Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) legt die Bevölkerungsprognose bis zum Jahr 2030 vor. Fazit: Berlin wächst - und wird älter.

Berlin wächst – und das immer schneller. Der neuen Bevölkerungsprognose zufolge, die Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) am Dienstag vorgestellt hat, sollen in der Hauptstadt im Jahr 2030 rund 3,75 Millionen Menschen leben – rund 254.000 oder 7,2 Prozent mehr als derzeit.

Die Experten aus der Senatsverwaltung und dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg haben nicht nur berechnet, wie viele Menschen in der Stadt der Zukunft leben werden, sondern auch, wie sich die Bevölkerung künftig zusammensetzt. „Diese Daten brauchen wir als Planungsgrundlage für die Einrichtungen der Stadt, um eine passgenaue Infrastruktur zur Verfügung stellen zu können“, sagte Müller. Denn die Bevölkerung, auch das geht aus der Prognose hervor, wird nicht in allen Altersgruppen und Bezirken gleichermaßen wachsen.

So wird laut Prognose der Demografen zwar jeder der zwölf Berliner Bezirke in den nächsten 18 Jahren mehr Einwohner zählen als heute. Jedoch wird dieses Wachstum sehr unterschiedlich ausfallen. Absoluter Spitzenreiter ist Pankow. Dort erwarten die Experten einen Zuwachs um 61.000 Menschen auf dann 437.200 Einwohner. Das entspricht 16,3 Prozent der dann erwarteten Gesamtbevölkerung.

Auf Platz zwei folgt der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit einem Zuwachs von 23.700 Einwohnern auf dann 298.200 (8,6 Prozent). Am geringsten fällt dagegen das Wachstum in Reinickendorf aus: Die Einwohnerzahl, so die Prognose, steigt dort um 4700 auf nur 248.800 (1,9 Prozent).

Tausende neue Wohnungen in Berlin nötig

„In der Prognose werden die größten Wohnungsbauflächenpotenziale berücksichtigt“, ergänzte Müller. Insofern sei es keine Überraschung, dass Pankow mit seinen stark wachsenden Ortsteilen Buch und Karow an der Spitze rangiere. In Reinickendorf soll nach der Schließung des Flughafens Tegel ebenfalls Wohnraum geschaffen werden. Allerdings sei der Großteil des Airport-Areals für Industrie und Gewerbe sowie Grünflächen vorgesehen. „Mehr Einwohner brauchen schließlich auch mehr Arbeitsplätze“, sagte Müller.

Auch auf dem einstigen Flugfeld in Tempelhof sei nur an den Rändern Wohnungsbau vorgesehen. Nach der Wiedervereinigung hatten die Statistiker für die Hauptstadt Berlin ein schnelles Wachstum auf rund fünf Millionen Einwohner vorhergesagt. Wie man heute weiß, waren diese Prognosen völlig überhöht, die Einwohnerzahl betrug lange Zeit nur rund 3,4 Millionen Einwohner.

Erst seit 2006 wächst Berlin kontinuierlich, Ende 2011wurden 3,501 Einwohner gezählt. Müller ist sich jedoch sicher, dass die Prognose diesmal „keine Kaffeesatzleserei“ sei. Man habe sich schließlich nicht vom Wunschdenken leiten lassen, sondern die Entwicklung der vergangenen Jahre betrachtet: das Wirtschaftswachstum, den Zuwachs an Arbeitsplätzen und auch an Zuwanderung aus dem Bundesgebiet und aus dem Ausland. Zudem habe man die Studie wissenschaftlich begleiten lassen. Dabei habe man drei Varianten erarbeitet. Demnach steigt die Zahl der Einwohner um mindestens 92.000, voraussichtlich um 254.000, aber höchstens um 404.000. Die mittlere Variante bilde daher die Planungsgrundlage für Berlin. Dessen Bevölkerung wächst jedoch nicht nur, sondern wird auch immer älter.

Durchschnittsalter der Berliner erhöht sich

Das Durchschnittsalter erhöht sich von zurzeit 42,3 auf 44,2 Jahre. Die Gruppe der älteren Menschen (65 Jahre und mehr) wird um gut 190.000 Personen (rund 14 Prozent) zunehmen. Am rasantesten wächst jedoch die Zahl der Hochbetagten über 80 Jahre. Ihre Zahl wird in den kommenden 18 Jahren um 80,7 Prozent oder 120.000 Personen steigen. Insgesamt werden 2030 in Berlin rund 858.000 Menschen im Rentenalter leben (2011: 664.000). „Es gilt, Berlin so zu gestalten, dass diese Bevölkerungsgruppe barrierefrei am Stadtleben teilnehmen kann“, so Müller.

Die Gruppe der Menschen im erwerbsfähigen Alter (18 bis unter 65 Jahre) bleibt dagegen nach Auffassung der Experten nahezu stabil. Sie wird sich um 5000 Personen (-0,2 Prozent) nur leicht verringern. Obwohl überwiegend junge Menschen (18 bis 30 Jahre) in den vergangenen Jahren nach Berlin zogen und der Stadt in den vergangenen zwei Jahren ein kräftiges Bevölkerungswachstum bescherten, wird dies nach Auffassung der Statistiker nicht ausreichen, um die natürliche Bevölkerungsentwicklung auszugleichen. Die Zahl der 18 bis 25-Jährigen wird um 17.308 (- 6 Prozent) sinken.

Kräftig wachsen wird dagegen die Zahl der sechs bis 18-Jährigen um knapp 64.000 Personen (19 Prozent) zulegen. Auch diese Gruppe speist sich aus dem Zustrom von Zuwanderern nach Berlin.

IHK fordert mehr Investitionen

Angesichts des starken Bevölkerungswachstums in den kommenden Jahren mahnt die Industrie- und Handelskammer Berlin (IHK) mehr Anstrengungen bei der Schaffung der notwendigen Infrastruktur an. So bedeuteten 250.000 Einwohner im Schnitt 150.000 neue Haushalte, die mit Wohnraum versorgt werden müssten. „Auch das Straßennetz sowie das S- und das U-Bahn-Angebot müssen auf die steigende Nachfrage vorbereitet werden“, sagte Christian Wiesenhütter, Verkehrsexperte bei der IHK.

Ebenso gebe es bei der sozialen Infrastruktur wie Kindergärten, Schulen, Hochschulen, Krankenhäusern und Betreuungseinrichtungen dringenden Handlungsbedarf. „Der aktuelle Stadtentwicklungsplan Verkehr geht immer noch von sinkendem Aufkommen im Straßenverkehr aus“, so Wiesenhütter weiter. Angesichts der Bevölkerungsprognose müssten notwendige Netzergänzungen vorangebracht werden.