Der „Bello-Dialog“ ist gestartet. Denn bei der Reform des Hundegesetzes sollen die Berliner mitreden.

Die geplante Reform des Berliner Hundegesetzes führte Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) am Mittwoch direkt in den Mittelpunkt des Geschehens – auf einen Hundetrainingsplatz in Marienfelde. Von den Vierbeinern kaum beachtet, war das der Auftakt des sogenannten „Bello-Dialogs“.

Bello steht dabei für die verwaltungsinterne Bezeichnung „Berliner Landesleinenordnung“. Neu daran ist, dass sich die Berliner an der Reform des Gesetzes deutlich mehr beteiligen können, als es bisher bei der Erarbeitung von Gesetzesvorlagen der Fall ist. Im Koalitionsvertrag steht immerhin, dass die Bürger stärker an politischen Entscheidungen beteiligt werden sollen.

Internet-Seite freigeschaltet

Und was lange vorbereitet wurde, kann seit Mittwoch auch tatsächlich genutzt werden. Berliner können im Internet unter www.berlin.de/hundegesetz-forum mit diskutieren sowie Kommentare und Anregungen schicken. Auch die ersten beiden Termine für öffentliche Bürgerversammlungen stehen fest: Dienstag, 21. August 2012, 16.30 Uhr bis 18 Uhr im Schloss Biesdorf, Stadtteilzentrum Alt-Biesdorf 55 in Marzahn und am Mittwoch, 22. August 2012, 19 Uhr bis 21 Uhr im Rathaus Schöneberg, Louise-Schroeder-Saal, John-F.-Kennedy-Platz in Schöneberg. Das gaben Heilmann und der Vorsitzende der Stiftung Zukunft Berlin, Volker Hassemer (CDU), am Mittwoch am Rande des Hundetrainingsplatzes bekannt.

Dass dieses Projekt der Bürgerbeteiligung seine Premiere ausgerechnet bei einem so heiklen Thema wie dem Hundegesetz feiert, liege daran, dass es ein Thema sei, dass alle Berliner angehe, so der Senator. „Es geht nicht nur um Maulkorb, Leinenzwang und Hundekot“, sagte er. „Es geht um das Zusammenleben in der Stadt.“ Jetzt blicken auch andere Senatsverwaltungen auf diese neue Form des Dialogs zwischen Bürgern und Politik. Besonders Innensenator Frank Henkel (CDU) habe bereits Interesse bekundet. Bei dem „Experiment“, wie der Justizsenator den „Bello-Dialog“ nannte, sind die Bürger aufgefordert, über so strittige Themen wie etwa den Führerschein für Hundehalter oder die Liste gefährlicher Hunderassen zu diskutieren. „Die Menschen misstrauen der Politik“, sagte Heilmann. „Wir wollen eine breite Mehrheit haben, die hinter dem Ergebnis steht. Das Ergebnis muss glaubwürdig sein.“

Letztes Wort hat das Parlament

Ziel des Dialogs sei, „nicht die optimale theoretische Lösung im Zusammenleben von Mensch und Hund in der Stadt zu finden, sondern die beste praktische Lösung“. Der geplante offene Dialog mit den Bürgern soll eine „Zusammenkunft von Menschen und nicht von Delegierten werden“, sagte Hassemer. Der ehemalige Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz sprach von einem „Projekt, das etwas ganz Neues sein kann“. Diese Form der Bürgerbeteiligung könne „Schule machen“. Es gebe schließlich nicht nur Wut- und Wahlbürger, so Hassemer weiter.

Die Stiftung Zukunft Berlin hat die Grundsätze der bürgerschaftlichen Mitverantwortung in der Vorbereitung von Entscheidungsprozessen entwickelt. Das letzte Wort beim Hundegesetz hat aber, wie bei anderen Gesetzesvorlagen auch, das Abgeordnetenhaus.

Bis es aber zum parlamentarischen Verfahren kommt, haben alle Beteiligten rund sechs Monate Zeit und zehn Sitzungen eingeplant. Zuerst soll ein Gremium mit 30 Teilnehmern gebildet werden. Diese sollen die Vorschläge der Berliner diskutieren. In dieser Sondierungsgruppe sollen Hundeliebhaber genauso wie Hundegegner sitzen. „Es sollen auf keinen Fall Vertreter von Organisationen in der Gruppe sein, die bereits vorgefertigte Meinungen ihrer Interessenverbände vertreten müssen“, sagte Heilmann. Über die Zusammensetzung des Gremiums entscheiden sogenannte Gewährsleute. Das sind unter anderem Sven Iversen von der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen, Stefan Richter von der Grünen Liga, Stephan Schwarz, Präsident der Handwerkskammer Berlin, und der ehemalige Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD), jetziger Vorstand der Stiftung Charité. Sie alle machen das ehrenamtlich.

Transparenz schaffen

„Wir werden den Gesamtprozess im Auge behalten und die Transparenz zwischen der Politik und der Öffentlichkeit schaffen“, sagt Iversen. „Die endgültige Entscheidung liegt aber bei der Politik. Wir helfen und unterstützen nur.“

Die Meinungen aus dem Internet und von den zwei öffentlichen Veranstaltungen sollen schließlich von der 30-köpfigen Sondierungsgruppe gesichtet und ausgewertet werden. Am Ende des Prozesses wird Staatssekretärin Sabine Töpfer-Kataw einen Reformvorschlag vorlegen, der möglichst viele Interessen berücksichtigt.

Mit dieser Form der Bürgerbeteiligung habe noch keiner Erfahrungen sammeln können, sagte der Senator für Justiz und Verbraucherschutz. „Es ist ein Experiment, das auch scheitern kann.“