Polizei

Notruf 110 - Polizei verfehlt ihre Ziele

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Ulrich Kraetzer

Foto: Massimo Rodari

Bei Notruf Warteschleife: In der Notrufzentrale werden nur 75 Prozent der 110-Anrufe innerhalb von zehn Sekunden angenommen. Jeder vierte Anrufer muss warten.

Wer in Notfällen Hilfe bei der Berliner Polizei sucht, landet oft in der Warteschleife. Im vergangenen Jahr haben die Mitarbeiter der polizeilichen Notrufzentrale nur 75,2 Prozent der Anrufe unter der Nummer „110“ innerhalb von zehn Sekunden angenommen.

Ihr selbst gestecktes Ziel, innerhalb dieser Zeitspanne 90 Prozent der Notrufe entgegen zu nehmen, hat die Polizei damit deutlich verfehlt. Im Jahr 2013 nahmen Mitarbeiter der Notrufzentrale noch 81 Prozent der Notrufe innerhalb von zehn Sekunden entgegen.

Kommentar: Wie die Berliner Polizei uns in die Warteschleife legt

Die Zahlen für 2014 ergeben sich aus einem internen Polizeibericht, der der Berliner Morgenpost vorliegt. Die Behörde wertet darin aus, inwieweit sie ihre Zielvereinbarungen erreicht hat. Die Quote der aufgeklärten Straftaten ist demnach in allen sechs Polizeidirektionen gestiegen. Stadtweit lag sie 2014 bei 44,9 Prozent. 2013 waren es noch 43,7 Prozent gewesen.

Weniger Polizeistreifen

In anderen Bereichen hat die Polizei ihre Ziele dagegen verfehlt. So gingen die Beamten in Bussen und Bahnen der S-Bahn und der BVG im vergangenen Jahr etwas mehr als 145.000 Stunden auf Streife. Angepeilt waren 160.000 Stunden. „Ursächlich dafür ist das erhöhte Einsatzaufkommen bei Veranstaltungen, Kundgebungen, Aufzügen sowie Einsätzen in Zusammenhang mit der Flüchtlingsproblematik“, heißt es in der Polizeiauswertung. Im Vergleich zu den Vorjahren sank die Zahl der Polizeistreifen 2014 um fast neun Prozent.

Auch ihr Vorhaben, sich auf Deliktsbereiche zu konzentrieren, die das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung beeinträchtigen, konnte die Polizei nicht im vorgesehenen Ausmaß umsetzen. Zwar haben die Beamten Straftaten wie Wohnraumeinbrüche, Fahrraddiebstähle oder Körperverletzungen in der Öffentlichkeit in vielen Direktionen häufiger aufgeklärt als 2013. Die Vorgabe, im Rahmen der „wirkungsvollen Kriminalitätskontrolle“ 200.000 Stunden in den definierten Deliktsbereichen zu leisten, hat die Polizei mit knapp 137.000 Stunden aber nicht erreicht. Im Bericht heißt es, dafür vorgesehene Kräfte seien durch Veranstaltungen oder Großeinsätze oft „fremdbestimmt“ gewesen seien. Zudem habe es bei der Umsetzung des Konzeptes im ersten Halbjahr Anlaufschwierigkeiten gegeben. Tatsächlich ist die Zahl der sogenannten Einsatzkräftestunden in den Deliktsfeldern der „wirkungsvollen Kriminalitätskontrolle“ seit Juli deutlich gestiegen.

Gewerkschaft der Polizei fordert deutlich mehr Personal

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte, dass die Politik in vergangenen Jahre stärker beim Personal eingespart habe als ursprünglich beabsichtigt. Dies wirke sich jetzt bei der Kriminalitätsbekämpfung und der Verkehrssicherheit für die Bürger spürbar aus. „Personal und Aufgabendichte ermöglichen uns nicht einmal mehr, die sicherheitsrelevantesten Deliktsformen, wie zum Beispiel Taschendiebstahl und Fahrraddiebstahl, nachhaltig zu bekämpfen“, sagte GdP-Sprecher Steve Feldmann. Den Kampf gegen Fahrraddiebstahl habe die Polizei 2014 aufgegeben. Die Beamten in den Abschnitten könnten nur noch zehn Prozent ihrer Arbeitskraft in sichtbare Polizeipräsenz investieren. „Der Bürger nimmt die Polizei nur noch als vorbeirauschenden Funkwagen mit Blaulicht und Sirene wahr“, sagte Feldmann. Die Polizei personell wieder funktionsfähig machen, werden viele Jahre dauern. „Unsere jetzt im Dienst aktiven Polizisten werden ausgebrannt“, sagte Feldmann.

Ein Sprecher der Innenverwaltung wies darauf hin, dass die Polizei seit Beginn der Legislaturperiode 250 zusätzliche Stellen erhalten habe. Weitere hundert zusätzliche Auszubildende würden in den nächsten Jahren in den regulären Vollzugsdienst übernommen. Für den Doppelhaushalt 2016/17 will Innensenator Frank Henkel (CDU) dem Vernehmen nach zusätzliche Stellen in einer mittleren dreistelligen Größenordnung anmelden.