Das Berliner Verwaltungsgericht hat die bisherige Praxis zum Einschulungsbereich im Losverfahren für rechtswidrig erklärt. Das Gericht stärkt damit die Rechte der Eltern ihre Kind auf eine Wunschschule schicken zu können.
Der Weg von der Papageno-Grundschule in der Bergstraße im Bezirk Mitte bis zur Heinrich-Seidel-Grundschule unterhalb des S-Bahnhofs Gesundbrunnen ist 2,4 Kilometer lang. Der Routenplaner der Internetsuchmaschine Google schätzt, dass ein normaler Erwachsener diese Strecke zu Fuß in einer halben Stunde zurücklegt. Ein Kind braucht länger und es muss auf diesem Weg die vielbefahrene Brunnenstraße überqueren.
Trotzdem war es bisher möglich, ein Kind, das in der Nähe der Heinrich-Seidel-Grundschule wohnt, der Papageno-Grundschule zuzuordnen. Denn die beiden Schulen sind zusammen mit sechs weiteren Grundschulen in einem Einschulungsbereich und damit für alle Kinder in einem Radius von fünf Kilometern gemeinsam zuständig. Das Verwaltungsgericht Berlin befand die Regelung für rechtswidrig. Zwar dürfen in Berlin laut geltendem Gesetz nahe beieinanderliegende Schulen ihre Schüler gemeinsam auswählen. Trotzdem hat jedes Kind ein Recht auf einen altersangemessenen Schulweg. Der darf nicht länger als tausend Meter sein.
Fünf Eltern hatten gegen die Einschulung ihrer Kinder in eine entfernt liegende Grundschule geklagt. „Es stellte sich heraus, dass Schüler an einer Grundschule im Losverfahren angenommen worden sind, die einen längeren Schulweg haben als näher wohnende Bewerber, die ebenfalls am Losverfahren teilgenommen haben“, sagte ein Sprecher des Verwaltungsgerichts.
Dies sei so nicht erlaubt, die Schulen hätten trotz gemeinsamen Einschulungsbereich auf den kurzen Schulweg zu achten. Es gelte das Prinzip „Kurze Beine, kurze Wege.“
Generell sei das Schulgesetz vom Verwaltungsgericht nicht angezweifelt worden, der Gesetzestext muss vom Senat nicht verändert werden. „Es ist erlaubt, dass sich mehrere Schulen an einem Standort zusammenschließen“, sagte der Gerichtssprecher. Im Bezirk Mitte sind 35 der örtlichen Grundschulen in zehn Einschulungsbereiche unterteilt. „Damit können die Eltern ja innerhalb eines Einschulungsbereichs ihre Wunschschule auswählen“, macht Bildungsstadträtin Petra Schrader (Linke) den Vorteil deutlich. Die Erfahrung der letzten Jahre zeige allerdings, dass Schulen wie die Grundschule am Arkonaplatz, die am Koppenplatz und die Papageno-Grundschule übernachgefragt seien, während andernorts Kinder ausblieben.
Der Bezirk hat innerhalb von zwei Wochen noch die Gelegenheit, beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Beschwerde gegen den Beschluss einzulegen, bevor dieser rechtskräftig wird und die Schüler von ihrer Wunschschule aufgenommen werden müssen. „Wir werden die Möglichkeit einer Beschwerde prüfen“, kündigt Petra Schrader an.
Der Sieg der Eltern vor dem Verwaltungsgericht, dürfte weitere Antragssteller freuen. Diese klagen in einem weiteren Eilverfahren gegen den Einschulungsbereich der Moabiter Schule, der Anne-Frank-Schule und der Kurt-Tucholsky-Schule in Mitte. „In diesem Fall ist ein ähnliches Ergebnis zu erwarten“, sagt der Gerichtssprecher.