Das Opfer Cavit H. starb durch einen Stich ins Herz. Jugendliche prügelten sich wegen eines Schneeball-Wurfs kurz vor der Tat in Tegel. Ein 15-Jähriger gilt als Haupttäter und wurde dem Ermittlungsrichter vorgeführt.

Zwei Tage nach dem tödlichen Messerangriff im U-Bahnhof Wittenau sind die Ermittlungen der 4.Mordkommission einen entscheidenden Schritt weiter. Ein 15-Jähriger gilt nach derzeitigen Erkenntnissen als Haupttäter. Er wurde am Montagabend einem Ermittlungsrichter vorgeführt, der Untersuchungshaft wegen des Verdachts des Totschlags anordnete. Der Verdächtige wurde nach Polizeiangaben in einer Einrichtung in Brandenburg untergebracht, um ihn vor etwaigen Racheakten zu schützen.

Bei Jugendlichen seien die Voraussetzungen für die Unterbringung in Untersuchungshaft sehr streng, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner. Diese lägen bei dem 15-Jährigen nicht vor. So habe er beispielsweise einen festen Wohnsitz in Berlin.

Der 17 Jahre alte Schüler Cavit H. war in der Nacht zu Sonntag durch einen Messerstich getötet worden. Der entgegen ersten Erkenntnissen nicht libanesische, sondern türkisch-stämmige Schüler starb kurz nach der Tat in der Charité, Campus Virchow-Klinikum.

Offenbar können die Ermittler zur Rekonstruktion der Tat nicht auf die Aufnahmen einer Überwachungskamera am U-Bahnhof zurückgreifen. Demnach habe die Videokamera keine Aufnahmen speichern können, weil die angeschlossene Festplatte defekt war. Die Polizei hatte mehrere Jugendliche vorläufig festgenommen, bis auf den 15-Jährigen kamen sie wieder auf freien Fuß.

Der folgenschwere Streit hatte sich zwischen Mitgliedern zweier verfeindeter Jugendcliquen aus dem Märkischen Viertel und dem Tegeler Süden entzündet. Schon am Sonntag wurden fünf Jugendliche festgenommen, am Montag zwei weitere. Bis auf den 15-Jährigen kamen alle wieder frei. Laut Polizei werde gegen sie jedoch weiter ermittelt, weil sie als Beteiligte an der Schlägerei in Wittenau gelten.

Der 15 Jahre alte Malte D.* aus Tegel soll Cavit H. den tödlichen Messerstich in die Brust bei einer „Mann gegen Mann-Situation“ versetzt haben. Der Hintergrund für die folgenschwere Auseinandersetzung in Wittenau erscheint überaus banal. Nach Informationen Morgenpost Online hatte der Wurf eines Schneeballs an einer Bushaltestelle in Tegel am Sonnabendnachmittag eine erste Schlägerei zwischen den beiden Jugendgruppen ausgelöst. Dabei soll laut Polizei ein Jugendlicher zusammengeschlagen worden sein. Ein noch nicht identifizierter Passant hatte eingegriffen und die beiden Gruppen voneinander trennen können.

Wenige Stunden später trafen die Jugendlichen um Cavit H. und die Gruppe aus Tegel Süd am U-Bahnhof Wittenau erneut aufeinander. Innerhalb von Sekunden eskalierte nach Polizeiangaben eine mit Fäusten, Messern und Schreckschusswaffen und möglicherweise auch Baseballschlägern ausgetragene Schlägerei. Am Tatort wurden zwei Messer und eine Schreckschusspistole sichergestellt. Noch is unklar, wem die Waffen zuzuordnen sind. Die Polizei erklärte, es gebe keine Erkenntnisse, wonach die Jugendlichen in festen Strukturen organisiert wären oder ein Machtkampf Grund für das Gewaltverbrechen gewesen sei.

Die Ermittlungen führten schnell auf die Spur der Brüder Malte und Christoph D.* Die 15 und 17 Jahre alten Jungen aus der Bernauer Straße in Tegel und ihre 16 Jahre alte Schwester waren in Wittenau mitten im Tatgeschehen. Die Brüder wurden festgenommen.

Die Mutter der Jungen und ihr Lebensgefährte hatten angesichts der im Internet kursierenden Drohungen aus dem Umfeld des Opfers Polizeischutz beantragt. Seither werden Mannschafts- und Streifenwagen vor dem Wohnhaus gesichtet, in dem die Familie lebt.

Ein Zwischenfall vom Sonntag deutet darauf hin, dass das auch nötig ist: Nach Morgenpost-Informationen soll es noch in der Tatnacht zu einem ersten „Racheakt“ gekommen sein. Kurz nach 3 Uhr wurde ein Jugendlicher am Bottroper Weg im Süden Tegels durch einen Messerstich am Bein verletzt. Montagnachmittag fiel Anwohnern der Bernauer Straße eine Gruppe Jugendlicher auf, die offenbar mit dem Bus aus dem Märkischen Viertel eintraf und von der Polizei beobachtet wurde. Für Der Polizei war Malte D. wegen mehrerer Einbrüche bereits bekannt. Er war bis vor kurzem in einer Jugendeinrichtung untergebracht. * Namen geändert

Mit dpa