Der Mord an der Deutschtürkin Hatun Sürücü im Februar vor neun Jahren hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst. Nun ist der Mörder der 23-Jährigen, ihr jüngster Bruder Ayhan Sürücü, in die Türkei abgeschoben worden. Er wurde am Freitag von zwei Bundespolizisten zum Flughafen Tegel gebracht. Ein Sprecher der Behörde bestätigte die Informationen mehrerer Medien.
Der damals 18-jährige Ayhan Sürücü war 2006 vom Landgericht Berlin zu neun Jahren und sechs Monaten Jugendstrafe verurteilt worden. Zwei weitere Brüder, Mutlu und Alpaslan Sürücü, wurden frei gesprochen, obwohl viele Indizien darauf hinwiesen, dass die Tat in der kurdischstämmigen Familie verabredet worden war. Mutlu soll die Waffe besorgt haben und Alpaslan während der Tat Schmiere gestanden haben.
Doch das Landgericht sah die Vorwürfe nicht als erwiesen an und sprach die Brüder frei. Ein Jahr nach dem Freispruch hob der Bundesgerichtshof das Urteil wieder auf und verwies das Verfahren zurück. Doch Mutlu und Alpaslan Sürücü waren bereits in die Türkei gezogen, die ihre Staatsbürger nicht an Deutschland ausliefert.
Die Berliner Ausländerbehörde hatte noch während der neun Jahre und drei Monate währenden Haft die Ausweisung von Sürücü verfügt, hieß es. Laut Ausweisungsbescheid hat er auch hinter Gittern keine „plausible Reue“ gezeigt. Der RBB zitiert weiter aus dem Schreiben, Sürücüs Verhalten führe zu dem Schluss, dass dieser auch zukünftig nicht willens und bereit sei, „sich in die hiesige gesellschaftliche und verfassungsmäßige Ordnung zu integrieren“. Der jüngste Sohn der anatolischen Großfamilie Sürücü wurde 1986 in Berlin geboren, hat jedoch nach RBB-Informationen keinen deutschen Pass.
Tod durch drei Kopfschüsse
Hatun Sürücü wurde im Februar 2005 von ihrem jüngsten Bruder Ayhan an einer Bushaltestelle in Tempelhof mit drei Schüssen in den Kopf getötet. Die 23 Jahre alte Mutter eines kleinen Sohnes musste sterben, weil sie sich von den Traditionen, denen sich die Familie Sürücü verpflichtet fühlte, abgewandt hatte. Sie hatte das Kopftuch abgelegt, war mit ihrem Sohn bei den Eltern ausgezogen und hatte eine Ausbildung zur Elektroinstallateurin begonnen. Als sie starb, stand sie kurz vor der Gesellenprüfung.
Die Tat löste eine bundesweite Debatte über „Ehrenmorde“ und Parallelgesellschaften aus. Bereits im Alter von 16 Jahren wurde Hatun im Sommerurlaub in der Türkei mit ihrem Cousin Ismail verheiratet. Sie trennte sich zwei Jahre später von ihm und kam schwanger zurück nach Berlin in die elterliche Wohnung nach Kreuzberg. Doch 1999 zog sie dort aus, weil es zu einem sexuellen Übergriff durch einen ihrer Brüder gekommen sein soll. Trotzdem hielt sie den Kontakt zu ihrer Familie aufrecht, weil sie sich wünschte, von ihr akzeptiert zu werden.