Tod auf der Flucht

Guiseppe M. – Dritter U-Bahn-Schläger stellt sich

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Dominik Ehrentraut

Der 23-jährige Giuseppe M. starb in Berlin-Westend auf der Flucht vor drei jungen Männern. Zwei von ihnen hatten sich bereits gestellt, jetzt meldete sich auch der dritte bei der Staatsanwaltschaft. Welche Rolle er gespielt hat, ist noch unklar.

Nach dem Tod von Giuseppe M., der auf der Flucht vor U-Bahn-Schlägern am Kaiserdamm tödlich verunglückte, hat sich der dritte Beteiligte bei der Staatsanwaltschaft gemeldet. Auf Nachfrage von Morgenpost Online teilte die Behörde am Mittwoch mit, dass der Mann sich bereits am Montag gemeldet habe. Aus „ermittlungstaktischen Gründen“ könnten keine weiteren Angaben zu der Person oder einer möglichen Tatbeteiligung gemacht werden, sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner. Nach Informationen von Morgenpost Online soll es sich um einen 19-jährigen Mann handeln. Nach derzeitigen Erkenntnissen soll er sich zuerst mit Unterstützung eines Anwalts telefonisch bei der Staatsanwaltschaft gemeldet haben. Später sei der junge Mann dann persönlich mit seinem Anwalt erschienen. Derzeit werde er noch vernommen.

Der Tod des gelernten Kochs schockte die ganze Stadt. Erst am vergangenen Montag hatten fast 1000 Menschen im Rahmen einer spontanen Mahnwache an der Unglücksstelle am Kaiserdamm des Sohns italienischer Eltern gedacht. Der 23-Jährige war in der Nacht zu Sonnabend mit seinem Freund Raoul S. im U-Bahnhof Kaiserdamm von drei jungen Männern zuerst verbal und später körperlich attackiert worden. Die drei sollen die beiden nach Zigaretten gefragt haben und schon zu diesem Zeitpunkt in einer aggressiven Stimmung gewesen sein. Im Laufe der Pöbeleien muss es dann zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen sein. Schließlich flüchteten die beiden aus dem Bahnhof. Während Raoul S. sich in Sicherheit bringen konnte, rannte Giuseppe M. auf die Fahrbahn des Kaiserdamms und wurde von einem VW erfasst. Giuseppe M. wurde durch die Luft geschleudert und prallte gegen eine Ampelanlage. Raoul S. versuchte noch, mit Reanimationsmaßnahmen seinem Freund zu helfen. Doch vergeblich. Er starb noch am Unfallort. Der Fahrer aus Ingolstadt erlitt einen schweren Schock.

Verdächtige weiter in U-Haft

Noch am Sonnabend meldeten sich zwei der mutmaßlichen U-Bahn-Schläger bei der Polizei. Es handelt sich um Ali T. (21) und Baris B. (22) aus Neukölln. Die beiden jungen Männer türkischer Abstammung gaben zu, in den Fall verwickelt gewesen zu sein. Sie machten umfangreiche Angaben zu dem Vorfall, ohne allerdings eine Schuld einzugestehen. Sie bestritten, verantwortlich für den Tod von Giuseppe M. zu sein. Zudem wurde bekannt, dass die Verdächtigen zur Tatzeit betrunken gewesen sein sollen. Die beiden sind bereits wegen Diebstahls, gefährlicher Körperverletzung und mehrerer Raubüberfälle bei der Polizei bekannt.

Einen Tag später erließ ein Haftrichter Haftbefehl gegen Ali T. und Baris B. wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Sie sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Angaben zu dem dritten Tatbeteiligten sollen sie nicht gemacht haben.

Für Verwirrung sorgte noch am Dienstag die Meldung, dass die Polizei nach dem dritten Beteiligten, der ursprünglich ebenfalls als Tatverdächtiger gesucht wurde, nur noch als Zeugen suche. Eine Nachrichtenagentur zitierte einen Polizeisprecher, dass die „Ermittlungen dazu geführt“ hätten. Ob der 19-Jährige nun als Zeuge oder als Tatverdächtiger vernommen werde, dazu wollte die Staatsanwaltschaft keine Stellung nehmen.

Giuseppe M. galt nach Aussagen von Freunden und Bekannten als friedfertiger Mensch. „Giuseppe war keiner, der Streit gesucht hat“, sagt eine Bekannte. Ein ehemaliger Mitarbeiter, der im Restaurant von Giuseppes Vater gearbeitet hatte, sagte Morgenpost Online: „Giuseppe liebte die Musik und den Sport. Er wollte einfach nur sein Leben leben.“ Auch er betont, dass der junge Mann nie die Konfrontation gesucht habe. Auf seine bevorstehende Ausbildung bei den Gebirgsjägern in Bayern habe er sich sehr gefreut.

Noch am Sonnabend hätte sich Giuseppe eigentlich von seinen Freunden im Rahmen einer privaten Feier verabschieden wollen.

„Absolute Sicherheit gibt es nicht“

Dass zumindest zwei der mutmaßlichen U-Bahn-Schläger unmittelbar nach der Tat in Untersuchungshaft gekommen waren, begrüßt der CDU-Innenexperte im Berliner Abgeordnetenhaus, Peter Trapp. „Bei der Vorbelastung war ein Haftbefehl korrekt“, so Trapp. Er erhoffe sich, dass durch solche Maßnahmen zukünftige potenzielle Gewalttäter abgeschreckt werden und der „eine oder andere zur Besinnung“ kommt, so Trapp. Forderungen nach mehr Sicherheitskräften im öffentlichen Nahverkehr sieht der SPD-Politiker Thomas Kleineidam kritisch. „Ich glaube nicht, dass mehr Personal diesen Vorfall hätte verhindern können“, sagte er. Absolute Sicherheit könne nicht garantiert werden. „Es wäre unseriös, diesen Eindruck erwecken zu wollen“, so Kleineidam.