Der Anblick war gleichermaßen seltsam wie spektakulär: Wikingerboot „Havhingsten fra Glendalough“ (Seehengst von Glendalough) fuhr am Sonnabend mitten durch Berlin - und ist nun am Reichstag zu sehen.
Sonnabendnachmittag an der Spree. Rechts der Berliner Fernsehturm, in der Mitte spannt sich die Brücke der S-Bahnstation Friedrichstraße über den Fluss. Plötzlich etwas, das nicht ins Bild passt. Ein 30 Meter langes und knapp vier Meter breites Wikingerschiff taucht unter der Brücke auf. 65 erfahrene Seeleute manövrieren das Schiff mit gleichmäßigen Ruderschlägen auf das Ufer zu.
Der „Seehengst von Glendalough“, der größte originalgetreue Wikingerschiff-Nachbau, ist der Vorbote der Ausstellung „Die Wikinger“ im Martin-Gropius-Bau, die ab dem 10. September geöffnet ist.
Im Jahr 2000 begannen Handwerker vom Schiffsmuseum in Roskilde mit dem Nachbau nach dem Vorbild der „Skuldelev 2“. Das ist eines von fünf Schiffen, die im elften Jahrhundert im Roskildefjord in Dänemark versenkt wurden. Durch die Versperrung des Fjords wollte man wohl den Hafen von Roskilde vor Angriffen schützen. „Skuldelev 2“ wurde 1042 in Dublin gebaut. Es war ein Kriegsschiff, das durch seine lange, schmale Rumpfform bei einer Besatzung von 65 Mann eine Geschwindigkeit von fünf bis sechs Knoten über längere Zeit halten konnte.
Die fünf Schiffe wurden 1962 ausgegraben. Der „Seehengst von Glendalough“ wurde mit originalgetreuem Werkzeug restauriert und im Jahr 2004 fertiggestellt. Mit seiner Fahrt auf der Spree wurde sein zehnjähriges Bestehen gefeiert.
Der Skipper kommandiert auf Dänisch
14.45 Uhr, Schiffbauerdamm gegenüber vom ARD Hauptstadtstudio: Der Skipper ruft Kommandos auf Dänisch. Seine Stimme ist ruhig und tief. Die Crew ist ein eingespieltes Team. Am Morgen waren sie um 9.30 Uhr am Treptower Park gestartet. Männer und Frauen hieven die langen Ruder aus Holz ans Ufer. Sie haben ihr Ziel erreicht und setzen nun auch den Mast – wegen der vielen Brücken über der Spree war eine Fahrt mit gesetztem Mast nicht möglich.
Der Seehengst ist rot, blau und gelb angestrichen. Vor tausend Jahren hatten die Wikinger ihre Schiffe mit ihren Schilden geschmückt, sie hingen außen an den Seiten der Schiffe. Dieser Schmuck fehlt nun am „Seehengst von Glendalough“. Die Crew besteht schließlich auch nicht aus Wikingern.
Das Segel wird die Crew nicht hissen. „Wir haben nicht die richtige Ausrüstung dafür und sind zu wenig Leute“, sagt der Kapitän des Wikingerschiffs.
Bis 14. September können Besucher das Schiff nun begehen
Bis zum 14. September wird der Seehengst täglich am Schiffbauerdamm 19 von 10 bis 19 Uhr zu begehen sein. Der Eintritt kostet zwei Euro, bis 18 Jahre ist der Eintritt frei. Am 9. September ist das Boot nur bis 13 Uhr geöffnet, an diesem Tag wird die dänische Königin Margrethe mit Bundespräsidenten Joachim Gauck das Schiff begehen. Die Königin ist Taufpatin des Seehengsts, sie hat Archäologie studiert und ist der Kultur der Wikinger verbunden. Am Abend findet die Eröffnung der „Wikinger“-Ausstellung mit der Königin und dem Bundespräsidenten statt.
Ein weiteres Schiff wird das Highlight der Ausstellung sein: „Skuldelev 6“ ist mit 37 Metern Länge das größte ausgegrabene Schiff aus dem Roskildefjord. Außerdem wird ein acht Meter langes Wikingerschiff nachgebaut.
Geöffnet ist die Ausstellung im Gropius-Bau ab 10. September bis 4. Januar 2014 immer Mittwoch bis Montag von 10 bis 19 Uhr: Eintritt: zwölf Euro, ermäßigt sechs Euro.