Berlin schläft nie - vor allem nicht an Silvester. Millionen haben in der Stadt in das neue Jahr 2015 gefeiert, Dauereinsatz für Feuerwehr, Polizei und Sanitäter. Das passierte in der Neujahrsnacht.
Berlin hat die Silvesternacht mit der größten Silvesterparty Deutschlands am Brandenburger Tor und Tausenden großer und kleiner Feiern weitgehend friedlich überstanden. Polizei und Feuerwehr rückten in der Nacht jeweils zu weniger Einsätzen aus als zum Jahreswechsel 2013/2014.
Hunderttausende hatten vor dem Brandenburger Tor das neue Jahr begrüßt, in der ganzen Stadt feierten die Menschen mit Raketen und Böllern. Die Feuerwehr musste direkt nach Mitternacht zu zahlreichen Bränden ausrücken. Bei einem Einsatz an der Emser Straße in Neukölln wurde ein Feuerwehrmann verletzt.
Abgesehen von einigen schweren Delikten zog die Polizei insgesamt eine positive Bilanz zum Jahreswechsel. Zwischen 18 und 6 Uhr gingen bei der Einsatzleitzentrale 3285 (Vorjahr 4109) Notrufe ein, was einen Rückgang von 20 Prozent bedeutet. Noch deutlicher zurückgegangen ist die Zahl der Funkwageneinsätze in dieser Nacht im Vergleich zum Vorjahr. Die Polizei musste insgesamt knapp 40 Prozent weniger Einsätze (1243, Vorjahr: 2024) bewältigen. Darunter befanden sich 52 Fahrten zu Schlägereien, 20 zu Streitigkeiten, zwölf zu verletzten Personen und 74 zu Sachbeschädigungen sowie 119 Einsätze wegen unsachgemäßen Umgangs mit Pyrotechnik. Insgesamt waren in der Silvesternacht zusätzlich etwa 1350 Polizeibeamte eingesetzt. Nach einer ersten Bilanz wurden 14 Polizisten verletzt, von denen acht ihren Dienst beenden mussten.
Auf der Partymeile zwischen Pariser Platz und Siegessäule halfen Sanitäter des Deutschen Roten Kreuzes bei mehr als 300 Einsätzen. 34 Mal mussten sie ernsthafte verletzungen behandeln, 19 Partygänger mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Nach Angaben der Veranstalter blieb es aber weitgehend ruhig auf Deutschlands größter Silvesterparty. Nach Angaben der Polizei gab es in den ersten Stunden nach Mitternacht am Rande der Festmeile zehn Festnahmen
Die Berliner Feuerwehr war an dem Abend mit doppelt so vielen Einsatzkräften im Dienst wie üblich. Fast 1300 haupt- und ehrenamtliche Helfer standen für Brände, Verletzungen oder andere Notfälle parat. Die Feuerwehr meldete am frühen Neujahrsmorgen rund 1361 Einsätze zwischen 19 und 6 Uhr - davon 272 Brände und rund 1000 Rettungseinsätze. Das etwa 18 Prozent weniger als im vergangenen Jahr. „Große Brände mit mehreren Verletzten gab es glücklicherweise nicht“, sagte ein Sprecher.
Mehrere Finger amputiert
Das Unfallkrankenhaus Berlin (UKB) in Marzahn hat zum Jahreswechsel deutlich weniger durch Feuerwerk verursachte Notfälle behandeln müssen, als in den vergangenen Jahren. „Entgegen aller Befürchtungen hatten wir eine vergleichsweise sehr ruhige Silvesternacht", sagte UKB-Sprecherin Angela Kijewski der Berliner Morgenpost. "Insgesamt sind 20 Personen mit Verletzungen durch Böller und Raketen medizinisch versorgt worden, in den meisten Fällen ging es jedoch um leichtere Blessuren. In lediglich fünf Fällen waren Operationen notwendig", so Kijewski.
Zum Jahreswechsel 2013/14 hatte das UKB noch 70 Patienten versorgt, die beim unsachgemäßen Umgang mit Feuerwerk verletzt wurden. Damals waren allein 30 Menschen mit Handverletzungen und 20 mit Verbrennungen behandelt worden.
