Neue Hiobsbotschaften für Nahverkehrskunden: Wegen schwerer Baumängel müssen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) den U-Bahnhof Leinestraße in Neukölln kurzfristig sperren. Um die Schäden beseitigen zu können, muss die BVG zudem den Betrieb der U-Bahn-Linie 8 zwischen der Station Boddinstraße und dem Endbahnhof Hermannstraße komplett einstellen – und das voraussichtlich für ein dreiviertel Jahr. Entsprechende Informationen der Berliner Morgenpost bestätigte BVG-Sprecherin Petra Reetz am Montag.
Laut Reetz haben BVG-Bauexperten bei planmäßigen Instandsetzungsarbeiten erhebliche Baumängel an der Deckenkonstruktion des 1929 eröffneten U-Bahnhofs festgestellt. Demnach weist die Bewehrung der Stahlbetonkonstruktion der Bahnhofsdecke im Bahnsteigbereich Korrosionsschäden auf, die so schnell wie möglich beseitigt werden müssen. An einem Zeitplan für die außerplanmäßige, mindestens zwei Millionen Euro teure Reparatur werde noch gearbeitet. Der Baubeginn ist noch im dritten Quartal, das heißt also frühestens ab Juli geplant. Die dann auf neun Monate kalkulierte Vollsperrung des Bahnhofs Leinestraße und der Unterbrechung des Betriebs auf der stark genutzten Linie U8 ist laut Reetz nach aktuellem Stand unvermeidbar. Es soll für die Zeit der Sperrung ein Ersatzverkehr mit Bussen (Linie 344 im verkürzten Takt) eingerichtet werden. Der Bahnhof Leinestraße ist während der gesamten Sperrzeit nicht zugänglich, so die BVG. Akut würden jedoch keine Gefahren für die Fahrgäste.
Fahrgastverband kritisiert Dauer der Vollsperrung
Der Berliner Fahrgastverband Igeb hält indes die geplante Vollsperrung für „viel zu lang“. Angesichts der großen Bedeutung der U8 für den öffentlichen Nahverkehr, fordert der Verband, während der erforderlichen Reparaturen wenigstens einen Pendelverkehr aufrecht zu erhalten. Zudem gleichzeitig auch die zweite wichtige Nord-Süd-Linie, die U6, wegen der Bauarbeiten an der Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstraße noch bis in den Spätherbst unterbrochen ist.
„Alternativ sollte daher von der BVG geprüft werden, ob die U-Bahn wenigstens im Berufsverkehr fahren kann“, sagte Igeb-Sprecher Jens Wieseke. Die Arbeiten müssten in diesem Fall in den Nachtstunden und an den Wochenenden erfolgen. Das hätte allerdings zur Folge, dass sich die Sanierung über fast zwei Jahre lang hinziehen würde.
Schäden überraschend für die BVG
Die gut 18 Kilometer lange U8 (Wittenau–Hermannstraße) gilt als eine der am stärksten genutzten Berliner U-Bahn-Linien. Sie verbindet Reinickendorf über Wedding, Mitte und Kreuzberg mit Neukölln. Der Bahnhof Leinestraße wurde bereits Mitte der 20er-Jahre für die sogenannte GN-Bahn (Gesundbrunnen–Neuköllner–Bahn) errichtet. Dennoch galt der Bauzustand des Bahnhofs lange Zeit als vergleichsweise gut.
Für dieses Jahr waren lediglich kleinere Sanierungsarbeiten und der behindertengerecht Umbau der Station vorgesehen. Die jetzt entdeckten Korrosionsschäden führt die BVG auf Schäden an den darüber liegenden Straßen zurück, über die Wasser in die U-Bahn-Tunnel eindringen kann. Wegen ähnlicher Schäden werden seit März bereits die Tunnelabdichtungen unter der Bismarckstraße in Charlottenburg saniert. Insgesamt hat die BVG einen Investitionsbedarf für die Instandhaltung der U-Bahn-Infrastruktur von 600 Millionen Euro bis 2030 errechnet.