Krebs ist die zweithäufigste Todesart in Deutschland. Berlin und Brandenburg erfassen nun in einem Register Daten von Krebskranken, um die Qualität der Behandlung zu verbessern.

Noch immer ist Krebs in Deutschland die zweithäufigste Todesursache, auch in Berlin. Zwar sinkt die Sterblichkeit, aber weil die Menschen immer älter werden, erkranken auch immer mehr neu. Im Jahr 2011 waren es in Berlin 8520 Frauen und 8851 Männer. Um die Qualität der Krebsbehandlung zu verbessern, hat die Bundesregierung die Länder dazu verpflichtet, ein klinisches Krebsregister einzurichten. Berlin und Brandenburg wollen als einzige Bundesländer diesen Weg gemeinsam gehen. 2016 soll das Krebsregister starten.

Brandenburg weiter als Berlin

Bislang gab es nur eine gesetzliche Verpflichtung für die Länder, ein epidemiologisches Krebsregister zu führen. Berlin und die ostdeutschen Bundesländer melden Daten wie Häufigkeit der Erkrankungen und Verteilung auf Geschlecht Alter und Wohnort an das Gemeinsame Krebsregister (GKR) – nicht jedoch klinische Verläufe. Das klinische Register soll künftig die einzelnen Behandlungsschritte und den individuellen Verlauf der Krankheit eines Patienten zentral erfassen. Bis hin zu Rückfällen oder den Tod. „Durch die Zusammenführung und Auswertung von standardisierten Informationen werden Behandlungen und Tumorkonferenzen eine deutlich bessere Datengrundlage haben“, sagte Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU).

Das Krebsregister gemeinsam mit Brandenburg einzurichten, hat praktische Gründe. Denn in Berlin gab es bislang kein flächendeckendes klinisches Krebsregister. „Brandenburg war an dieser Stelle einfach weiter als Berlin“, sagte Czaja. Dort gibt es bereits seit vielen Jahren eine klinische Krebsregistrierung. Die Infrastruktur ist also bereits vorhanden und muss nur noch an die gesetzlichen Vorgaben angepasst werden. Außerdem leben etwa 20 Prozent der Krebspatienten, die sich in Berlin behandeln lassen, in Brandenburg. „Durch die Zusammenarbeit können erfolgreiche Therapien über die Ländergrenzen hinweg Anwendung finden“, erklärte Gabriela Leyh vom Verband der Ersatzkassen Berlin-Brandenburg, „es werden Ressourcen gebündelt und zum Wohle der Patienten in beiden Bundesländern genutzt.“

Die erfassten Daten sollen dann in zentralen Meldestellen ausgewertet und die Ergebnisse an die behandelnden Ärzte übermittelt werden. Das Ziel ist der Vergleich und dann die Verbesserung der Versorgungsqualität. Konkret soll also zum Beispiel festgestellt werden, warum ein Patient am Krankenhaus A einen bestimmten Krankheitsverlauf hatte und Patient B einen anderen, obwohl die Behandlungsmethoden erst einmal gleich erscheinen. Für die Erkrankten soll das zentrale Register außerdem den Vorteil haben, dass alle sie behandelnden Ärzte über sämtliche Schritte informiert sind. Die ersten Schlussfolgerungen aus der Datensammlung soll es etwa fünf Jahre nach dem Start des Krebsregisters geben. Außerdem fließen die Daten des klinischen Registers auch in das epidemiologische Register ein. In Brandenburg geschieht das bereits.

Finanzierung übernehmen die Krankenkassen

Die Finanzierung des klinischen Krebsregisters Berlin-Brandenburg übernehmen zum größten Teil die gesetzlichen Krankenkassen. Sie zahlen für jede gemeldete Neuerkrankung eine Fallpauschale von 119 Euro. Zusätzlich wird es noch eine Vergütung für die Ärzte geben, die die Patientendaten einpflegen. Den Rest übernehmen die Länder. Außerdem fördert die Deutsche Krebshilfe den Auf- und Ausbau der Infrastruktur. Für Berlin sind 550.000 Euro reserviert. Insgesamt wird die Errichtung des klinischen Krebsregisters in Berlin 663.000 Euro kosten. Getragen wird es von der Landesärztekammer Brandenburg, die eine gGmbH gründen wird.

Wie hoch die Meldevergütung für die meldenden Ärzte sein soll, steht bislang nicht fest. Sie soll einerseits dem Mehraufwand Rechnung tragen, der durch eine genaue Erfassung der Patientendaten entsteht. Sie soll aber auch die Bereitschaft erhöhen. „Wir müssen die Ärzte dafür gewinnen, mitzumachen“, sagte Harald Möhlmann, Geschäftsführer Versorgungsmanagement der AOK Nordost. Dass das funktioniert, zeigt sich in Brandenburg, wo es eine nahezu hundertprozentige Meldebereitschaft für das klinische Krebsregister gibt, deren Daten in das epidemiologische Register mit einfließen. Dort bekommt der Arzt zwischen zehn und zwölf Euro pro gemeldeten Fall.

In Berlin dagegen liegt die Quote für das bereits verpflichtende epidemiologische Krebsregister bei nur rund 84 Prozent. Doch Hanjo Pohle von der Landesärztekammer Brandenburg sieht nicht nur das Geld als Grund für die hohe Meldezahl. „Die Ärzte in Brandenburg sind inhaltlich davon überzeugt.“ Auch Gesundheitssenator Czaja ist sich sicher, dass sich die Akzeptanz mit dem klinischen Krebsregister erhöhen wird: „Bisher hat die Nichtmeldung eines Patienten keine direkte Konsequenz für den einzelnen Patienten“, erklärte er. Wenn der Nutzen klar sei, werde auch die Bereitschaft da sein. Für die Aussagekraft der Datenauswertung ist eine Meldequote von mindestens 90 Prozent notwendig.

Doch nicht nur Ärzte müssen von dem Register überzeugt werden. „Auch die Patienten müssen gewonnen werden“, sagte Carmen Music, Leiterin der Arbeitsgruppe in der Senatsgesundheitsverwaltung. Denn es geht hier um sehr persönliche Daten. „Da stellt sich die Frage, wer hat Zugriff auf welche Daten“, so Music. Nur solche Daten sollen sichtbar sein, erklärte sie, die für den Nutzer von Bedeutung sind.