Mit Böllern beworfen - Mann erblindet
Unbekannte bewarfen einen 27-Jährigen gegen 0.45 Uhr am Tempelhofer Damm in Tempelhof aus einer Gruppe heraus mit Feuerwerkskörpern. Der Mann wollte ausweichen, wurde dabei trotzdem im Gesicht getroffen. Er erlitt dadurch eine schwere Augenverletzung und wird voraussichtlich erblinden.
Welche gefährlichen Böllerschlachten sich auf Berlins Straßen auch diesmal geliefert wurden, zeigt ein im Internet hochgeladenes Video:
Allerdings gab es in der Neujahrsnacht auch zwei schwer verletzte Männer, denen im UKB mehrere Finger der Hand amputiert werden mussten, weil Knallkörper unkontrolliert explodierten. Ein Mann hatte gleichzeitig eine Schreckschusswaffe in der einen, und einen Böller in der anderen Hand gehalten, als der Feuerwerkskörper detonierte.
Ein Patient hatte durch eine Stichflamme starke Verbrennungen erlitten, während er mit einem Fondue hantierte. Ein Mädchen erlitt Verbrennungen an den Oberschenkeln, weil ein Unbekannter eine Silvesterrakete in Richtung des Opfers losgehen ließ. 64-Jähriger wollte Feuerwerk auf einem Gehweg anzünden, als er ins Straucheln kam und auf die Fahrbahn einer Straße stürzte. Ein gerade vorbeifahrendes Auto erfasste den Mann, der mit Verletzungen am Kopf Rumpf und Knochenbrüchen ins Unfallkrankenhaus eingeliefert wurde.
Mitarbeiter der Berliner Stadtreinigung begannen noch in der Nacht, die Reste von Raketen, Böllern und anderem Feuerwerk in der Stadt zusammenzukehren. Die Straßensperrungen rund um die Partystrecke sollten laut Polizeiangaben bis zum 2. Januar nach und nach aufgehoben werden.
Und das passierte in der Silvesternacht:
Zwei Männer bei Schießerei schwer verletzt
Bei einer Schießerei an der Reinickendorfer Straße in Wedding sind am frühen Neujahrsmorgen zwei Männer verletzt worden, einer von ihnen lebensgefährlich. Einem sei in den Bauch geschossen worden, dem anderen in die Beine, sagte ein Polizeisprecher. Beide Männer lagen auf dem Gehweg. Offenbar war es zuvor in einer Bar zu einem Streit gekommen, woraufhin die beiden das Lokal verließen. Was der Grund für die Auseinandersetzung war und wie viele Personen daran beteiligt waren, war zunächst unklar. Eine Mordkommission ermittelt, Kriminaltechniker sicherten Spuren am Tatort. Ob der Täter unter den Verletzten oder flüchtig ist nach ersten Erkenntnissen unklar. Eine Tatwaffe wurde zunächst nicht gefunden.
Randalierer greifen Feuerwehrauto an
In Neukölln haben Unbekannte ein Fahrzeug der Feuerwehr attackiert. Gegen 0.30 Uhr beschossen die rund 20 Personen am Kottbusser Damm Ecke Sanderstraße ein Drehleiterfahrzeug der Helfer mit Silvesterfeuerwerk. Als die Beamten anhielten und die Gruppe zur Rede stellten, verstärkte diese ihre Angriffe sogar noch. Ein Mann aus der Gruppe griff sich ein abgestelltes Fahrrad und warf es ebenfalls gegen den Leiterwagen. Außerdem schoben Personen aus der Gruppe eine Feuerwerksbatterie unter das Fahrzeug, wodurch der Unterboden beschädigt wurde. Erst als alarmierte Polizisten eintrafen, entfernten sich die aggressiven Personen. Das Drehleiterfahrzeug musste in eine Werkstatt gebracht werden.
Gefährliche Kugelbomben verletzen Mann im Gesicht und zerstören Scheiben
Zur gleichen Zeit zündete ein 35-Jähriger an der Köpenicker Bahnhofstraße mehrere Kugelbomben, die nur bei professionellen Großfeuerwerken verwendet werden dürfen. Ein weggeschleudertes Stück eines explodierenden Sprengkörpers traf einen 38-jährigen Fußgänger im Gesicht. Rettungssanitäter brachten den Verletzten mit einer Kopfplatzwunde und einer Augenverletzung in ein Krankenhaus. Alarmierte Polizisten konnten den Tatverdächtigen feststellen. Einen gleichartigen Knallkörper zündeten Unbekannte gegen 0.50 Uhr an der Nürnberger Straße in Charlottenburg. Durch die Detonation wurden mehrere Fensterscheiben von drei Wohngebäuden zerstört sowie ein geparktes Auto beschädigt. Verletzt wurde niemand.
