Naturkundemuseum

Ausgestopfter Eisbär Knut ist jetzt wieder in Berlin zu sehen

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Constanze Nauhaus

2011 starb der Berliner Eisbär Knut an den Folgen einer Entzündung. Nun wird sein präparierter Körper in der Ausstellung „Highlights der Präparationskunst“ im Naturkundemuseum gezeigt.

Bisher gab es den ausgestopften Knut für die Museumsbesucher nur in einer Art „Preview“ zu sehen. Im Frühjahr 2013 konnte er für vier Wochen im Foyer des Museums für Naturkunde an der Invalidenstraße in Mitte bestaunt werden, außerdem kurzzeitig im holländischen nationalen Naturkundemuseum in Leiden.

Nun zieht der beliebteste Eisbär der Stadt, wenn nicht gar der ganzen Welt, wieder im Museum ein, diesmal als Bestandteil einer Sonderausstellung für die nächsten Jahre. In den „Highlights der Präparationskunst“ vereint das Museum bereits seit 15. Juli neue und bereits bekannte Exponate im Sonderausstellungssaal.

Denn momentan wird groß umgebaut, bis 2017 auch im Huftiersaal. So nutzt das Museum die Gelegenheit und bringt den Besuchern in einer eigenen Ausstellung die hohe Kunst der Tierpräparation, die Taxidermie, nahe. Denn das Naturkundemuseum kann auf wahre Weltmeister verweisen, einige WM-Titel räumten die am Haus beschäftigten Präparatoren bei Berufswettbewerben schon ab. Für die Berliner aber wird bei aller preisgekrönten Fachexpertise das ungeschlagene Meisterstück wohl immer Knut bleiben.

Ein Bär aus Gips und Schaum

Präparator Robert Stein arbeitete gemeinsam mit einem Kollegen acht Wochen an der Präparation des verstorbenen Eisbären. Im abgedunkelten Ausstellungssaal erklärt er, wie Knut als Dermoplastik für die Nachwelt konserviert wurde. „Erst mal analysieren Pathologen die Todesursache, dazu wird der Körper geöffnet“, erklärt Stein. Dann werden Haut und Haare vom Muskelkörper abgezogen. „Auf dem Skelett mit den Extremitätenknochen haben wir dann ein Modell aus Ton aufgebaut“, schildert Stein das Vorgehen. „Dieses wird dann in Gips abgegossen, so dass man einen Hohlkörper bekommt.“

Denn wenn der gesamte Eisbär nur aus Ton bestünde, so wöge er 600 Kilogramm. Deshalb wurde der Hohlkörper mit dem in der Taxidermie üblichen sogenanntem Polyurethan-, kurz PU-Schaum, ausgefüllt. Das Fell wurde anschließend um das Modell herumgelegt, mit Dextrin-Kleber befestigt und zugenäht. Zum Schluss wurden dem Eisbären Glasaugen eingesetzt.

Eigentlich, findet der Präparator, sei seine Arbeit und die seiner Kollegen eher bildhauerisch. Da werden aufs Kunstvollste Skulpturen gefertigt. „Die Kunst dabei ist, dass die Tiere so lebendig wie möglich aussehen“, erklärt er. „Man soll denken, sie springen oder fliegen gleich weg.“

Und wirklich erscheinen die ausgestellten Tiere sehr lebensnah. Einer Riesen-Elenantilope nähert man sich instinktiv eher zögerlich, und auch der Umstand, dass Gorilla Bobby hinter Glas zu sehen ist, lässt einen unwillkürlich aufatmen. Zu sehen gibt es auch die Flusspferd-Gruppe, die versierte Museumsfans sicher bereits kennen. Lang nicht mehr gezeigt wurde ein karibisches Korallenriff, nachgebaut aus etwa 400 Einzelexponaten, neu sind zwei erst kürzlich fertiggestellte Segelfische.

Zudem informieren umfangreiche Vitrinen die Besucher, die nach Steins Erfahrungen häufig mehr über die Präparationstechniken wissen wollen, über seine Arbeit und dir seinen Kollegen. Während etwa große Säugetiere wie Knut nachmodelliert werden, halten die Fachleute es bei kleineren Tieren wie Vögeln mit der „Durchtränkungsmethode“, bei der sie in eine härtende Flüssigkeit getaucht werden. Ähnlich der Technik, die Gunther von Hagens für seine Körperwelten verwendet. Aber trotz gleicher Vorgehensweise wäre die Präparation von Menschen für Robert Stein undenkbar. „Das ist etwas vollkommen anderes“, sagt er. Auch sein Kollege Jürgen Fiebig, der seit 40 Jahren am Naturkundemuseum arbeitet, könnte sich nicht vorstellen, Menschen zu präparieren. „Rein technisch ist es ja fast gleich, aber rein ethisch..“ gibt er zögerlich zu bedenken.

„Ein Tier wie jedes andere“

Mit Knut hingegen haben die Präparatoren weniger Probleme. Für Robert Stein ist ein totes Tier ein Werkstück, Sentimentalitäten à la „Das arme Tier!“ haben da keinen Platz. „Klar, die Haut abzuziehen ist jetzt nicht das Schönste“, sagt er und lächelt. „Aber da müsste sich jeder Gedanken machen, der Lederschuhe trägt.“

Mit den Objekten wolle man den Besuchern eine Botschaft vermitteln, sie auf emotionalem Wege erreichen. „Für mich als Präparator ist Knut ein Tier wie jedes andere“, konstatiert Robert Stein nüchtern. „Aber er ist ein Eisbär, den man präparieren sollte. Nicht nur, weil er ein Sympathieträger ist, sondern auch, weil er klimawandeltechnisch interessant ist.“

Doch Knut, der erst am Montag in den Ausstellungssaal eingezogen ist und ab Dienstag Besuchern zugänglich, ist wohl unumstrittenes Highlight.

Am 19. März 2011 ertrank er im Berliner Zoo im Alter von vier Jahren im Wassergraben des Eisbärengeheges, infolge einer Gehirnentzündung. Die Trauer nicht nur unter den Berlinern war groß, wurde Knut doch in seiner kurzen Lebenszeit zum Stadtsymbol.

Nicht nur sein Status als erstes Eisbärenjunges in 30 Jahren Berliner Zoogeschichte trug zu der immensen Aufmerksamkeit, die er auf sich zog, bei. Auch der Umstand, dass er vom Tierpfleger Thomas Dörflein von Hand aufgezogen wurde, weil seine Mutter Tosca ihn und sein nur wenige Tage nach der Geburt verstorbenes Geschwister nicht annahm, machte das Tier zu einem internationalen Medienphänomen und verschaffte dem Zoo durch wachsende Besucherzahlen einen Millionengewinn.

Foto: Daniel Bockwoldt / dpa