Verspätungen

Das sind die schwarzen Tage für die Berliner S-Bahn

| Lesedauer: 4 Minuten
T. Fülling und B. Hartmann

Foto: Paul Zinken / dpa

Schienenbruch, Weichenstörung, Streik - Fahrgäste gehen bei Verspätungen im Nahverkehr fast immer leer aus. Dabei hatte die S-Bahn Berlin große Anstrengungen unternommen, Verspätungen zu verringern.

Der Mittwoch vergangener Woche war einer dieser schwarzen Tage bei der Berliner S-Bahn. Zehntausende Berliner und Brandenburger kamen zu spät zur Arbeit, weil im morgendlichen Berufsverkehr die Züge auf den wichtigen Ost-West-Linien S3, S5, S7 und S75 entweder unpünktlich oder teilweise überhaupt nicht fuhren. Grund waren drei fast zeitgleiche Schienenbrüche auf der Stadtbahntrasse, über die die Züge normalerweise im Abstand von drei bis fünf Minuten rollen. Zuvor waren S-Bahn-Züge bereits wegen der tagelangen Streiks der Lokführer, aber auch Weichen- und Signalstörungen zum Teil erheblich verspätet gewesen.

Doch auch häufige Notarzteinsätze und regelmäßige Diebstähle von Kabeln sind Ursachen dafür, dass das Netz der Berliner S-Bahn zu den zehn am stärksten von Verspätungen betroffenen Strecken in Deutschland gehört. Spitzenreiter in der Verspätungsbilanz sind danach die Strecken Hamburg–Hannover, Bremen–Hamburg und Hannover–Bremen. Die Verbindung zwischen Köln und Duisburg steht an fünfter Stelle, an zehnter Stelle folgt die S-Bahn in Berlin.

Dabei hatte die zur bundeseigenen Deutschen Bahn gehörende S-Bahn Berlin GmbH zuletzt große Anstrengungen unternommen, um Verspätungen zu verringern. Durchaus mit Erfolg: So lagen die Pünktlichkeitsquoten bis September an acht von neun Monaten über der Quote des Vorjahres. Lediglich im Juli wurde der Vorjahreswert verfehlt. In vier Monaten konnte auch der mit den Ländern Berlin und Brandenburg vertraglich vereinbarte Pünktlichkeitswert von 96 Prozent erreicht oder gar übertroffen werden. Allerdings: Die bislang sechs Lokführer-Streiks dürften der Berliner S-Bahn die Jahresbilanz verhageln.

Noch gravierender werden die Folgen der Tarifauseinandersetzung für den Fernverkehr der Deutschen Bahn ausfallen. An Streiktagen fallen schon mal bis zu zwei Drittel aller Fahrten aus. Und auch im Nachgang der Arbeitsniederlegungen dauert es oft Tage, bis die Fernzüge wieder halbwegs nach Plan unterwegs sind.

Hohe Verkehrsbelastung

Über die Jahre hinweg seien die Pünktlichkeitswerte im Fernverkehr aber „stabil“, meldete die Bahn zur aktuellen Verspätungsbilanz. Lediglich im Extremwinter 2010 und durch das Elbe-Hochwasser 2013 seien sie deutlich gesunken. Bahn-Vorstand Ulrich Homburg sagte, „gegen mutwillige Eingriffe in den Bahnverkehr, Personen im Gleis, extreme Witterung oder Streiks können wir nur bedingt etwas tun. Auch mit der extrem hohen Verkehrsbelastung der Schienenwege auf den Hauptkorridoren und den Engpässen müssen wir weiterhin umgehen.“ Die Bahn werde sich aber weiterhin „intensiv anstrengen“, pünktlicher und zuverlässiger zu werden.

Sabine Leidig, verkehrspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, kritisierte, seit 2010 sei bei der Pünktlichkeit der Bahn „keine Wende zum Besseren feststellbar – im Gegenteil“. Statt Kapazitätsausbau und Engpassbeseitigung würden einzelne Projekte wie Stuttgart 21 und neue Hochgeschwindigkeitsstrecken durchgesetzt.

Verspätungen müssen Bahnkunden indes nicht als schicksalhaft hinnehmen. Sie haben Anspruch darauf, einen Teil des Fahrpreises zurückzubekommen, wenn sich ihr Zug deutlich verspätet. Bei mehr als 60 Minuten Verspätung muss das Unternehmen 25 Prozent erstatten, bei mehr als 120 Minuten sind es 50 Prozent. Das gilt auch bei einem Streik: Die Deutsche Bahn kann dann keine höhere Gewalt geltend machen, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) im September 2013 (Rechtssache C-509/11).

Mit Zeitkarten des Fernverkehrs bekommen Fahrgäste der 2. Klasse pro Fahrt ab 60 Minuten Verspätung fünf Euro erstattet. Bahnreisende der 1. Klasse erhalten 7,50 Euro zurück. Wer mit einer BahnCard 100 unterwegs ist, kann in der 2. Klasse zehn Euro pro Fahrt zurückfordern, in der 1. Klasse 15 Euro. Allerdings werden grundsätzlich nicht mehr als 25 Prozent des Zeitkartenwertes erstattet. Außerdem gibt es – anders als bei normalen Tickets – auch nicht mehr Geld ab 120 Minuten Verspätung.

Im Nahverkehr gehen die Kunden bei Verspätungen dagegen fast immer leer aus. Die Beförderungsbestimmungen der verschiedenen Verbünde sehen für die Kunden so gut wie keine Schadensersatzansprüche vor.