Dach brennt - Großalarm für die Feuerwehr
An der Burgsdorfstraße in Wedding hat in der Neujahrsnacht gegen 0.50 Uhr ein Dachstuhl lichterloh in Flammen gestanden. Wie ein Sprecher der Berliner Feuerwehr berichtete, waren auf dem Dach aus noch ungeklärter Ursache Plastikplanen in Brand geraten. Beim Eintreffen der Rettungskräfte standen demnach etwa 100 Quadratmeter in Flammen. Es blieb unklar, ob Silvesterraketen die Ursache waren. Verletzt wurde niemand. Nach zwei Stunden hatten die rund 60 Feuerwehrleute den Brand unter Kontrolle. Einige blieben allerdings rund sieben Stunden – erst dann waren die Löscharbeiten beendet. Das Haus wird nach Angaben des Sprechers derzeit saniert, deshalb ist es unbewohnt und voll eingerüstet, das Dach war mit Planen abgedeckt.
Dachstuhl geht in Flammen auf
In Wilmersdorf hat am frühen Neujahrsmorgen ein weiterer Dachstuhl gebrannt. Die Feuerwehr wurde gegen 5.50 Uhr zur Uhlandstraße gerufen. 300 Quadratmeter Dachfläche standen in Flammen. Das Feuer breitete sich schnell aus, so dass die Feuerwehr Verstärkung anforderte. Die Retter waren mit sechs Staffeln im Einsatz, die gegen 8 Uhr die Flammen gelöscht hatten. Zwei Wohnungen wurden zerstört, verletzt wurde aber niemand. Näheres ist derzeit noch nicht bekannt.
Wohnung steht in Flammen
Gegen 0.10 Uhr Flammen ist in der Neujahrnacht eine Wohnung in Mitte in Brand geraten. Die Flammen schlugen aus dem Haus an der Leipzigerstraße. Die Bewohner wurden in Sicherheit gebracht. Die Feuerwehr war mit vier Staffeln vor Ort im Einsatz. Ob es Verletzte gab, ist noch nicht bekannt. Die Kriminalpolizei hat die weiteren Ermittlungen übernommen.
Randale in Schöneberg
Ab dem frühen Abend kam es in Schöneberg an der Kreuzung Pallas-/Goeben-/Potsdamer Straße und in angrenzenden Straßen wiederholt zu Ausschreitungen durch mehrere Gruppen, die zum Teil bis zu 100 Personen stark waren. Polizisten wurden vehement mit Feuerwerkskörpern angegriffen, so dass sich die Kräfte zeitweise zu ihrer eigenen Sicherheit zurückziehen mussten. Nachdem Unmengen von illegalen Knallköpern gezündet worden waren und ein Unbekannter eine Flasche auf einen Einsatzwagen geworfen hatte, nahmen Beamte einer Einsatzhundertschaft einen Angreifer vorläufig fest.
Ausschreitungen an der Liebigstraße
Auch in Friedrichshain schafften es rund 20 bis 30 Personen nicht, friedlich in das neue Jahr zu feiern. Die Vermummten bauten zunächst um Mitternacht Barrikaden auf der Fahrbahn der Liebigstraße auf, zogen dann in Richtung Proskauer Straße und zündeten einen geparkten "BMW" an. Das Auto brannte fast vollständig aus und zwei daneben geparkte Autos wurden durch die Flammen in Mitleidenschaft gezogen. Anschließend lief die Randalierer weiter zu einer Baustelle an der Liebigstraße, bewarfen einen Wachmann mit Steinen, kippten den Bauzaun um und schleuderte Brandsätze in das Auto des Wachmanns und in einen Baucontainer. Der Baucontainer brannte vollständig aus und der Wagen wurde stark beschädigt. Die Vermummten zogen weiter, warfen immer wieder Gegenstände auf die Fahrbahn und warfen die Scheiben mehrerer Autos und Fensterscheiben eines Wohnhauses ein. Auch ein Polizeifahrzeug wurde wenig später an der Niederbarnimstraße von der Gruppe mit Steinen angegriffen, die Scheiben wurden zerstört. Die beiden Polizeimitarbeiter, die in dem Auto saßen, erlitten diverse Prellungen und einen Schock und beendeten ihren Dienst für diese Nacht. Den Kriminellen gelang es noch vor Eintreffen der alarmierten Polizei zu flüchten. Der Polizeiliche Staatsschutz beim Landeskriminalamt Berlin hat die Ermittlungen übernommen.
