Das Bundessozialgericht entschied in letzter Instanz gegen die Heizkostenpauschale bei der Berechnung von ALG-II-Leistungen. Berlin muss nun die Wohnkosten für 500.000 Menschen individuell berechnen.
Berlin muss die Bezahlung der Wohnkosten für die rund 500.000 Hartz-IV-Empfänger in der Hauptstadt neu regeln. Die Senatssozialverwaltung von Senator Mario Czaja (CDU) unterlag mit ihrer Wohnaufwendungenverordnung (WAV) in letzter Instanz in einem Normkontrollverfahren vor dem Bundessozialgericht. Die Richter in Kassel bestätigten die Entscheidung des Berliner Sozialgerichts.
Die Entscheidung bedeutet, dass die neben der Kaltmiete anfallenden Heizkosten für Hartz-IV-Haushalte nicht mehr pauschal nach den Richtwerten des bundesweiten Heizkostenspiegels bezahlt werden dürfen, sondern individuell ermittelt werden müssen. Das kann dazu führen, dass einige der 300.000 Bedarfsgemeinschaften in Berlin künftig weniger Geld für ihre Wohnkosten erhalten, bei anderen könnte es auch mehr sein.
Sozialsenator Czaja zeigte sich enttäuscht über den Ausgang des Rechtsstreits, der im Falle des Klägers dazu führt, dass dieser weniger Wohngeld überwiesen bekommt als zuvor. „Unser Ziel war es, eine rechtssichere Satzungsregelung zu schaffen, um Empfängern von Kosten der Unterkunft und Heizung Flexibilität bei der Wohnungssuche zu ermöglichen und somit auch die Zahl der Umzüge zu reduzieren“, sagte Czaja. Ein weiteres Ziel sei es gewesen es, die Zahl der Gerichtsverfahren zu reduzieren. „Dies war auch gelungen“, so der Senator.
Individuelle Berechnung nach Wohnungstyp, Lage und Größe
Bis eine neue Grundlage geschaffen sei, werde die bestehende Tabelle zu den Unterkunftskosten in Berlin weiter angewendet. Wann eine neue Regelung vorgelegt wird, könne noch nicht bestimmt werden, hieß es.
Czajas Beamte befürchten aber einen erheblichen Mehraufwand in den Verwaltungen, wenn sie jeweils individuell nach Wohnungstyp, Lage und Größe die angemessenen Heizkosten definieren müssen. Das sei vielleicht in kleineren Gemeinden machbar, aber nicht in Berlin, hieß es. Zudem dürfe man sich nicht einfach an den Heizkosten in einfachen Wohnlagen orientieren, sondern müsse diese speziell für Hartz-IV-Empfänger berechnen, die häufiger zuhause seien als Menschen mit einem Job. Solche Daten liegen jedoch für Berlin nicht vor. Die Richter hätten sich aber explizit nicht daran orientiert, ob ihr Urteil den Behörden die Arbeit erleichtert oder nicht, hieß es aus zudem aus dem Hause Czaja.
Die Sozialexpertin der Linken Elke Breitenbach sagte, es sei absehbar gewesen, dass die Verordnung endgültig scheitern werde. „Der Senat ist damit in der Pflicht, endlich eine rechtssichere Regelung zu den Kosten der Unterkunft vorzulegen.“ Das Bruttowarmmieten-Konzept als Grundlage für die Berechnung der Richtwerte heranzuziehen, werde nicht länger zu halten sein.
Die gesonderte Berechnung der Heizkosten könne zu mehr Gerechtigkeit führen, wenn der individuelle Bedarf berücksichtigt würde. Das betreffe den Energieträger, der die Wärme liefert, den baulichen Zustand der betreffenden Wohnung, aber auch den individuellen Wärmebedarf. „Kranke Menschen oder Babys brauchen in der Regel wärmere Räume als gesunde Erwachsene“, sagte die Linken-Abgeordnete.