Eine Schlägerei zwischen verfeindeten Jugendlichen ist am U-Bahnhof Wittenau eskaliert. Ein 17-Jähriger wurde getötet. Inzwischen gab es fünf Festnahmen.

Bei einer Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen Jugendlicher ist in der Nacht zum Sonntag ein 17-Jähriger in Reinickendorf erstochen worden. Die Täter entkamen zunächst unerkannt. Doch bereits in den späten Abendstunden des Sonnabend wurden nach Informationen der Berliner Morgenpost erst zwei und einen Tag später nochmals drei Verdächtige festgenommen. Demnach befinden sich darunter auch zwei deutsche Intensivtäter aus Tegel. Der Hintergrund der tödlichen Auseinandersetzung ist offenbar ein länger dauernder Streit zwischen Jugendbanden aus Süd-Tegel und dem Märkischen Viertel. Die 4. Mordkommission ermittelt.

Gegen 21.15 Uhr hatten Zeugen am Sonnabend in der Bahnstation eine Schlägerei beobachtet, in die nach Polizeiangaben mindestens zehn Jugendliche verwickelt waren. Offenbar waren zwei Gruppen in dem U-Bahnhof aufeinander getroffen und in Streit geraten. Als kurz darauf die Polizei eintraf, waren alle Beteiligte bereits geflohen. Nur der 17-jährige Libanese Cavit H. wurde schwer verletzt im Eingangsbereich des Bahnhofs entdeckt. Rettungssanitäter konnten den Jugendlichen zunächst reanimieren und anschließend in ein Krankenhaus bringen. Dort kämpften die Ärzte auf der Intensivstation um das Leben des jungen Mannes – doch sie verloren diesen Kampf wenig später. Der 17-Jährige starb an seinen schweren Stichverletzungen im Oberkörper.

Blumen werden niedergelegt

Zur gleichen Zeit spielten sich dramatische Szenen auf dem Gelände des U-Bahnhofs ab. Freunde des Libanesen lagen sich in den Armen und weinten. Eine Angehörige des Opfers erschien am Tatort und brach dort zusammen. Sie wurde von von Rettungssanitätern der Feuerwehr versorgt. Am Sonntagnachmittag erschien die Freundin des Opfers am Tatort und entzündete eine Kerze. Zahllose abgelegte Blumen belegten die Anteilnahme von Freunden und Bekannten am Tod des 17-Jährigen, der die Thomas-Mann-Oberschule am Königshorster Weg im Märkischen Viertel besucht hatte.

Bereits in den frühen Morgenstunden des Sonntag soll die Mordkommission Hinweise auf zwei Männer aus Tegel als mutmaßliche Täter erhalten haben. Bei ihnen soll es sich um polizeibekannte Intensivtäter mit deutscher Staatsangehörigkeit handeln. Die Polizei wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern und verwies auf die laufenden Ermittlungen.

Augenzeugen zufolge soll während der Messerstecherei auch ein zweiter Jugendlicher verletzt worden sein, der jedoch vom Tatort flüchten konnte. Nach unbestätigten Angaben von Passanten könnten bis zu 20 Jugendliche an der Schlägerei beteiligt gewesen sein. Zeugen wollen auch Schüsse gehört und bewaffnete Jugendliche im Bahnhof gesehen haben. Ob Schreckschuss-, Gas- oder gar scharfe Munition abgefeuert wurde, ist nicht bekannt. Im Märkischen Viertel machte am Sonntag das Gerücht die Runde, dass die Angreifer vor dem U-Bahnhof aus einem Bus ausgestiegen und direkt auf das spätere Opfer zugegangen sein sollen. Dann sollen drei Schüsse aus einer Schreckschusswaffe abgefeuert worden sein. Sollte sich diese Darstellung bestätigen, könnte der Angriff juristisch als Mord gewertet werden. Auch hierzu wollte sich die Kriminalpolizei nicht äußern.

Die Schlägerei steht vermutlich im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen zwischen zwei verfeindeten Jugendgruppen. Jugendliche aus Tegel-Süd und dem Märkischen Viertel sollen sich seit geraumer Zeit um das Territorium des U- und S-Bahnhofes Wittenau streiten. Demnach halten sich beide Parteien täglich am Ausgang zum Märkischen Viertel auf und beanspruchen das Gebiet jeweils für sich. „Eigentlich“, so ein Polizist, „handelt es sich bei diesen Jugendlichen eher um Möchtegern-Gangster. Doch auch diese führen, wie man jetzt sehen konnte, Waffen wie Messer und Gaspistolen mit. Dass solche nichtige Streitigkeiten jetzt damit enden, dass ein junger Mann stirbt, zeigt einmal mehr, wie sehr die Gesellschaft verroht und wie groß die Gewaltbereitschaft schon bei unter 18-Jährigen ist.“

Die Ermittler der 4. Mordkommission haben erst vor wenigen Tagen einen vergleichbaren Fall rasch aufklären können. Einmal mehr hatten sich dabei die Videoaufnahmen in öffentlichen Nahverkehrsmitteln als hilfreich erwiesen. In der vergangenen Woche hatte ein 26-Jähriger eine Messerstecherei in Neukölln nur knapp überlebt. Durch eine Notoperation konnten Ärzte das Leben des Opfers retten. Der 26-Jährige war, wie berichtet, in der Nacht zu Mittwoch nach Streitigkeiten in einem Bus von zwei Angreifern verfolgt und auf der Treptower Straße niedergestochen worden. Nach der Auswertung von Videoaufnahmen aus dem Bus nahmen die Polizei einen 18 Jahre alten Hauptverdächtigen und einen 17 Jahre alten mutmaßlichen Komplizen fest.

Wut im Internet

Im Internet überschlugen sich am Wochenende die Einträge in einigen Portalen, nachdem der Tod des Libanesen bekannt geworden war. So schreibt ein Freund des 17-Jährigen: „ich weiß DU ! hast es nicht verdient glaub mir jeder mensch hat dich geliebt & alle stehen jetzt hinter dir diese jungs werden bereuen das sie sich mit Ausländer oder besser gesagt mit dir angelegt haben sie können nie wider alleine ein schritt auf die staße machen glaub mir.“ Eine 16-Jährige wird noch deutlicher: „ich kann es gar nicht glauben wieso grate du ich versteh es nicht du warst so sein toller mensch wir brauchen dich doch alles hier bitte komm wieder zurück welcher hurensohn hat dir sowas angetahn wir werden ihn finden und dich alle rechen.“