Nachhaltigkeitsbüro

Studenten wollen die Humboldt-Universität grüner machen

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Constanze Nauhaus

Foto: Marion / Marion Hunger

Im Juni gründete sich Deutschlands erstes studentisch geführtes Nachhaltigkeitsbüro an der Humboldt Universität. Dort arbeiten nun 15 Studenten. Die Mission: die Universität nachhaltiger gestalten.

Ein studentisch geführtes Nachhaltigkeitsbüro würde man hier nicht vermuten. An der Friedrichstraße neben dem Mini Berlin Showroom, im vierten Stock des „Quartier Stadtmitte“, einem dieser schwarz glitzernden Bürokästen mit Empfangsdame und marmoriertem Steinboden, residiert das Büro. Dass zu dessen Tätigkeiten die repräsentative Adresse nicht recht passen mag, übersieht man gern. Denn dass eine Universität Studenten mit einer innovativen Idee Räume zur Verfügung stellt, das ist nicht selbstverständlich.

Im vergangenen Juni gründete sich Deutschlands erstes studentisch geführtes Nachhaltigkeitsbüro an der Humboldt Universität (HU), inspiriert von Maastrichter Studenten. „Ich war im Mai 2013 auf einem Netzwerktreffen von Nachhaltigkeitsinitiativen an Hochschulen“, erzählt Georg Liebig, der an der HU Naturressourcenmanagement studiert und die Idee eines Nachhaltigkeitsbüros nach Berlin holte.

Auf dem Treffen lernte der 27 Jahre alte Zwickauer Studenten der Universität Maastricht kennen, die dort 2010 ein „Green Office“ ins Leben riefen, das erste seiner Art europaweit. „Und dann dachte ich, das muss doch in Berlin auch gehen. Etwas ändern, die Uni grüner gestalten.“

Schnittstelle zwischen Verwaltung, Unipersonal und Studenten

Daran arbeiten momentan rund 15 Studenten, Tendenz steigend. Ihre Mission: den ganzen Universitätsbetrieb nachhaltiger gestalten, sowohl in Lehre und Forschung als auch in der Verwaltung. Dabei wollen sie keine weitere studentische Initiative sein, denn von denen gibt es schon einige an der HU, etwa die „Generation Nachhaltigkeit“. „Wir wollen als Dachorganisation auftreten, als Schnittstelle zwischen Verwaltung, Unipersonal und studentischen Initiativen“, sagt der 25 Jahre alte Jan Lange, Student der Europäischen Ethnologie. „Die wirkliche Umsetzung verschiedener Projekte betreiben ja die Initiativen. Wir bündeln, koordinieren und vermitteln für sie.“

Denn die Aktionsgruppen hätten oft brillante Ideen, könnten diese aber kaum umsetzen. „Sie finden den richtigen Ansprechpartner nicht und geben dann auf“, sagt Geographie-Student Josef Kaiser, auch im Nachhaltigkeitsbüro aktiv. „Als einfacher Student zum Präsidium zu gelangen, ist fast unmöglich.“ Ebenso, wie als Initiative von der Universität ein Budget zu bekommen. Dass Jan, Georg und Josef hier sitzen, mit Blick auf einen gläsernen Innenhof, zeigt, dass sie ernster genommen werden als andere Aktionsgruppen. Denn auf die Unterstützung einzelner Professoren, zum Beispiel aus dem im selben Haus gelegenen Forschungsinstitut zur Transformation von Mensch-Umwelt-Systemen IRI THESys, die auch das Büro stellen, können die grünen Aktivisten bereits zählen. Und sie haben schon einige Projekte angestoßen. Momentan entwickelt das Büro ein sogenanntes Studium Oecologicum, dass es auch in Tübingen schon gibt.

Studenten aller Disziplinen sollen die Möglichkeit haben, Seminare und Vorlesungen zu „grünen“ Themen zu besuchen und dafür Credits zu bekommen, wie für ein Wahlmodul. Generell wollen sie erreichen, dass mehr Lehrveranstaltungen zu Themen wie Nachhaltigkeit oder Mensch-Umwelt-Beziehung angeboten werden und eine Bündelstelle werden für Studenten, die zu solchen Themen forschen wollen. „Wir bauen auch die FoodCoop, eine Lebensmittelkooperative, wieder auf“, meint Georg. „Da liefern regionale Landwirte Lebensmittel direkt in Uniräume, wo Studenten sich die Sachen abholen können.“ Auch die Kooperationspartner der Hochschule bei einzelnen Forschungsprojekten wollen die Studenten unter die Lupe nehmen.

„Wie können wir Energie und Ressourcen sparen?“

Neben den universitären Herzstücken Lehre und Forschung will das Büro auch am Verwaltungsapparat ansetzen. „Da geht es um die Uni an sich: Wie können wir Energie und Ressourcen sparen?“, erklärt Josef. Der 22 Jahre alte Dresdner weiß, dass da Fingerspitzengefühl gefragt ist. „Wir müssen mit den Entscheidungsträgern ins Gespräch kommen, ohne dass sie denken, da kommen die Studis und wollen meine Expertise angreifen.“ Konkret haben sie sich als Versuchskaninchen das Geographische Institut herausgepickt und werden es in den kommenden Monaten untersuchen.

Wie viel Strom wird verbraucht, wie viel Papier? Gibt es eine Alternative für die billigen Schränke, die schnell verschleißen und umso schneller nachgekauft werden müssen? Auch eine Solaranlage an der HU würde sich anbieten. Die Freie Universität habe schließlich schon eine. „Wir sind zeitlich gut dran mit unserem Büro“, meint Jan. „Die Frage, wie sich die Uni zur Gesellschaft verhält, ist neu aufgeflammt. Und das Thema Nachhaltigkeit gewinnt an Wichtigkeit. Dazu muss die Uni sich positionieren.“

Die Studenten sind optimistisch. Für das erste „Green Office Summit“ im Oktober hat die HU sogar Geld bereitgestellt. Vom 16. bis 19. Oktober wird das neue Büro Gastgeber für andere europäische Nachhaltigkeitsbüros, die sich hier vernetzen und austauschen wollen. „Was wir vorhaben, sind Mammutaufgaben“, ist sich Josef sicher. „Aber es ist ein Weg der kleinen Schritte, den andere nach uns weitergehen werden. Der Prozess wird unsere Uni-Laufbahn überleben.“

Weitere Informationen unter nachhaltigkeitsbuero.hu-berlin.de