Der Flughafen BBI wird kein Lufthansa-Drehkreuz. Das könnte auch Auswirkungen auf den Streit um die Flugrouten haben. Sollten weniger Flugzeuge als bislang geplant abheben, gäbe es auch weniger Sicherheitsaspekte, die für das Umfliegen des Berliner Südwestens sprechen.

Die Lufthansa will am neuen Hauptstadtflughafen in Schönefeld kein Drehkreuz für Umsteigeflüge einrichten. „Wir haben mit Frankfurt und München bereits zwei Mega-Drehkreuze“, sagte Vorstandschef Christoph Franz. „Wir sprechen aber mit unseren Star-Alliance Partnern wie United, Continental und anderen, dass die mit ihren Langstrecken nach Berlin fliegen.“ Die Lufthansa hatte eigentlich angekündigt, ihr Engagement in Schönefeld ausbauen zu wollen, wenn der neue Flughafen in Betrieb ist.

„Wir begrüßen die Entscheidung der Lufthansa, für ihre Airline kein Drehkreuz in Schönefeld einzurichten“, sagte der Präsident des Verbandes Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN), Peter Ohm. „Sie widerspiegelt die realistische Sicht, dass der neue Airport am Stadtrand von Berlin nicht die Voraussetzungen für eine solche Dimension bietet.“ Die Stadtnähe des Flughafens sei politisch gewollt gewesen und habe dabei die Rechte der Anwohner auf Schutz vor gesundheitlich schädlichem Fluglärm überrollt. „Die massiven Proteste der Bürger sind nur ein Vorgeschmack dessen, was die zukünftige Verlärmung von großflächigen Wohngebieten auch im Berliner Stadtgebiet an Konfliktpotenzial noch über die geplante Eröffnung des Großflughafens im Juni 2012 dauerhaft bereithält“, sagte Ohm.

Der Verband bleibt bei seinem Standpunkt, dass Schönefeld als großes internationales Luftfahrt-Drehkreuz nicht geeignet ist. „Der VDGN fordert, wie die Bürgerinitiativen, ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr“, so Ohm. Der Verband rief den Regierenden Bürgermeister und Flughafen-Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Wowereit (SPD) auf, den Verzicht der Lufthansa zum Anlass zu nehmen „und sich von seinen Phantastereien eines BBI-Drehkreuzes zu verabschieden“, so Ohm.

Streit ist noch nicht beigelegt

Das könnte auch Auswirkungen auf den Streit um die umstrittenen Flugrouten Richtung Westen haben. Sollten weniger Flugzeuge als bislang geplant vom neuen Flughafen starten, gebe es weniger Sicherheitsaspekte, die für das Umfliegen des Berliner Südwestens sprechen, argumentieren die Bürgerinitiativen gegen Fluglärm. Sie fordern Flugrouten, die westlich des Berliner Ringes entlang Richtung Norden führen. Dann wäre Wannsee und Potsdam nicht von Fluglärm betroffen.

Die FDP sieht den Streit allerdings noch lange nicht am Ende. „Ich glaube, dass man am entscheidenden Punkt angekommen ist, an dem am härtesten gekämpft wird“, sagte der FDP-Abgeordnete Klaus-Peter von Lüdeke. „Die betroffenen Parteien werden sich so schnell nicht einigen, das war abzusehen“, sagte von Lüdeke. „Auch ich bin nicht davon begeistert, dass Flugzeuge über den Wannsee fliegen, aber es spielen natürlich auch sicherheitsrelevante Fragen eine Rolle.“ Jetzt müssten die Fachleute erklären, was geht und was nicht. Natürlich bestehe der politische Wunsch, dass möglichst wenig Menschen von Fluglärm betroffen seien.

