Milieuschutzgebiete

Friedrichshain-Kreuzberg stoppt Luxus-Sanierungen

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S. Flatau und K. Lange

Foto: Getty Images / Getty Images/Westend61

In dem Berliner Bezirk könnten bald Einbauküchen, ein zweites WC und großzügige Grundrisse in sanierten Wohnungen verboten werden.

Hauseigentümer und Investoren im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg müssen sich auf neue Einschränkungen gefasst machen. Ferienunterkünfte in Wohnungen sollen nicht mehr zulässig sein. Wenn energetische Sanierung geplant ist, muss die Auswirkung auf die Miete und die Heizkosten nachgewiesen werden. Besonders teure Fahrstühle will das Bezirksamt nicht mehr genehmigen.

Diese Einschränkungen sollen zunächst in den sozialen Erhaltungsgebieten gelten, die etwa die Hälfte des Altbezirks Kreuzberg ausmachen: im Kiez an der Bergmannstraße-Nord, am Chamissoplatz, im Graefekiez, im Umfeld der Hornstraße und die Luisenstadt. In Friedrichshain ist bislang nur der Boxhagener Platz betroffen.

Ferienwohnungen soll es nur noch in Ausnahmefällen geben. Reisende dürfen in leer stehenden Souterrainwohnungen untergebracht werden. Und da, wo es besonders laut ist: in den Erdgeschosswohnungen eines Vorderhauses, das an einer stark befahrenen Straße steht.

Anordnung soll auf weitere Wohnquartiere ausgeweitet werden

Ziel ist, das soziale Milieu der Kieze zu bewahren. Die alteingesessenen Bewohner sollen bleiben. Man wolle eine Entwicklung stoppen, „die tendenziell eine überdurchschnittlich hohe Verdrängungsgefahr für die vorhandene Wohnbevölkerung nach sich zieht“, heißt es.

Am kommenden Mittwoch wird die Bezirksverordnetenversammlung über die Pläne diskutieren. Bereits Ende März oder Anfang April 2013 könnten die neuen Regeln im Amtsblatt Berlin veröffentlicht werden. Dann hat es Gültigkeit – in den Milieuschutzgebieten. Doch das Bezirksamt plant, dass die Anordnung auf weitere Wohnquartiere ausgedehnt wird.

Man habe mehrere Quartiere in Friedrichshain im Fokus, sagte Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne). Darunter die Warschauer Straße, das Samariterviertel, den Traveplatz und die nördliche Frankfurter Allee. „Wir lassen das jetzt prüfen.“ Diese Quartiere würden genau untersucht. Eine Festlegung als Milieuschutzgebiet müsse einer juristischen Prüfung standhalten.

30 Prozent von Friedrichshain könnte unter Schutzverordnung fallen

Doch wenn diese Einstufung erfolgt, dann gelten an der Warschauer Straße und im Samariterviertel Restriktionen, die in den Kreuzberger Milieuschutzgebieten schon vor drei Jahren eingeführt wurden: Bei Sanierungen sind keine Einbauküchen zulässig und kein zweites WC. Keine Doppelhandwaschbecken. Keine großzügigen Grundrisse.

Auch das Zusammenlegen von Wohnungen zu Maisonette-Einheiten will das Bezirksamt nicht mehr genehmigen. Badewanne und Dusche dürfen nicht getrennt voneinander eingebaut werden. Sollte eine Wohnung noch keinen Balkon haben, dann darf der geplante Anbau nicht größer als vier Quadratmeter sein.

„Diese Festlegungen sind durchaus restriktiv“, sagte Bezirksbürgermeister Schulz. Sie hätten sich in Kreuzberg bewährt und die Bestandsmieter geschützt. Das soll auch im Ostteil des Bezirks erreicht werden. Etwa 30 Prozent von Friedrichshain könnte unter die Schutzverordnung fallen. Vor allem den Anstieg der Preise im Mietspiegel will das Bezirksamt dadurch bremsen.

Vorbild Pankow: Umwandlung in Ferienquartiere verboten

Mit seiner Anordnung folgt das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg dem Beispiel von Pankow. Dort ist seit Anfang Januar die Umwandlung von Wohnungen in Ferienquartiere in den Milieuschutzgebieten untersagt.

Bei Sanierungsvorhaben ist es nicht mehr erlaubt, kleine Wohnungen zu einer großen zusammenzulegen. Ein Einbau von Kamin und Fußbodenheizung soll nicht mehr genehmigt werden. Auch Pankow plant die Ausdehnung dieser Restriktionen. Sie sollen im größten Teil von Prenzlauer Berg Gültigkeit bekommen.

Mit Zustimmung, aber auch Skepsis reagiert das Abgeordnetenhaus auf den Vorstoß von Friedrichshain-Kreuzberg, nach dem Vorbild von Pankow ebenfalls in bestimmten Gebieten eine Luxussanierung zu verbieten. Andreas Otto, baupolitischer Sprecher der Grünen, würde die Beschränkung der Luxussanierung sogar noch ausweiten, „auf alle Gebiete, wo demnächst eine Sanierungswelle ansteht“.

Verbot der Luxussanierung kein „Allheilmittel der Mietenpolitik“

„Wir müssen uns bei der Sanierung auf die energetischen Fragen konzentrieren“, sagte Otto. Wenn die Menschen Luxus in ihren Wohnungen haben wollen, könnten sie ihn sich einbauen. Ziel sei es, die soziale Durchmischung zu erhalten, betonte Otto. Das sei nicht mehr umzusetzen, wenn die Mieten drastisch stiegen. Bereits heute müssten sich die Mieter an der energetischen Sanierung beteiligen.

„Wir dürfen sie finanziell nicht überfordern“, sagte der Grünen-Politiker. Eine Forderung der Grünen sei zudem, die Umlage von elf Prozent für die Wohnwertverbesserung zu senken. „Diese sollte sich künftig auf die energetische Sanierung und die Barrierefreiheit begrenzen“, sagte der Bauexperte der Grünen.

Zweifel an der „Wirksamkeit und der Rechtssicherheit des Instruments“ hat Stefan Evers. Der stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion hält ein Verbot der Luxussanierung „nicht für ein Allheilmittel der Mietenpolitik“. Das habe die Erfahrung der Vergangenheit gelehrt, sagte Evers.