Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, hat angekündigt, seine Behörde werde voraussichtlich noch in diesem Jahr an die Berliner Wasserbetriebe (BWB) eine Abmahnung schicken und eine Senkung der Preise fordern. Das Kartellamt führe im Falle Berlins ein „Modellverfahren“, sagte Mundt am Rande einer Veranstaltung der Berliner Industrie- und Handelskammer. Deshalb müssten seine Beamten dabei sehr sorgfältig vorgehen.
Im Frühjahr hatte das Bundeskartellamt kritisiert, dass die Wassertarife in der Hauptstadt um 50 Cent oder 25 Prozent zu hoch seien. Der Präsident sagte, seine Behörde habe sich generell vorgenommen, in Zukunft auch verstärkt gegen „staatliche Wettbewerbsverzerrungen“ vorgehen zu wollen, etwa auch im Energie-, Abfall- und Fernwärmesektor. Wasser sei „eines der letzten Monopole“, die Kunden seien „gefangen“ und könnten nicht den Anbieter wechseln. Das werde auch so bleiben. „Entweder sie regulieren diesen Sektor oder sie unterwerfen ihn stärker der Missbrauchsaufsicht“, sagte Mundt. Weil angesichts von 6000 Wasserversorgern in Deutschland eine Regulierung durch die Bundesnetzagentur „nicht machbar“ sei, sollte hier das Kartellamt eingreifen. „Wir sind bemüht, exzessive Fälle aufzugreifen“, sagte Mundt.
Seine Behörde hatte im Frühjahr auf Antrag des scheidenden Berliner Wirtschaftssenators Harald Wolf (Linke) ein Kartellverfahren gegen die Berliner Wasserbetriebe eingeleitet. Zu diesem Zweck hatten die Bonner Beamten die Preise von 44 deutschen Wasserversorgern verglichen und waren zu dem ersten Schluss gelangt, die Berliner Tarife seien überhöht. Tatsächlich liefern die Berliner Wasserbetriebe seit Jahren eine Umsatzrendite von knapp 30 Prozent ab, die sich die privaten Gesellschafter Veolia und RWE mit dem Land Berlin teilen.
Die Wasserbetriebe rechnen ebenfalls mit einer Preissenkungsverfügung der Wettbewerbshüter. BWB-Chef Jörg Simon sagte, sein Unternehmen werde auf eine solche Anordnung auf jeden Fall mit einer Klage reagieren, um die Sachlage rechtlich klären zu lassen. Denn der Vorstand sei in seiner Tarifgestaltung nicht frei, sondern ans Gebühren- und Abgaberecht des Landes gebunden.
Wasserkunden warten jedoch darauf, dass die Kartellwächter durchgreifen. Maren Kern, Vorstand beim Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) sagte, sie begrüße das Vorgehen des Bundeskartellamts. „Vielleicht wird jetzt die Frage beantwortet, die der BBU seit Jahren stellt: Wieso ist Wasser in Berlin so viel teurer als beispielsweise in Köln?“ Die BBU-Preisdatenbank für einen Kubikmeter Trink-, Ab- und Niederschlagswasser in Berlin ergebe für einen Modellhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 100 Kubikmetern eine Belastung von 510 Euro pro Jahr. Unter den deutschen Großstädten belegt Berlin damit den schlechtesten Platz. In Köln würden 174 Euro verlangt.