Die Deutsche Flugsicherung zeigte sich am Dienstag zurückhaltend. „Wir können dem Ergebnis nicht vorgreifen“, sagte DFS-Sprecherin Kristina Kelek. Die Sicherheit der An- und Abflüge stehe im Vordergrund. Alles andere werde genau unter allen Aspekten – auch des Lärmschutzes – abgewogen. Die Lufthansa will sich zu dem Streit um die Flugrouten nicht äußern. „Wir müssen das fliegen, was die Flugsicherung uns vorgibt“, sagte der Berliner Lufthansa-Sprecher, Wolfgang Weber.

Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) begrüßte den Beschluss der Kommission. „Ich bin froh, dass sich die Fluglärmkommission auf eine Empfehlung verständigt hat“, sagte Junge-Reyer. „Nun muss das weitere Verhalten der Flugsicherung abgewartet werden. Ich gehe davon aus, dass die Deutsche Flugsicherung sich die Empfehlung der Fluglärmkommission sehr genau anschauen wird.“ Ihrer Meinung nach habe sich die Flugsicherung nicht ablehnend geäußert. „Ich glaube aber, dass sie genau die Kosten und Emissionen prüfen wird, die sich aus einer Umsetzung des Vorschlags der Fluglärmkommission ergeben werden.“

Für den Senat sei erst einmal wichtig, dass die Arbeit der Fluglärmkommission ein Ergebnis hat, sagte Senatssprecher Richard Meng am Dienstag. „Unser Ziel bleibt, dass möglichst wenig Menschen mit möglichst wenig Fluglärm belastet werden.“ Allerdings werde es nicht so sein, dass niemand mehr belastet werde.

Am Tag zuvor hatten bereits CDU und Grüne den Kompromiss der Fluglärmkommission begrüßt. „Diese Entscheidung ist ein großer Erfolg für die Initiative ‚Keine Flugrouten über Berlin'“, so CDU-Landes- und Fraktionschef Frank Henkel. „Sie ist aber vor allem ein riesiger Erfolg für alle Anwohner im Südwesten Berlins, in den südlichen Umlandgemeinden und in Potsdam.“ Auch die Grünen freuen sich über den Beschluss. „Das ist von den vorgelegten Routen die beste Lösung für die Betroffenen“, sagte Fraktionschef Volker Ratzmann.

Das Votum der Kommission sieht vor, dass Flugzeuge, die vom BBI nach Westen starten, aber ihr Ziel im Norden, Nordosten (zum Beispiel Skandinavien) oder Osten (Asien) haben, erst in diese Richtungen abdrehen dürfen, wenn sie den westlichen Berliner Ring (A10) bei Werder passiert haben. Überdies wurde mit 27 Ja-Stimmen bei neun Neinstimmen und drei Enthaltungen beschlossen, dass die Flugzeuge erst ab einer Höhe von 10.000 Fuß (3400 Meter) und damit in Höhe von Werder eine Freigabe von der Flugsicherung erhalten, um in Eigenregie abzudrehen. Wannsee, Potsdam, Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow und voraussichtlich auch die Havelgemeinden würden bei diesen Routen nicht überflogen.

Das sieht Junge-Reyer allerdings skeptisch. „Einer Empfehlung, dass erst in einer Höhe von 10.000 Fuß und nicht bereits in 5000 Fuß den Piloten freigegeben wird, wie sie weiterfliegen, einer solchen Empfehlung ist die Flugsicherung noch nie gefolgt“, sagte die Senatorin. Man müsse sehen, ob die Flugsicherung ihre Grundsätze ändere, weil die Flüge über dicht besiedelten Raum erfolgen.

Die Flugsicherung favorisiert das Auffächern der Maschinen bereits ab einer Höhe von 5000 Fuß (1700 Meter). Das hieße, Maschinen würden bereits in Höhe von Großbeeren nach Nordosten und Osten abdrehen und voraussichtlich über Stahnsdorf, Teltow, Kleinmachnow und Steglitz-Zehlendorf fliegen. Flugzeuge mit Ziel im Norden würden über der Wannseebrücke abdrehen. Flughafenchef Rainer Schwarz hält zusätzliche Sitzungen der Kommission für wahrscheinlich. Zunächst tagt die Kommission wieder am 23. Mai und am 6. Juni.