„Diese Transporte kommen richtig sauber“ – steht auf dem Lastkraftwagen der Meyer & Meyer Holding. Der Motor läuft. „Hören Sie etwas?“, fragt Firmenchef Rolf Meyer. Tatsächlich ist nur ein ganz leichtes Summen zu hören. Der Lieferwagen fährt mit Batterieantrieb. Zwei dieser Wagen hat Meyer seit einiger Zeit im Einsatz. Der Spediteur ist Projektpartner der Modellregion Elektromobilität, die jetzt von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) vorgestellt wurde. Ziel des Projekts ist es, in einem ersten Schritt den Lieferverkehr in Berlin auf leisere und umweltfreundlichere Elektrofahrzeuge umzustellen. Damit sollen vor allem Wohngebiete an Einkaufsstraßen von Lärm und Abgasen entlastet werden.
Schaufenster von Elektromobilität
Das Projekt wurde Ende März mit der Einrichtung eines sogenannten Laborgebietes zwischen Steglitz und Friedenau gestartet. Es erstreckt sich vom Rathaus Steglitz bis zur S-Bahn am Innsbrucker Platz und vom Rüdesheimer Platz bis zur Westtangente. In dem Gebiet sollen verschiedene technische Neuerungen entwickelt, erprobt, demonstriert und untersucht werden. Diese Region wird „als nationales Kompetenzzentrum und internationaler ‚Showroom‘ des Elektroverkehrs etabliert“, sagte Senatorin Junge-Reyer. Mit der Einrichtung des Laborgebietes in Steglitz-Friedenau gehe ein wichtiger Baustein des Aktionsprogramms Elektromobilität Berlin 2020 in die Umsetzung. Das Aktionsprogramm hatte der Senat bereits am 22. März beschlossen.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Verkehr hat bereits eine erste Untersuchung des Lieferverkehrs durchgeführt. Die Geschäftsleute haben eine Woche lang Protokoll geführt, an welchen Tagen und zu welchen Zeiten ihre Läden mit Waren beliefert werden. Ergebnis der Datenerhebung ist, dass die meisten der Händler am Donnerstag und Freitag sowie um die Mittagszeit angefahren werden. Diese Ballung zu bestimmten Zeiten soll entzerrt werden. „Wir wollen untersuchen, ob Kühlschränke, Waschmaschinen und T-Shirts durch leise und saubere Elektrolastwagen in den verkehrsarmen Randstunden des Tages angeliefert werden können“, sagte Junge-Reyer. Die Lieferwagen, die keinen zusätzlichen Lärm verursachen, könnten zum Beispiel vor und nach Ladenschluss durch Wohngebiete fahren und dadurch den Verkehr am Tag in den Vierteln entlasten. Das werde gerade für die Einkaufszentren der Schloß- und Rheinstraße von Vorteil sein.
Neben der Spedition von Rolf Meyer ist auch die Deutsche Post DHL mit zwei Elektroautos bei dem Pilotversuch in Steglitz und Friedenau dabei. „Wir haben bereits positive Erfahrungen mit den Fahrzeugen gemacht“, sagte Post-Sprecher Rolf Schulz. Sie ließen sich leicht lenken, und auch die Reichweiten seien akzeptabel. Dennoch müsse sich die Technik noch weiterentwickeln. „Die schwere Batterie nimmt noch zu viel Ladevolumen weg“, sagte Schulz. Die Fahrzeuge waren kürzlich auch vor dem Bundesverkehrsministerium in Mitte vorgestellt worden.
Auch das Land will Geld dazugeben
Für 2012 will der Senat das Projekt auch mit Geld aus dem Landesetat absichern. Über die Höhe der Förderung machte Ingeborg Junge-Reyer keine Angaben. Für die Jahre 2013/14 hofft die Politikerin auch auf Geld vom Bund. „Wir müssen überlegen, wie der Alltag in Berlin in zehn oder 20 Jahren aussehen soll. Wir müssen uns die Zeit nehmen, Dinge zu testen und reifen zu lassen“, sagte Steglitz-Zehlendorfs Wirtschaftsstadträtin Barbara Loht (SPD). Um den Alltag in zehn oder zwanzig Jahren zu meistern, sei es richtig, dass die Schloßstraße jetzt zum Innovationslabor für Elektromobilität wird. „Wir wollen sehen, ob dieses Modell Anklang findet, und wir wollen Transportunternehmen und Geschäftsinhaber für dieses nachhaltige Logistikkonzept begeistern“, so Barbara Loth.