Abgerutschte Kaimauern und gefällte Bäume - der Landwehrkanal erregte 2007 die Gemüter. Doch die überfällige Sanierung hat immer noch nicht begonnen. Und sie könnte sich um weitere Jahre verzögern.

Havel und Spree durchströmen Berlin, außerdem mehrere Schifffahrtskanäle. Für Wirbel sorgt seit Jahren jedoch vor allem eine schmale, elf Kilometer lange und beschaulich von Bäumen gesäumte Wasserstraße: der Landwehrkanal, der sich von Ost nach West durch Neukölln, Kreuzberg und Tiergarten zieht, und bei Anwohnern wie Berlin-Besuchern beliebt ist.

Tiefes Aufatmen, als sich im Dezember Anwohner, Naturschutzverbände, Wasserverwaltung, Bezirke und Schifffahrt nach sechsjährigem Ringen auf einen Konsens für die dringend nötige Sanierung des maroden Kanals einigten. Doch ein halbes Jahr später ist der Fluss der Kommunikation schon wieder ins Stocken geraten.

Das beklagen zumindest die Bürger, die oft seit Jahren ihre Freizeit in das Projekt investieren. „Nach der Euphorie im Dezember sind wir jetzt wieder am Nullpunkt“, sagt Achim Appel vom Verein Bäume am Landwehrkanal. Denn derzeit zieht sich das Prozedere erneut wie Kaugummi. „Es ist alles völlig undurchsichtig, wird schlecht kommuniziert und die dringend nötige Sanierung wird weiter herausgeschoben“, beklagt auch Anwohnerin Ursula Kleimeier. Dabei ist schon seit spätestens 2007 klar, dass am Landwehrkanal etwas passieren muss.

Kaimauern rutschten ab

Als damals im Frühjahr Teile der Kaimauern am Maybachufer in Neukölln und kurz darauf auch am Tempelhofer Ufer in Kreuzberg abrutschten, kam der Stein der Bürgerproteste ins Rollen. Denn das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA), zuständig für die Sicherheit der Bundeswasserstraße, wollte daraufhin vorsorglich mehr als 200 Bäume fällen lassen. Dagegen setzten sich Anwohner und Naturschützer zur Wehr, gründeten Initiativen und Vereine, bewachten und besetzten Bäume. Das Amt wiederum sperrte zwischenzeitlich den Kanal, „befestigte“ absturzgefährdete Bäume mit riesigen Betonquadern und riegelte Teile der Uferbereiche langfristig mit Zäunen ab.

Der Gesprächsprozess, der schließlich zwischen Behörden und Anwohnern, zwischen Reedern, Denkmal- und Naturschützern einsetzte, bot im Laufe der Jahre dann all das, was an Positivem wie Nervenzehrendem bei basisdemokratischen Verfahren zutage treten kann. Nach 140 Sitzungen, im Schnitt vier bis sechs Stunden lang, wurde im Dezember die Mediationsvereinbarung zwischen den mehr als 20 beteiligten Parteien unterschrieben – ein in Deutschland bislang einzigartiger Akt, bei dem die zunächst veranschlagten 170 Millionen Euro Instandsetzungskosten durch Bürgervorschläge auf 67 Millionen Euro schrumpften. „Das Verfahren war ein großer Erfolg“, betont Anwohnerin Kleimeier. „Aber jetzt sind wir in einem großen Loch.“

Von Kommunikationsproblemen und mangelnder Einbindung der Bürger in den weiteren Fortgang will WSA-Amtsleiter Michael Scholz jedoch nichts wissen. „Wir stehen in sehr gutem Kontakt. Wer will, kann sich einbringen. Aber manche Entscheidungen kann auch nur das Amt treffen.“ So seien zu den letzten öffentlichen Info-Treffen und Expertenkreisen auch kaum Bürger erschienen. Diese hingegen fühlen sich verschaukelt: Es werde unvollständig und zu kurzfristig eingeladen, monieren sie. Und auch die Zentrale Anlaufstelle zur Öffentlichkeitsbeteiligung (ZÖB) sei immer noch bloß kommissarisch besetzt – unter anderem mit Scholz. „Man geht jetzt wieder zur Amtsroutine über, während das Denkmal verfällt“, sagt Appel.

Weitere Verzögerungen befürchtet

Dabei könnte es mit den einvernehmlich geplanten Fischtreppen, Flusskrebsansiedlungen, neuen Biotopverbünden oder auch Kanuanlegestellen eigentlich munter voranschreiten. Doch weil ein Teil der maroden Kaimauern nicht durch Spundbohlen, sondern durch Kiesaufschüttungen stabilisiert werden soll, und diese aus Amtssicht möglicherweise die Fahrrinne verengen, ist nun erst einmal ein Planfeststellungsverfahren nötig. „Das Verfahren kann locker nochmals drei bis fünf Jahre dauern. Und der Sinn erschließt sich mir nicht, denn das WSA will künftig sowieso nur noch eine Fahrtrichtung für Schiffe zulassen“, sagt Kleimeier.

Auch die Instandsetzung selbst ist – Uferstück für Uferstück – über zehn Jahre geplant. „Wenn alles gut laufen würde, könnte man nun einfach zugucken“, sagt die Anwohnerin. „So werden wir weiter dranbleiben. Aber wir haben ja langen Atem.“