den nicht erreichten Schutzziel-Erfüllungen Rechnung getragen werden.
Brandbekämpfung
Bei der Brandbekämpfung müssen 14 Feuerwehrleute binnen 15 Minuten bei 90 von 100 Einsätzen vor Ort sein. „Das schaffen wir locker“, sagte Berlins oberster Feuerwehrmann, Gräfling. Bei 91,3 Prozent wurde das 15-Minuten-Ziel erreicht. Im erweiterten Einsatzgebiet müssen die Brandbekämpfer bei 50 Prozent der Einsätze in 15 Minuten am Brandort sein. Das wurde in 64,5 Prozent der Fälle erreicht. In Berlin starben im Vorjahr 27 Menschen bei Bränden, einer weniger als 2013. Die Feuerwehr wurde im vergangenen Jahr zu insgesamt 6456 Bränden alarmiert, 874 weniger als 2013 (7330 Brände). Die Brandbekämpfung macht nur noch einen sehr kleinen Teil der Arbeit der Feuerwehr aus. Brände betreffen nur noch 1,6 Prozent ihrer Einsätze.
Entwicklung
Von 2004 bis 2014 sind die Fahrzeugalarmierungen im Rettungsdienst um 49 Prozent gestiegen. Waren es vor zehn Jahren noch 317.170 Einsätze, bilanzierte die Feuerwehr im vergangenen Jahr insgesamt 472.652 Alarmierungen. Dazu zählen auch die Alarmierungen im Rettungsdienst mit Notarztfahrzeugen, wie sie beispielsweise bei Verdacht auf einen Herzanfall eingesetzt werden. Die Einsatzzahlen sind bis auf fast 400.000 gestiegen. „Mit 399.269 Einsätzen kratzen wir fast an der 400.00er-Marke“, sagte Gräfling. „Diesen Anstieg haben wir nicht vermutet.“ Gestiegen sind auch die Einsätze für technische Hilfe. Es waren 755 Einsätze mehr als im Vorjahr. 2014 waren es 19.949 technische Hilfeleistungen, 2013 waren es 19.194. Die Fehleinsätze und Einsätze für Erkundungen sind von 48.514 um 8909 Fälle auf 39.605 gesunken. Seit Jahren würden die Gesamteinsatzzahlen um ungefähr fünf Prozent steigen, sagte Innensenator Frank Henkel (CDU). Dabei stehe man vor einer der größten Herausforderungen: die ständig wachsende Stadt. „Bis 2030 werden ungefähr 250.000 mehr Menschen in Berlin leben“, sagte der Innensenator und sprach dabei von sehr „konservativen“ Zahlen. „Das ist mehr als ein großer Bezirk, der in den kommenden Jahren dazukommt.“
Personal
Der Landesbranddirektor sagte, dass die Feuerwehr in den kommenden Jahren zwischen 500 und 600 neue Stellen brauche. Henkel stellte ihm im kommenden Doppelhaushalt 2016/2017 ungefähr 80 neue Stellen in Aussicht. Auch die Feuerwehr steht vor einem Nachwuchs-Problem. Es finden sich kaum noch geeignete Bewerber. „Was nutzen neue Stellen, wenn die Bewerberzahlen kontinuierlich sinken“, sagte Gräfling. Die Feuerwehr setzt deshalb auf Berufs-Quereinsteiger.
Besondere Einsätze
Beim Blitzeis am 20. Januar 2014 wurde der Rettungsdienst der Feuerwehr von 8 bis 13 Uhr zu 1200 Notfällen alarmiert. An „normalen“ Tagen sind es 1200 Einsätze in 24 Stunden. Alle Freiwilligen Feuerwehren wurden zum Dienst gerufen, andere Hilfsorganisationen wie Deutsches Rotes Kreuz, Arbeiter-Samariter-Bund, der Malteser Hilfsdienst und die Johanniter Unfallhilfe stellten zusätzliche Rettungswagen zur Verfügung.
Bei einem Dachstuhlbrand am 11. Oktober des vergangenen Jahres an der Fregestraße in Friedenau waren die Einsatzkräfte der Feuerwehr mehr als 15 Stunden im Einsatz. Ein ausgebautes Dachgeschoss brannte in einer Ausdehnung von ungefähr 360 Quadratmetern. Die Mieter des Hauses konnten gerettet werden. Enge Straße und nicht beschnittene Straßenbäume haben den Großeinsatz der Feuerwehr erschwert.