Annington/ Gagfah

Berliner Mieterverein warnt vor Immobilien-Giganten

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Isabell Jürgens

Foto: Rolf Vennenbernd / dpa

Die Deutsche Annington plant die größte Übernahme in der Geschichte der deutschen Immobilienwirtschaft, sie will den Konkurrenten Gagfah schlucken. Mieterschützer sehen die Übernahme mit großer Sorge.

– Mit rund 210.000 Wohnungen ist die Deutsche Annington bereits heute Deutschlands größter Immobilienkonzern. Am Montag gab das Unternehmen, dass in den vergangenen Monaten zahlreiche Wohnungspakete auch in Berlin aufgekauft hatte, überraschend bekannt, dass es die größte Übernahme in der Geschichte der deutschen Immobilienwirtschaft plant. Die Deutsche Annington will den Konkurrenten Gagfah schlucken und bietet den Gagfah-Aktionären je Anteilsschein 18 Euro. Die Gagfah bringt es auf etwa 141.000 Wohneinheiten. Sollte der Zusammenschluss gelingen, würde Deutschlands größter Immobilienkonzern mit insgesamt rund 350.000 Wohnungen entstehen. „Es werden mehr als eine Million Menschen bei uns wohnen“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Annington, Rolf Buch.

In Berlin hat die Annington bislang 15.700 Wohnungen. Mit der Übernahme der Gagfah würde sich der Bestand mehr als verdoppeln, denn auch die Gagfah bringt es auf rund 15.000 Wohnungen. Auf dem Berliner Mietenmarkt entsteht somit ein neues, einflussreiches Unternehmen. Die Deutsche Wohnen, die im August 2013 die Berliner GSW übernommen hat, bleibt aber mit insgesamt rund 110.000 Wohnungen der größte private Anbieter von Mietwohnungen in der Stadt.

Unternehmen betonen Vorteile für Mieter

Annington und Gagfah erhoffen sich durch die Übernahme Kosteneinsparungen in Höhe von 84 Millionen Euro im Jahr. Bei den Einsparungen stehe nicht der Abbau von Arbeitsplätzen im Vordergrund, hieß es in einer Mitteilung der Unternehmen. Es soll eine neue Unternehmenszentrale im Haupteinzugsgebiet der beiden jetzigen Unternehmenszentralen in Mülheim/Ruhr und Bochum entstehen. Dabei gebe es aber noch keine Festlegung. Auch über einen neuen Namen sei noch nicht entschieden, sagte Buch. Den Wert des riesigen Immobilienpakts mit Schwerpunkt in Nordrhein-Westfalen, Berlin und dem Osten Deutschlands beziffern Immobilien-Experten auf rund 21 Milliarden Euro.

Die Unternehmen betonten die Vorteile für die Mieter: „Mieter profitieren weiterhin von bezahlbarem Wohnraum und Investitionen in energetische Sanierung und Schaffung altersgerechten Wohnraums.“ Annington-Chef Buch sagte laut der Mitteilung: „Ich persönlich stehe dafür ein, dass die Neuausrichtung ,Wertsteigerung durch Mieterorientierung’ auch im zusammengeschlossenen Unternehmen konsequent weiter geführt wird.“ Buch soll im neuen Unternehmen Vorstandsvorsitzender werden. Der Vorstandschef der Gagfah, Thomas Zinnöcker, soll sein Stellvertreter werden. Zinnöcker sagte: „Unseren Mietern kann ich versprechen, dass die Gagfah alle abgeschlossen Vereinbarungen einhält, und dass die gemeinsame Gesellschaft sich an ihrem Anspruch als sozial verantwortlicher Vermieter messen lässt.“

Schutzfrist ist ausgelaufen

Der Berliner Mieterverein sieht den Zusammenschluss jedoch mit großer Sorge. „Es ist kein Zufall, dass die Deutsche Annington jetzt an der Gagfah interessiert ist, denn im September 2014 ist die Schutzfrist der sozialen Rahmenbedingungen aus der Privatisierung der Gagfah im Jahre 2004 ausgelaufen“, befürchtet der Chef des Berliner Mietervereins, Reiner Wild. Der Erwerb der Gagfah müsse finanziert werden. „Neben verringerter Investitionstätigkeit für Instandsetzungen und Mängelbeseitigung befürchten wir auch, dass Siedlungsverkäufe stattfinden werden und dadurch sich die Mieterhöhungsspirale weiterdreht“, so Wild weiter. „Wertsteigerungen durch Mieterorientierungen“, für dieses Leitbild müsse die Annington erst noch den Beweis antreten. „Der Expansionskurs ist dafür kein Garant sondern eher ein Hindernis, denn zum Beispiel bei der Kundennähe dürfte Besserung nicht in Sicht sein“, sagte Wild.

„Unmittelbare Auswirkungen für die Mieter wird es durch einen derartigen Zusammenschluss der beiden Immobilienriesen nicht geben“, erklärte dagegen der Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, in Berlin. Die abgeschlossenen Mietverträge blieben wirksam. Es gebe außerdem keine Möglichkeiten für zusätzliche Mietpreiserhöhungen, sagte Siebenkotten. mit dpa