Polizei ermittelt wegen versuchten Totschlags
Am Neujahrsmorgen haben Unbekannte in Gesundbrunnen einen Mann mit Messern attackiert. Nach ersten Ermittlungen war der 34-Jährige in Begleitung eines 28-Jährigen gegen 6.30 Uhr an der Soldiner Straße unterwegs, als in Höhe der Prinzenallee ca. drei Personen auf sie losgingen und mit Messern auf sie einstachen. Während der Ältere lebensgefährliche Verletzungen erlitt und in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste, gelang es dem Jüngeren, die Klinge eines Messers zu fassen und den Angriff abzuwehren. Die Schnittverletzungen an seinen Händen wurden ambulant behandelt. Nach der Tat flüchteten die Angreifer unerkannt in Richtung Wriezener Straße. Eine Mordkommission des Landeskriminalamts Berlin hat die Ermittlungen übernommen.
Mann mit Messer schwer verletzt
Mit einem Messer ist in der Silvesternacht ein Mann in Moabit schwer verletzt worden. Nach Zeugenaussagen war der 19-Jährige gegen 23.20 Uhr am Magnus-Hirschfeld-Ufer bei einem Spaziergang von einem Mann zunächst beleidigt worden. Bei einem anschließenden Gerangel wurde er dann von dem Unbekannten, der in Begleitung einer Frau gewesen sein soll, mit einem Messer angegriffen. Mit Schnittverletzungen und einer Stichverletzung wurde er von Rettungskräften in ein Krankenhaus gebracht. Es bestand für den Verletzten keine Lebensgefahr. Der Täter und seine Begleiterin konnten unerkannt entkommen. Die Kriminalpolizei hat die weiteren Ermittlungen übernommen.
Räuber bricht Mann bei Überfall den Schädel
In Spandau ist ein Mann in der Silvesternacht bei einem Raub lebensgefährlich verletzt worden. An der Straße An der Kappe schlugen vier bis fünf Personen gegen 1.15 Uhr den Passanten gegen den Kopf und schubsten ihn in ein Gebüsch. Dort raubten sie ihn aus. Eine Zeugin beobachtete die Tat und alarmierte die Polizei. Der 59-Jährige erlitt durch den Schlag einen Schädelbruch und wurde in ein Krankenhaus gebracht.
Schwerer Unfall am Lustgarten
Gegen 23.40 Uhr hat sich in Mitte am Silvesterabend ein schwerer Unfall ereignet. Dabei wurden zwei Menschen schwer verletzt. Ein Taxi war in einabbiegendes Auto gefahren. Dabei wurde die Fahrerin des PKW schwer verletzt, sowie ein Fahrgast im Taxi.
Fußgänger lebensbedrohlich verletzt
Zu einem schweren Verkehrsunfall ist es in der vergangenen Nacht in Marzahn gekommen. Ein 28 Jahre alter Autofahrer war gegen 0.15 Uhr an der Schwarzwurzelstraße in Richtung Spinatweg unterwegs, als er an der Kreuzung Köthener Straße die Gewalt über sein Fahrzeug verlor, auf den Gehweg fuhr und dort einen 64-jährigen Fußgänger erfasste. Der Mann wurde durch den Aufprall lebensbedrohlich verletzt und musste noch am Unfallort reanimiert werden. Ein Notarztwagen brachte ihn in ein Krankenhaus. Bei dem Autofahrer wurde eine richterliche Blutentnahme veranlasst.
Knallerei für Einbruch genutzt
In Neukölln haben Kriminelle den Jahreswechsel für einen Einbruch genutzt. Kurz nach Mitternacht drangen die Unbekannten über einen Deckendurchbruch im Keller in ein Büro an der Karl-Marx-Straße ein. In dem Büro versuchten sie dann offenbar erfolglos, mit einem Schneidbrenner einen Stahlschrank zu öffnen und flüchteten schließlich ohne Beute. Vermutlich durch Funkenflug des Schneidbrenners entstand im Keller ein Feuer, was jedoch von der Feuerwehr schnell gelöscht werden konnte. Die Kriminalpolizei ermittelt.
mim mit pol/dpa