Protest gegen Rechts

Randale nach Ende des Gedenkzuges

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Aufgeheizte Stimmung bei Gedenkdemo

Zu der Gedenkdemonstration für den 1992 von Neonazis ermordeten Silvio Meier sind etwa 2000 Menschen gekommen. Die Stimmung bei der Demo ist angespannt, da es im Vorfeld Festnahmen in der linken Szene gegeben hat.

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Mehrere Tausend Menschen haben in Friedrichshain im Gedenken an den von Neo-Nazis erstochenen Silvio Meier demonstriert. Nahe dem Boxhagener Platz beendeten die Veranstalter überraschend den Gedenkzug. Daraufhin gab es Randale.

Bei einer Demonstration zum 17. Todestag des von Rechtsextremisten getöteten Silvio Meier ist es am Samstagabend in Berlin-Friedrichshain zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen. Einige der teils vermummten Teilnehmer der Demonstration warfen Flaschen und Steine auf die Einsatzkräfte, immer wieder wurden Feuerwerkskörper gezündet. Die Bilanz des Abends: 15 Festnahmen wegen schweren Landfriedensbruch, Widerstand und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Zehn Polizeibeamte wurden leicht verletzt, sechs Fahrzeuge beschädigt.

Nachdem sich zunächst einige Hundert Menschen zur Mahnwache versammelt hatten, sprach die Polizei schließlich von rund 2000 Teilnehmern am Demonstrationszug, nach Angaben der Veranstalter von der Antifaschistische Linke Berlin (ALB) hatten sich etwa 3000 Demonstranten versammelt. Ausgangspunkt für die Tumulte war dann offenbar das plötzliche Ende des Gedenkzuges ohne Absprache mit der Polizei. Daraufhin stürmte eine Gruppe von etwa 800 Personen in die Simon-Dach-Straße, aus dieser Gruppe heraus wurden dort postierte Polizeieinheiten mit Flaschen und Steinen beworfen. Nach kurzer Zeit hatte die Polizei die Lage allerdings wieder unter Kontrolle, die Demonstrationsteilnehmer zogen in verschiedene Richtungen ab. Probleme bereiteten lediglich noch Anwohner, die von den Dächern umliegender Häuser Feuerwerkskörper abschossen.

Die Veranstalter sagten, sie hätten den Zug wegen des "brutales Vorgehens" der Polizei beendet. Beamte seien gegen mehrere Demonstranten mit Fußtritten und Faustschlägen vorgegangen, sagte ein Sprecher der Gruppierung. Anlass für das Eingreifen der Polizei war wahrscheinlich, dass einige Demonstranten von der vorgegebenen Route abweichen wollten. Aus einer etwa 800 Personen umfassenden Gruppe flogen kurz darauf die Steine und Flaschen gegen die Beamten.

Am Boxhagener Platz war gegen 18.30 Uhr Schluss, dabei hatte der Zug eigentlich zur Warschauer Straße führen sollen. In der Niederbarnimstraße kam es zu Ausschreitungen. „Im Großen und Ganzen haben wir die Lage voll im Griff“, sagte ein Polizeisprecher. Rund 900 Polizeibeamte waren im Einsatz. Gegen 20.30 Uhr herrschte wieder Ruhe, Polizisten blieben weiter in den Straßen in Friedrichshain präsent.

Unter dem Motto „Enough is enough - Linke Freiräume schaffen, gegen Nazis, Staat und Kapital“ waren die Teilnehmer vom U-Bahnhof Samariterstraße aus Richtung Warschauer Straße gezogen. Am Startpunkt war der Hausbesetzer Meier 1992 von einem Neonazi erstochen worden.

An brisanten Punkten, wie zum Beispiel nahe besetzter Häuser oder Treffpunkten von Rechtsextremen, zeigte die Polizei keine besondere Präsenz sondern hielt sich in Alarmbereitschaft.

Auf Plakaten forderten die Teilnehmer „Kein Vergeben, kein Vergessen“ und „Hände weg von unseren Projekten“. Immer wieder wurden aus dem Demonstrationszug Feuerwerkskörper gezündet. Auch von Dächern besetzter Häuser aus wurden Feuerwerkskörper und bengalische Lichter gezündet. Einige Demonstranten warfen Bauzäune um. Doch im Großen und Ganzen blieb es bis zum Ende der Demonstration ruhig.

Die Demonstration führte unter anderem zu der in rechtsextremen Kreisen beliebten Diskothek Jeton. Dort forderte eine Sprecherin, dass „Friedrichshain nicht zu einem Erlebnispark rechter Gewalt“ werden dürfe. Im Anschluss führte die Demo-Strecke zu einem Szeneladen in der Petersburger Straße sowie einem besetzten Haus in der Liebigstraße. An der von der Linken-Politikerin Evrim Baba angemeldeten Kundgebung nahm unter anderem die Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch (Linke) teil.

Im Vorfeld der Demonstration war die Stimmung bereits besonders aufgeheizt, da die Polizei einen mutmaßlichen Autobrandstifter verhaftet und besetzte Häuser durchsucht hatte . Zudem gab es Auseinandersetzungen zwischen Linken und Rechten . Erst am Donnerstag hatten Linksextreme Steine auf eine Kneipe in Niederschöneweide geworfen, die als Treffpunkt der Neonazi-Szene bekannt ist. Bei einer anschließenden Verfolgungsjagd verletzten Gäste einen 19-Jährigen leicht.

In den Vorjahren hatte es bei der Demonstration immer wieder Rangeleien von Linksextremen mit der Polizei gegeben. Zu Meiers 16. Todestag im vergangenen Jahr hatten sich 1200 Menschen an der Gedenkdemonstration beteiligt. Es hatte sieben vorläufige Festnahmen gegeben.

( hhn/dpa/plet/sh )