Bei einer Begehung des Kanals klärt Tim Edler über dessen Vergangenheit auf. „Die letzte Nutzung dieses Flussabschnitts war auch Schwimmen“, sagt er beim Anblick der skeptischen Blicke, die über die Brüstung hinweg das trüb-grüne Nass betrachten. An der Jungfernbrücke etwa gab es eine Badeanstalt, weil der Spreekanal für die Schifffahrt verzichtbar wurde. Das war Ende des 19. Jahrhunderts, als die Mühlen an der Spree der voranschreitenden Industrialisierung wichen und der Fluss wieder befahren werden konnte. „Wir werden hier eine Blicktiefe von einem Meter hinkriegen“, ist Jan Edler überzeugt.
2011 gewann das Projekt einen Preis für nachhaltige Stadtplanung, ein Jahr später gründeten die Brüder den Verein Flussbad. Dieser hat mittlerweile 140 Mitglieder, darunter Martin Heller, den Projektleiter für die inhaltliche Entwicklung der Agora im geplanten Humboldt-Forum, oder Dombaumeisterin Charlotte Hopf.
Die bislang lediglich auf dem Papier existierenden Pläne können durch die Lottomittel nun erstmals auf ihre Machbarkeit hin geprüft werden. Die Studie, die nun nach den Förderrichtlinien ausgeschrieben wird, soll Fragen des Eigentums klären. Um den Spreekanal baulich entsprechend zu verändern, müsste der Bund, dem alle Wasserstraßen gehören, den Abschnitt dem Land Berlin übereignen. Neben Städteplanung und Landschaftsarchitektur spielt auch das Thema Denkmalpflege eine Rolle. Denn um den Badenden den Zugang zum Wasser zu erleichtern, plant der Verein zwei große Freitreppen auf Höhe des Lustgartens. Die Kaimauern aber stehen unter Denkmalschutz. „Da geht es dann um einen Interessenausgleich“, sagt Charlotte Hopf. Auch die Pläne für Duschen und Umkleidekabinen unterhalb des Freiheits- und Einheitsdenkmals am Schlossplatz müssten rechtlich geprüft werden. „Ein zentraler Punkt der Studie wird ein hydrologisches Gutachten sein“, sagt Ulrike Rose, Kulturmanagerin und Projektkoordinatorin. „Die Regelung des Durchlaufs muss geklärt werden, welche Wassermassen gefiltert werden können und welche Wehre nötig sind.“ Und auch, inwieweit sich die Wasserqualität durch das Vorhaben verbessern wird. In einem halben Jahr rechnen die Vereinsmitglieder mit Ergebnissen, auch mit einer ersten Kostenschätzung.
Geplant war auch eine Ausstellung in der Bauakademie, um das Projekt der Öffentlichkeit nahezubringen. Die Finanzierung dafür sowie für eine Publikation zum Thema ist von der Lottostiftung jedoch nicht bewilligt worden.
Zustimmung der Abgeordneten
Doch im Abgeordnetenhaus stößt das Projekt auf breite Zustimmung. „Ich finde, das ist ein cooles, berlintypisch verrücktes Vorhaben, dessen Realisierung ich gern unterstützen möchte“, sagt Gottfried Ludewig, Gesundheitssprecher und stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion. Er fordert von der Senatsverwaltung, öffentlichen Raum für eine Präsentation zur Verfügung zu stellen. „Die Stadt wächst stetig, und da ist es wichtig, neue Freiräume zu schaffen.“ Vor zwei Wochen verabschiedete die Fraktion auf ihrer Klausurtagung einen Antrag, demzufolge sie das Badeprojekt offiziell unterstützt. Auch bei den Grünen sympathisiert man mit der Idee. „Die Grünen-Fraktion hat sich schon immer für eine Spree stark gemacht, deren Wasserqualität das Baden ermöglicht“, so die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Silke Gebel. „Wenn man an so einer prominenten Stelle baden gehen kann, dann wird sich das auch auf die gesamtstädtische Wasserqualität auswirken.“
Jan Edler sagt: „Wir sind zuversichtlich, eine Lösung auch für die denkmalrechtlichen Fragen zu finden, denn ich bin sehr sicher, dass Schinkel auch hätte schwimmen gehen wollen.“
Morgenpost von Christine Richter
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