Anschläge in Friedrichshain

Haftbefehl gegen Autobrandstifter erlassen

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M. Behrendt, S. Pletl und M. Wittge

Tobias P. wird dringend verdächtigt, zwei Autos in Friedrichshain angezündet zu haben. Polizeibeamte hatten den 23-Jährigen in der Nähe des Tatorts festgenommen. Als Reaktion auf die Verhaftung flogen in der Nacht Steine gegen eine SPD-Geschäftsstelle. Am Abend veranstalteten linke Gruppen eine Protestkundgebung.

Die Staatsanwaltschaft hat am frühen Dienstagabend einen Haftbefehl für den mutmaßlichen Brandstifter Tobias P. erwirkt. Der 23-Jährige wird dringend verdächtigt, in der Nacht zu Montag in Friedrichshain zwei Fahrzeuge in Brand gesteckt zu haben. Der Mann wurde in unmittelbarer Tatortnähe mit einem Feuerzeug sowie Feuerzeugbenzin gefasst und befindet sich seitdem im Polizeigewahrsam. Der Verdächtige habe sich „zur Tat nicht geäußert“, sagte Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, am Dienstag. Ob er keine Aussage machte oder die Tat abstritt, war zunächst noch unklar.

Nach der Festnahme von Tobias P. und den darauf folgenden Durchsuchungen in zwei besetzten Häusern an der Liebigstraße in Friedrichshain hatten Unbekannte in der Nacht zu Dienstag Scheiben der SPD-Geschäftsstelle in Wedding eingeworfen. Linke Sympathisanten bekannten sich am Dienstag in einem einschlägigen Internetforum zu der Tat.

Anschlag nach Durchsuchung

Dienstag früh wurde ein 67 Jahre alter Anwohner der Müllerstraße in Wedding gegen 2.30 Uhr auf das laute Geräusch von klirrendem Glas aufmerksam. Als er aus seinem Fenster blickte, sah er zwei flüchtende Männer. Der Rentner alarmierte die Polizei, die zwei zerborstene Scheiben an der SPD-Geschäftsstelle feststellte. Zwei Pflastersteine entdeckten die Beamten auf dem Gehweg. In einem linken Internetportal bekannten sich gestern Nachmittag Sympathisanten zu der Scheibenzerstörung an der Parteizentrale. Diese Aktion sei speziell für Tobias P. und für die Aktion an der Liebigstraße 14 und 34. Weiter heißt es dort, dass die SPD in Berlin politisch für das Handeln der Polizei verantwortlich sei. Repressionen und Verdrängung würden nicht mehr hingenommen.

An den besetzten Häusern an der Liebigstraße führten am Montag rund 140 Polizeibeamte umfangreiche Durchsuchungen durch. Grund war die Festnahme des mutmaßlichen Brandstifters Tobias P., der seit geraumer Zeit in dem linksalternativen Wohn- und Kulturprojekt an der Liebigstraße 14 wohnt. Die Ermittler erhofften sich dort weiteres Beweismaterial für die Überführung des mutmaßlichen Täters sicherstellen zu können. Bei der Durchsuchung hätten die Bewohner Fotos von den Polizeibeamten gemacht. Nach Informationen der Berliner Morgenpost prüfen die Ermittler nun, ob der mutmaßliche Autobrandstifter für das von der Linkenszene intensiv genutzte Internetportal „Indymedia“ tätig gewesen sein soll.

Sohn eines Kommunalpolitikers

Tobias P. ist der Sohn eines Kommunalpolitikers, der für die Linke in der Bezirksverordneten-Versammlung (BVV) in Lichtenberg sitzt. Die Partei distanzierte sich am Dienstag ausdrücklich von dem Vorfall. Die Eltern eines erwachsenen Sohnes für dessen Handeln verantwortlich zu machen, sei eine Rückkehr zur Sippenhaft, sagte der Fraktionsvorsitzende Christian Petermann. „Im Übrigen verurteilt die Linken-Fraktion in der BVV Lichtenberg energisch alle Formen von Gewalt und zwar sowohl gegen Menschen als auch gegen Gegenstände“, sagte der Fraktionsvorsitzende.

Der CDU-Kreisverband Lichtenberg hatte der Linkspartei in einer Presseerklärung zuvor eine unklare Haltung zur Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung vorgeworfen.

Am Dienstagabend hatte die linke Szene zu einer Protestkundgebung gegen die Durchsuchungsaktionen der Polizei in Friedrichshain aufgerufen. Gegen 22 Uhr war die Demonstration am Bersarinplatz beendet. Trotz aufgeheizter Stimmung verlief die Veranstaltung friedlich, nur am Rande kam es zu kleineren Rangeleien. Die Polizei hatte im Vorfeld angekündigt, gewalttätige Ausschreitungen mit allen gebotenen Mitteln zu unterbinden.