Es ist eine Debatte, die seit Jahrzehnten andauert. Nun hat der Bundestag sich mit seiner Zusage über 590 Millionen Euro für den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses festgelegt. Eine Garantie für die vollständige Umsetzung des Baus ist das aber nicht.

Die Humboldt-Box auf dem Schloßplatz in Mitte kommt bei Berlinern und Touristen gut an. In der ersten Woche besuchten mehr als 12.000 Besucher die auffällige Info-Box gegenüber dem Dom, in dem die späteren Nutzer ihre Konzepte für das historische Gebäude vorstellen, das in acht Jahren fertig sein soll. Doch ob das dort gezeigte Schloss im Jahr 2018 auch tatsächlich so aussehen wird, ist nach der Entscheidung des Bundestags, die Mittel für den Schlossbau freizugeben, weiter unklar.

Zwar gaben die Parlamentarier am Mittwoch grünes Licht für den Wiederaufbau des Schlosses, allerdings setzten sie die Kostenobergrenze auf 590 Millionen Euro fest. Den Wunsch der Schlossstiftung, auch die Kuppel und drei historische Portale in den Entwurf aufzunehmen, nahmen die Bundeshaushälter lediglich „zur Kenntnis“, wie es in dem von CDU/CSU, SPD, Grünen und der FDP beschlossenen Antrag heißt. Das Geld dafür muss aus Spenden bestritten werden. Ohnehin planen die Schlossbauer mit 80 Millionen Euro Spenden, zusätzlich müssen jetzt noch 28,5 Millionen Euro für die Kuppel und die Portale aufgetrieben werden.

Berlins Kulturstaatssekretär André Schmitz will sich damit nicht zufrieden geben. „Das kann nicht das letzte Wort sein“, sagte er am Mittwoch. Denn es ist mehr als fraglich, ob die Finanzierung durch Spenden gelingt. Der Förderverein Berliner Schloss, der durch eine riesige Simulation der Hohenzollernresidenz auf dem Schloßplatz die Debatte einst ins Rollen gebracht hatte, konnte bisher erst 15 Millionen Euro an Spendengeldern sammeln. Die Spendensammler hoffen allerdings, dass die Bereitschaft, sich am Wiederaufbau des Schlosses zu beteiligen, künftig zunimmt. Nimmt das Schloss nach all den Debatten erst einmal wirklich Gestalt an, wächst auch die Spendierfreude der Bürger, so das Kalkül. Vorsorglich haben der Förderverein in der vor einer Woche eröffneten Info-Box auf dem Schloßplatz einen Spendenautomat aufgestellt. Er spuckt die Quittung fürs Finanzamt auf Knopfdruck gleich aus.

Die CDU begrüßte am Mittwoch den Kompromiss. „Auf Initiative von CDU/CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen wird ausdrücklich von Anfang an bei Fundament und Statik des Gebäudes der Bau der Kuppel berücksichtigt“, sagte die Berliner Abgeordnete im Bundestag und Haushaltsexpertin, Stefanie Vogelsang. So kann der komplette Wiederaufbau möglicherweise doch verwirklicht werden – sollte das Spendengeld fließen.

Die Bundeshaushälter beschlossen am Mittwoch, die wegen der Verzögerung des Baubeginns gestiegenen Baukosten und die Risikovorsorge in Höhe von 30 Millionen Euro bereitzustellen. Im Juni 2010 hatte die Bundesregierung beschlossen, aus Spargründen den Baubeginn von 2011 auf 2014 zu verschieben. Das rächt sich jetzt: In den aktuellen Unterlagen wird nachgewiesen, dass aufgrund der achtprozentigen Kostensteigerungen im Baugewerbe seit 2007 die ursprünglichen Baukosten nicht zu halten sind. Auch die Einsparungen in Höhe von 42 Millionen Euro am Wettbewerbsentwurf von Franco Stella können daran nichts mehr ändern. So bleiben laut Prüfergebnis des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) die reinen Baukosten zwar knapp unter der Marke von 550 Millionen Euro. Jedoch kommen jetzt die 30 Millionen für die Risikovorsorge dazu, knapp zwei Millionen für die wirtschaftliche Energieversorgung durch Erdwärme. Auch die Auflagen des Denkmalschutzes, durch ein begehbares „Archäologisches Fenster“ die Fundamente des 1950 gesprengten Schlosses zu erhalten, führen zu Mehrkosten.

Zur Erinnerung: Beschlossen ist lediglich die Rekonstruktion der Schlossfassade an drei Seiten des Gebäudes. Mit 15 Millionen Euro ist der größte Posten dabei die vollständige Rekonstruktion der barocken Außenhülle der Schlosskuppel. Ebenso setzt sich das Ministerium, den Empfehlungen des Bauherren und des Stiftungsrates „Berliner Schloss – Humboldt-Forum“ folgend, dafür ein, dass auch die Portale II und IV inklusive der Durchgänge nach historischem Vorbild wiedererstehen sollen (4,4 Millionen Euro). Allein für das prächtige Portal III, das sogenannte Eosanderportal, wären weitere 5,8 Millionen Euro erforderlich. Der Stiftungsrat hätte außerdem gern ein Dachcafé. Das macht inklusive der Zugänge weitere 3,3 Millionen Euro.

Langer Streit um Wiederaufbau

Über die Zukunft des Berliner Schloßplatzes mit mehr als 500 Jahren Vergangenheit wird seit Jahrzehnten gestritten. Die Grundsteinlegung für eine Burg an der Spree erfolgte 1443. 1699 wurde mit dem Schlossbau begonnen. 151 Jahre später erhielt das Schloss mit der Kuppel seine endgültige Form. Nach mehreren Bombenangriffen brannte das Schloss 1945 fast vollständig aus. Fünf Jahre später ließ SED-Chef Walter Ulbricht die Schlossruine sprengen. 25 Jahre später entstand auf dem Platz der Palast der Republik. 1990 wurde der Palast wegen Asbestverseuchung geschlossen, in den Jahren 2006 bis 2008 erfolgte der Abriss.

Die neue Info-Box enthält ein Modell des unzerstörten Vorkriegs-Berlin samt Stadtschloss aus dem Jahr 1900. Von der Terrasse im obersten Stockwerk haben die Besucher einen Ausblick auf den Schloßplatz. Die Terrasse kann auch für private Veranstaltungen gebucht werden. Der Eintritt in die Ausstellung der Humboldt-Box kostet bis zum 15. August zwei, danach vier Euro.