Jahrestag

Zehn Jahre danach - Hatun Sürücüs Mörder pöbelt auf Facebook

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Foto: Soeren Stache / dpa

Am Sonnabend jährt sich der Tag von Hatun Sürücüs Ermordung zum zehnten Mal. Ihr Bruder und Mörder lebt inzwischen in der Türkei. Dort pöbelt er weiter gegen Frauen.

Als er im Gefängnis saß, versicherte Ayhan Sürücü, dass er sich geändert habe. Doch die Reue des Mannes, der seiner Schwester Hatun Sürücü am 7. Februar 2005 an einer Bushaltestelle in Tempelhof dreimal in den Kopf schoss, weil sie leben wollte „wie eine Deutsche“, war nur gespielt. Dessen war sich die Justiz sicher. Die Einschätzung war wohl richtig.

Denn nachdem er seine Haftstrafe von neun Jahren und drei Monaten bis auf den letzten Tag abgesessen hatte und in die Türkei abgeschoben wurde, ließ Ayhan Sürücü seinen sexistischen Ansichten wieder freien Lauf: „Über zwei Drittel der Karrierefrauen stehen auf Schläge und Erniedrigungen im Bett“, pöbelte der sogenannte Ehrenmörder im Oktober 2014. Nach dem Terroranschlag auf die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ verhöhnte er die getöteten Karikaturisten – und forderte zum Sturm auf ein großes deutsches Verlagshaus auf.

Mit dem sogenannten Ehrenmord an seiner Schwester hatte Ayhan Sürücü für Entsetzen gesorgt – und eine bundesweite Debatte über Parallelgesellschaften ausgelöst. Am Sonnabend jährt sich der Tag der „kaltblütigen Tat mit Hinrichtungscharakter“ – so hatte der Richter den Mord genannt – zum zehnten Mal. Der Berliner Arbeitskreis gegen Zwangsverheiratung wird um 12 Uhr eine Gedenkveranstaltung an der Straße Oberlandgarten 1 in Tempelhof abhalten. Auch Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) wird teilnehmen.

Auf Toleranz nicht mehr angewiesen

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Florian Graf, nannte den Tod von Hatun Sürücü eine „offene Wunde der Stadt“. Die überwältigende Mehrheit der Muslime lehne solche Taten ab. Aber: „Wenn junge Frauen auch in Berlin zwangsverheiratet werden und ihnen ihr Recht auf individuelle Selbstbestimmung genommen wird, darf nicht mit unserer Toleranz gerechnet werden.“

Ayhan Sürücü ist auf diese Toleranz nicht mehr angewiesen. Wenn er nicht auf Facebook pöbelt, betreibt er in Istanbul einen Imbiss. Eine am Mittwoch gesendete Dokumentation des RBB zeigte, dass er Unterschlupf im Haus seines älteren Bruders Mutlu gefunden hat. Die Staatsanwaltschaft ist bis heute davon überzeugt, dass Mutlu und ein weiterer Bruder den Mord mitgeplant hatten. Als internationale Haftbefehle erlassen wurden, hatten sich beide aber längst nach Istanbul abgesetzt.

Hatun Sürücü wurde 23 Jahre alt und hinterließ einen Sohn. Ihr Bruder Mutlu, einer der mutmaßlichen Unterstützer der Tat, sagte in der RBB-Dokumentation, dass er für sie bete. Allah möge ihr ihren sündhaften Lebensstil vergeben.

( kr )