Wohnungsmarkt

Wo Eigentumswohnungen in Berlin unerwünscht sind

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Joachim Fahrun

Foto: Sergej Glanze / Glanze

Mit einem Umwandlungsverbot will die Berliner SPD-CDU-Koalition Mieter schützen. Hauseigentümer müssen künftig eine Genehmigung einholen. Aber das Instrument ist nur in einigen Gebieten anwendbar.

Der Konflikt gärte lange zwischen den Koalitionspartnern: Die SPD drängte, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu beschränken. Die CDU argumentierte dagegen. Und weil in der Sache in zweijährigen Gesprächen kein Kompromiss möglich war, mussten der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und der Innensenator und CDU-Landeschef Frank Henkel mit den beiden Fraktionschefs im Schlussspurt der Senatsklausur am späten Donnerstagabend ein Beschlusspaket schnüren. Nach altem politischen Brauch schluckte jeder eine Kröte, um einen Wunsch erfüllt zu bekommen. Die SPD bekam das Umwandlungsverbot als Beitrag zum Mieterschutz, die CDU durfte die spätere Einschulung ab sechs Jahren als ihren Erfolg verbuchen.

Künftig müssen Hauseigentümer eine Genehmigung beim Bezirksamt beantragen, wenn sie aus Mietwohnungen Eigentum machen wollen. Neubauwohnungen, die dann einzeln verkauft werden, sind nicht betroffen. Diese Vorschrift wird in Kraft treten, wenn das Abgeordnetenhaus den entsprechenden Beschluss gefasst hat und wenn der jeweilige Bezirk eine entsprechende Vorschrift für ein bestimmtes Gebiet erlässt. Möglich ist das Umwandlungsverbot nur in solchen Kiezen, die nach dem Baugesetzbuch als Milieuschutzgebiete definiert sind. Dort muss Aufwertungsdruck durch Sanierungen bestehen und in einer Studie eine Verdrängungsgefahr für die Bevölkerung nachgewiesen werden.

21 Milieuschutzgebiete gibt es bereits in Berlin

Derzeit haben die Bezirksämter 21 solcher Gebiete ausgewiesen, in denen 300.000 Einwohner leben. Sie liegen vor allem in Pankow, Friedrichshain-Kreuzberg und Schöneberg, wo jeweils Baustadträte der Grünen verantwortlich sind. Luxusmodernisierungen sind dort schon jetzt schwieriger und genehmigungspflichtig. Jetzt wird das Instrumentarium der Bauämter um das Umwandlungsverbot ergänzt. In weiteren Bezirken wird erwogen, solche Zonen einzurichten. „Wir wollen, dass das Umwandlungsverbot umgesetzt wird“, sagte die baupolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Iris Spranger. Der neue Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) sagte, es sei sinnvoll und wichtig, in der wachsenden Stadt Berlin dafür zu sorgen, dass die Menschen Sicherheit über ihre Wohnsituation bekämen.

Die SPD-Politiker in den Bezirksrathäusern sind jedoch mit unterschiedlichem Enthusiasmus bei der Sache. Für Neukölln sagte Stadtrat Thomas Blesing (SPD), man gehe das Ganze relativ locker an. Man habe von den Bezirksverordneten den Auftrag, Milieuschutz für den Reuterkiez zu prüfen. Bisher gebe es in dem sich wandelnden Bezirk noch kein solches Gebiet.

Luxussanierung und Einzelverkauf als Geschäftsmodell

In der City West ist der Sozialdemokrat Marc Schulte deutlich optimistischer, was das neue Instrument bringen kann. Für Charlottenburg-Wilmersdorf prüft der Bezirk deshalb die Ausweisung von Milieuschutzgebieten für die Kieze zwischen der Otto-Suhr-Allee und dem Mierendorffplatz sowie für den Süden des Stadtteils Wilmersdorf. Bisher sei der Milieuschutz ein „zahnloser Tiger“ gewesen, sagte der Stadtrat. Jetzt habe man ein Instrument in der Hand, das das Geschäftsmodell von Immobilienentwicklern deutlich erschwere, nämlich das Aufkaufen sanierungsbedürftiger Altbauten, die dann renoviert, aufgeteilt und als einzelne Eigentumswohnungen verkauft würden. Die Zahl der dafür notwendigen Abgeschlossenheitsbescheinigungen hat nach Angaben des Senats in den vergangenen Jahren sprunghaft zugelegt: von 4700 im Jahr 2011 auf mehr als 9000 im Jahr 2013.

Auch der Berliner Mieterverein weist darauf hin, dass dieses Vorgehen der Luxussanierung und des folgenden Einzelverkaufs von Wohnungen im Konzept vieler Investoren angelegt sei. „Der Schutz vor Umwandlungen kommt spät, aber er ist weiter dringend erforderlich“, sagte der Mietervereinsgeschäftsführer Reiner Wild und appellierte an die Bezirke, verstärkt soziale Erhaltungsgebiete auszuweisen.

Piraten werfen CDU Klientelpolitik vor

Wie stark die Wirkung des neuen Instruments jedoch sein wird, ist in der Fachwelt umstritten. Viele Hauseigentümer hätten sich bereits während der langen Diskussionsphase vorsorglich Teilungserklärungen bei den Notaren beglaubigen lassen, sagte Dieter Blümmel, Sprecher des Immobilienbesitzervereins Haus & Grund. So haben sie sich die Chance gesichert, gegebenenfalls später ihre Gebäude auch in Einzelwohnungen aufgeteilt veräußern zu können, selbst wenn sie das nicht aktuell planen.

Der Verband bewertet das Verbot der Umwandlung als „einen weiteren hilflosen Versuch, den seit Monaten anhaltenden rasenden Stillstand in Politik und Verwaltung zu kaschieren“. „Zur Entlastung des Wohnungsmarktes trägt das nichts bei“, sagte Blümmel. Vor allem in den östlichen Bezirken sei die Welle der Sanierungen schon durch. Das sieht die Opposition ähnlich. Es sei schon viel zu viel Zeit vertan worden, sagte Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop. Die Piraten warfen der CDU vor, aus Gründen der Klientelpolitik einen Beschluss verzögert zu haben.