Das waren die Frauen damals. Die den Bundestag nach Berlin geholt haben. Bei der entscheidenden Sitzung im Bonner Wasserwerk, am 20. Juni 1991. Daniela und Nicole Urbschat, Schwestern, Fotografinnen und Geschäftsführerinnen von Art & Photo Urbschat am Kurfürstendamm, sind sich sicher, absolut. Heidi Hetzer, Ulla Klingbeil, Regina Ziegler, Irina Pabst, Sabine Werth und viele weitere aus Berlin seien damals nach Bonn geflogen, „alle in Kostümchen und mit Hut rein in den Bundestag“, sagt Daniela Urbschat. Die Pförtner hätten sie einfach passieren, die Blumen und Taschentücher mit Berliner Bärenlogo an die Abgeordneten verteilen lassen. Sowie den Zettel mit dem Aufdruck „Denkt dran: Berlin wird Hauptstadt“. Ein paar Stunden später war Berlin beschlossene Hauptstadtsache. Und das Foto der Berliner Damenfraktion gedruckter Beweis.
Die Initiative Berliner Frauen bestand aus Unternehmerinnen, Kreativen, Pädagoginnen, Müttern, aus Frauen aller Couleur. Man traf sich regelmäßig montags beim kürzlich verstorbenen Jochen Bott in der „Bottschaft“. Was die Männer in Rotary- und Lions-Club konnten – Frauen wurden erst ab 1989 bei Rotariern zugelassen, der erste weibliche Lions-Club entstand im selben Jahr in Bremen – wollten sie längst: netzwerken. Mit Ziel. Aus dem Stammtisch entwickelten sich Ideen, die bis heute erfolgreich Bestand und Sinn haben.
Netzwerk hat sich verkleinert
Die Berliner Tafel, von Sabine Werth gegründet. Die Operngala zugunsten der Aids-Stiftung, initiiert von der 2004 verstorbenen Irina Pabst, der „Grande Dame der Aids-Gala“, wie sie der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit nannte. Mania Feilcke engagierte sich für krebskranke Kinder, empfing mit ihrem Diplomatenclub „Willkommen in Berlin“ Botschafterpartner und -partnerinnen in der Hauptstadt und wurde Mitbegründerin und Präsidentin des Ambassadors Club Berlin. Jede der Frauen widmete sich ihrer Sache, ihrer Idee, die sie geschöpft und für die sie wertvolle Kontakte erhalten hatte. Ab 1992 wurden die Treffen weniger, bis sie schließlich gar nicht mehr stattfanden. „So ein großes Netzwerk von Berliner Frauen gibt es seitdem nicht mehr“, sagen Daniela und Nicole Urbschat.
Gut 20 Jahre später gibt es wieder Netzwerke, nur anders, spezieller. In kleineren Gruppen, meist aus demselben Fachbereich. Die Animata Allianz der Unternehmerinnen, existenzia für Gründerinnen oder der Schöne Aussichten Verband selbstständiger Frauen. Auch soll es eine Gruppe von Vertreterinnen aus der Immobilienbranche geben, eine „Erfahrungs-Austausch-Runde“ der Vier-Sterne-Hotellerie sowie ein Netzwerk von Pressesprecherinnen der Fünf-Sterne-Häuser.
Selbstbewusst, erfolgreich und multitaskingfähig
Doch es existiert auch eine Gruppe, die eine Ausnahme macht. Die zu einem Frauennetzwerk wie damals heranwachsen könnte. Diese Gruppe ist branchenübergreifend, ein Teil hat sich schon zwei Mal getroffen. Das nächste Treffen soll im Sommer stattfinden, im Restaurant von Ruzika Krakan. „Das Ø steht jederzeit zur Verfügung“, sagt sie. Angeregt vom Ladies Lunch zum Thema Gastronomie und Hotellerie der Berliner Morgenpost im vergangenen September hatte die erste Teilnehmerin, Hoteldirektorin Birgit Ullerich, einen Teil der Frauen im Februar dieses Jahres zu sich ins Kempinski Hotel Bristol Berlin geladen. Und weitere starke Frauen aus der City West gleich dazu. Selbstbewusst sind sie, erfolgreich, multitaskingfähig. Sie verstehen es, sowohl Familie als auch Beruf zu managen. Und sie haben das Potenzial für neue, Berlin bereichernde Ideen.
Fünf dieser Frauen haben wir auf der Arbeit besucht. Was bewegen die Frauen rund um den Kudamm täglich? Und was bewegt sie?
Sara Torralvo-Castro, 31, Direktorin des Schlosshotels im Grunewald
Nicole und Daniela Urbschat, 45 und 55, Inhaberinnen von „Art & Photo Urbschat“
Ruzika Krakan, 43, Geschäftsführerin und Inhaberin der Restaurants „Sets“ und „Ø“
Gabi Decker, 56, Kabarettistin
Birgit Ullerich, 53, Direktorin des Kempinski Hotels Bristol Berlin