Berliner Wasserbetriebe

RWE will über Anteilsverkauf verhandeln

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Katrin Schoelkopf

RWE, einer der beiden privaten Eigentümer der Berliner Wasserbetriebe, schließt einen Verkauf von Unternehmensanteilen an das Land nicht mehr aus. Offenbar war der Druck zu groß.

Der Energieversorger RWE ist zu Gesprächen über den Verkauf seiner Anteile an den Berliner Wasserbetrieben bereit. Damit beugt sich der Energieriese offenbar dem Druck des Berliner Senats, der die umstrittene Teilprivatisierung der Wasserbetriebe aus dem Jahr 1999 rückgängig machen will. Das Land hatte nach Informationen von Morgenpost Online in den vergangenen Tagen das Gespräch mit der RWE gesucht.

„Wir stehen zu Gesprächen über einen möglichen Verkauf bereit“, sagte RWE-Sprecherin Annett Urbaczka am Sonnabend. Unternehmerisch gesehen wolle der Konzern seine Anteile eigentlich behalten. „Wenn aber unsere Beteiligung nicht erwünscht ist, verschließen wir uns Gesprächen nicht.“ Erste Sondierungen habe es im Rahmen ganz normaler Kontakte bereits gegeben. „Wir sind aber nicht in konkreten Verkaufsverhandlungen“, sagte die RWE-Sprecherin.

Veolia will nicht verkaufen

Auf dem Parteitag der Berliner SPD am vergangenen Wochenende hatte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) im Falle von Verkaufsabsichten der Privaten angekündigt, dass Berlin einen Erwerb „ernsthaft prüfen“ werde. Neben RWE ist der Mischkonzern Veolia privater Anteilseigner an den Wasserbetrieben. Dessen Sprecher Matthias Kolbeck machte unmissverständlich klar, dass Veolia keine Verkaufsabsichten habe. „Bei Veolia steht ein Verkauf nicht auf der Tagesordnung. Wir bleiben bei einem Nein“, sagte Kolbeck Morgenpost Online.

Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) wollte sich am Sonnabend zu konkreten Verkaufsgesprächen mit RWE nicht äußern. „Der Senator führt regelmäßig Gespräche mit den Anteilseignern“, sagte sein Sprecher Stephan Schulz lediglich. „Es ist bekannt, dass Berlin Interesse an einem Rückkauf der Anteile an den Wasserbetrieben hat.“ Fragen zu den Vorteilen für den Steuerzahler und Wasserkunden durch eine 100-prozentige Rekommunalisierung nannte Schulz „spekulativ“. „Daher beantworten wir sie auch nicht.“

RWE und Veolia halten je 24,95 Prozent an den Wasserbetrieben. Diese waren 1999 vom schwarz-roten Senat unter Eberhard Diepgen (CDU) zu 49,9 Prozent teilprivatisiert und für damals 3,3 Milliarden Mark an die privaten Investoren RWE und Veolia verkauft worden. Die Verträge gelten bis 2028. Seit der Teilprivatisierung stieg der Trinkwasserpreis kontinuierlich von 1,76 Euro auf 2,17 Euro je Kubikmeter an und verschaffte den Privaten wie auch dem Land Berlin als Mehrheitsgesellschafter kräftige Gewinne. Derzeit prüft das Kartellamt, ob der Wasserpreis in Berlin überhöht ist.

Während RWE sich Verkaufsgesprächen offenbar nicht mehr verschließt, erklärte sich Veolia nur bereit, über die Modernisierung der Wasserverträge mit dem Senat zu verhandeln. Der Konzern werde sein Engagement in Berlin fortsetzen, sei aber einverstanden, mit dem Senat über die Vertragsmodalitäten zu sprechen, sagte Veolia-Sprecher Kolbeck. Gesprächsbereitschaft habe der Konzern aber bereits vor einem Jahr und zuletzt erst wieder im März 2010 bei Konsultationen über die Offenlegung der umstrittenen Verträge signalisiert.

Nach jahrelangen Differenzen hatten sich der Senat und die privaten Anteilseigner am 10. November darauf verständigt, die Vereinbarung der Konsortialverträge von 1999 mit allen Anlagen und Änderungsvereinbarungen zu veröffentlichen . Damit kamen sie einer Forderung des Volksbegehrens „Schluss mit Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück“ nach, das von mehr als 280.000 Berlinern unterschrieben wurde. Die Initiatoren vom „Berliner Wassertisch“ wollen aber trotz der Veröffentlichung an dem Volksentscheid festhalten, der im ersten Quartal 2011 stattfinden soll.

Unterdessen ist ein Rechtsgutachten aufgetaucht, das die Wasserverträge nach Angaben der Tageszeitung „taz“ als verfassungswidrig und damit unwirksam einstuft. Nach Auskunft der Senatswirtschaftsverwaltung aber ist das Gutachten „zu vage“, um damit gegen die Verträge Erfolg versprechend vor Gericht ziehen zu können.

Klageweg ist zu riskant

Die Expertise hatte der Rechtsanwalt Matthias Zieger im November 2003 im Auftrag der SPD erstellt. Insbesondere die in den Wasserverträgen vom Land Berlin zugesagte Gewinngarantie für die privaten Anteilseigner sah Zieger als verfassungswidrig an. „Es handelt sich dabei nur um ein Kurzgutachten, das auf sehr wackeligen Füßen steht“, sagte der Sprecher von Wirtschaftssenator Harald Wolf. So sei der Gutachter in seiner Schlussfolgerung keineswegs sicher gewesen und habe „extrem vage“ formuliert. Senator Wolf habe die von Zieger aufgeworfene Rechtsfrage „unter Berücksichtigung weiterer Rechtsgutachten renommierter Anwaltskanzleien“ überprüfen lassen und sei zu dem Schluss gekommen, dass die Wasserverträge wirksam sind, sagte Schulz.

Da der Klageweg offenbar zu riskant erschien, wurde dieser weder von der SPD noch dem Senat eingeschlagen. Stattdessen wird die vollständige Übernahme der Wasserbetriebe durch das Land Berlin vorangetrieben. Offen ist, wie der Rückkauf der privaten Anteile finanziert werden soll.