Berliner Lehrerin

Annegret Raunigk ist die Lehrerin, die mit 65 schwanger ist

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Regina Köhler

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Vor zehn Jahren traf die Berliner Morgenpost Annegret Raunigk aus Spandau, die mit damals 55 gerade Tochter Lelia geboren hatte. 2015 soll es wieder Nachwuchs geben - diesmal Vierlinge.

Grundschullehrerin Annegret Raunigk aus Spandau erwartet Vierlinge. Das ist bereits eine kleine Sensation. Vierlingsschwangerschaften sind höchst selten. Die weitaus größere Sensation ist allerdings die Tatsache, dass Annegret Raunigk 65 Jahre alt ist. Sie hat bereits 13 Kinder. Ihre Jüngste, Lelia, wird am 1. Juni zehn Jahre alt.

Dem Fernsehsender RTL sagte Annegret Raunigk, dass Lelia sich ein Geschwisterchen gewünscht habe. Deshalb habe sie sich in den vergangenen anderthalb Jahren mehrfach im Ausland durch eine Eizellen- und Samenspende künstlich befruchten lassen. Bei der letzten Behandlung seien ihr vier befruchtete Eizellen eingesetzt worden – erfolgreich.

Bis jetzt verlaufe die Schwangerschaft ohne größere Komplikationen, heißt es. Annegret Raunigk fühlt sich nach eigenen Angaben fit. Sie wird von mehreren Ärzten betreut. Wenn alles weiter gut geht, werden die Vierlinge im Sommer geboren. Raunigk wäre damit die älteste Vierlingsmutter der Welt.

Die alleinerziehende Lehrerin hat schon einmal einen Rekord aufgestellt. Als am 1. Juni 2005 ihr 13. Kind geboren wurde, war sie 55 Jahre alt und damit die älteste Mutter Deutschlands. Die Berliner Morgenpost hatte Annegret Raunigk damals besucht und war dabei, als der damalige Spandauer Bezirksbürgermeister Konrad Birkholz (CDU) ihr die Ehrenpatenschaftsurkunde des damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler überreichte.

Annegret Raunigk machte damals einen ausgeglichenen Eindruck. Dass sie erst vor wenigen Wochen ihr 13. Kind geboren hatte, war ihr nicht anzumerken. Deutlich jünger als 55 Jahre sah sie allerdings auch nicht aus. Sie erzählte der Berliner Morgenpost, dass das Kind nicht geplant gewesen war. „Ich war selbst überrascht“, sagte sie damals. Tochter Lelia sei ganz natürlich auf die Welt gekommen – wie ihre anderen Kinder auch. Einen Kaiserschnitt habe sie auch nie gehabt, sagte Annegret Raunigk.

Keine moralischen Bedenken

Die Ärzte hatten damals von einem medizinischen Wunder gesprochen. Ohne Hormonbehandlung mit 55 noch einmal schwanger zu werden, sei höchst selten, hieß es.

Inzwischen sind fast zehn Jahre vergangen, und Annegret Raunigk ist wieder schwanger. Dieses Mal allerdings nicht ganz ohne Hilfe der modernen Medizin. Wie es der 65 Jahre alten Schwangeren in den kommenden Wochen ergehen wird, können Interessierte in den News- und Magazinsendungen des privaten Senders RTL verfolgen. Laut Sender sollen dabei viele Fragen rund um diesen einzigartigen Fall beleuchtet und die Motive Annegret Raunigks für die späte Schwangerschaft „kritisch, vorurteilsfrei und mit der nötigen Distanz“ hinterfragt werden. Zum Auftakt der Berichterstattung wird Moderatorin Birgit Schrowange sich am Montag ausführlich mit der werdenden Mutter über ihre Beweggründe unterhalten. Das Interview wird im RTL-Magazin „Extra“ um 22.15 Uhr zu sehen sein.

Raunigk selbst hat offenbar keine moralischen Bedenken. RTL sagte sie: „ Wie muss man mit 65 sein? Man muss ja offensichtlich immer irgendwelchen Klischees entsprechen. Was ich ziemlich anstrengend finde.“ Jeder müsse das für sich selbst entscheiden. Sie halte es, wie sie es für richtig halte.

Elf ihrer Kinder hat Annegret Raunigk noch in der ehemaligen DDR geboren, nur die beiden letzten kamen erst nach dem Fall der Mauer auf die Welt. Fast alle dürften inzwischen ausgezogen sein. Raunigks älteste Tochter ist immerhin schon 44 Jahre alt und Raunigk selbst bereits siebenfache Großmutter. Das kleine Reihenhäuschen mit Garten, in dem sie mit ihren Kindern lebte, dürfte also längst ziemlich leer sein und ihre bislang jüngste Tochter Lelia oft recht allein. Ob das allerdings dazu führen sollte, mit 65 noch einmal schwanger zu werden, bleibt dahingestellt.

Mediziner nennt die Schwangerschaft „absolute Katastrophe“

Abgesehen davon, dass Annegret Raunigk bereits jetzt nicht mehr die Jüngste ist und fast 80 Jahre alt sein wird, wenn die Vierlinge in die Pubertät kämen, ist das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft hoch. Doch Raunigk ist optimistisch. Sie sei gesund und fit. So sieht das offenbar auch ihr behandelnder Frauenarzt. Professor Holger Stepan, Leiter der Geburtsmedizin am Universitätsklinikum Leipzig, ist anderer Meinung. Aus medizinischer Sicht sei diese Situation, „die absolute Katastrophe“. In diesem Alter sei das Risiko für Bluthochdruck, eine Schwangerschaftsvergiftung oder Diabetes extrem hoch. „Die Frau kann in einen lebensbedrohlichen Zustand kommen.“

Die Vierlinge werden laut Stepan, sofern sie die Schwangerschaft überhaupt überleben, mit Sicherheit zu früh zur Welt kommen. „Keine Vierlingsschwangerschaft hat je den Termin erreicht. Die Frage ist nur: wie früh?“ Risiken für die Kinder seien Hirnblutungen, Infektionen oder Lungenschäden. Der behandelnde Arzt von Raunigk sagte RTL, dass Vierlingsschwangerschaften immer eine hohe Belastung für den Körper einer Frau sind. Erfahrungen hätten sie alle „wenig bis gar nicht mit so einer Schwangerschaft in dem Alter“. Das größte Risiko für die Kinder bestehe darin, dass sie zu früh geboren werden könnten, so der Arzt. Man versuche deshalb alles, um das so weit wie möglich zu verhindern. Auch das Risiko, eine Thrombose zu bekommen, sei für Schwangere deutlich höher. Wichtig für den optimalen Verlauf der Schwangerschaft sei aber auch die positive Grundstimmung von Annegret Raunigk.

Die werdende Mutter ist offenbar tatsächlich gut drauf. Sie gehe einfach davon aus, dass sie gesund und fit bleibe, sagte sie RTL. „In Sachen Organisation habe ich genug Erfahrung, das ist für mich ja nicht neu.“