Der Bund verkauft 1700 Wohnungen in Berlin und verschärft dadurch die Lage auf dem angespannten Mietmarkt. An neun Berliner Standorten bietet die zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) derzeit Häuser oder Grundstücke zum Erwerb an, darunter Mietshäuser in Tempelhof-Schöneberg, Mitte und Pankow.
Nach den Vorgaben für den Umgang mit Liegenschaften werden die Objekte meistbietend verkauft. Die Mieter befürchten daher Mietsteigungen und Luxussanierungen, wenn ein privater, auf Gewinn ausgerichteter Investor den Zuschlag bekommt.
Gegen den Verkauf an den meistbietenden Interessenten wächst in Berlin der Widerstand, vor allem bei den betroffenen Mietern. „Wir kämpfen nicht gegen einen Verkauf an sich, sondern gegen dieses Verfahren des Höchstgebots“, sagt Barbara Tharra von der Interessengruppe der Mieter in der Schöneberger Großgörschenstraße.
Die Mieter haben sich in einer Petition an den Bundestag gewandt, um den Verkauf an den meistbietenden Investor noch zu verhindern. Sie erhalten inzwischen parteiübergreifende Unterstützung.
Die Berliner Bundestagsabgeordneten Jan-Marco Luczak (CDU), Swen Schulz (SPD), Renate Künast (Grüne) und Azize Tank (Linke) unterstützen die Mieter, ebenso die Tempelhof-Schöneberger Stadträtin Sybill Klotz (Grüne) und der Berliner SPD-Landeschef Jan Stöß. Auch die stadtentwicklungspolitischen Sprecher der Linken und Grünen, Katrin Lompscher und Andreas Otto, haben ihre Hilfe zugesagt.
„Auch der Bund steht in der Verantwortung“
Der CDU-Abgeordnete Luczak hat einen Brief an Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit der Bitte geschrieben, nach anderen Lösungen zu suchen. „Auch der Bund steht in der Verantwortung“, sagt Luczak, der sich am heutigen Montag mit Mietern aus Schöneberg trifft.
Er fordert von der Bima, die Praxis des Verkaufs an den Meistbietenden zu ändern. „Ich könnte mir vorstellen, dass von diesem Prinzip abgewichen werden kann, wenn der Investor bestimmte stadtentwicklungspolitische Ziele verfolgt, zum Beispiel, einen Teil der Wohnungen zu preiswerten Mieten anbietet“, sagt Luczak.
Die Bundestagsfraktionen von Grünen und Linken fordern ein Moratorium, um eine andere Liegenschaftspolitik des Bundes zu erreichen. „Potenzielle Investoren können ihr Renditeziel nur über hohe Neuvertragsmieten erreichen oder durch Luxussanierung“, heißt es im Antrag der Grünen.
„Relevanter Beitrag zur Beschaffung von sozialem Wohnraum“
Die Verkaufspolitik der Bima müsse künftig auch städtebauliche- und wohnungspolitische Ziele berücksichtigen. Mit den noch in Bundesbesitz befindlichen 39.000 Wohnungen und weiteren für Wohnbebauung geeigneten Liegenschaften könne die Bima „gerade auf angespannten Wohnungsmärkten einen relevanten Beitrag zur Beschaffung von sozialem Wohnraum und damit zur öffentlichen Daseinsvorsorge leisten“, heißt es bei den Linken.
Obwohl Union und SPD im Koalitionsvertrag beschlossen haben, dass die Bima auch soziale und stadtentwicklungspolitische Belange berücksichtigen soll, beruft diese sich derzeit auf ihre gesetzliche Pflicht zur Ausschreibung und zum Verkauf zum Höchstgebot.