Die Zeit läuft für die Berliner S-Bahn. In gut einem Monat sollen die Züge auf allen Linien wieder planmäßig fahren. Bis Sonntag stand noch gut ein Drittel der Fahrzeuge in den Werkstätten. Am Montag soll sich die Situation leicht entspannen. Ob der ehrgeizige Zeitplan für die Rückkehr zum Normalbetrieb eingehalten werden kann, ist aber noch offen. Die wichtigste Frage lautet also: Wie belastbar sind die Räder der Züge?
Ein Radbruch an einem mit Fahrgästen besetzten Zug hatte am 1. Mai in Kaulsdorf die seit Monaten andauernde S-Bahn-Krise ausgelöst. Bei zusätzlich angeordneten Sicherheitsüberprüfungen waren weitere Risse in den Radscheiben festgestellt worden. Seit August liefen Testfahrten. Sensoren ermittelten dabei die tatsächliche Belastung der Räder bei verschiedenen Geschwindigkeiten und Kurvenradien. Jetzt sind die Fahrten abgeschlossen, wie ein Bahnsprecher auf Anfrage von Morgenpost Online bestätigte. Bereits in Kürze sollen die Ergebnisse vorliegen.
Von der Auswertung der Daten hängt nun ab, ob die Züge wie von der Bahn angekündigt am 13. Dezember wieder auf allen Linien planmäßig fahren können. „Wir erwarten die Ergebnisse in einigen Tagen“, sagt Ralph Fischer, Sprecher des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA). Erst, wenn alle Daten vorliegen, kann die Aufsichtsbehörde endgültig die Prüf- und Wartungsfristen für die Räder festlegen. Je nach Ergebnis brauche das EBA dafür einige Tage bis zu mehreren Wochen.
Auf Anordnung der Behörde müssen die Räder derzeit wöchentlich geprüft und je nach Position am Zug alle 650.000 bis 1,5 Millionen Kilometer gewechselt werden. Ob diese Fristen noch einmal verkürzt werden müssen, ist nach EBA-Angaben offen. Theoretisch sei auch eine Entschärfung der Situation möglich, betont Fischer.
Wegen abgelaufener Wartungsfristen hatte das EBA im Juni über Nacht etwa drei Viertel der S-Bahn-Flotte aus dem Verkehr gezogen. Wegen der Radprobleme und zusätzlich aufgetauchter Wartungsmängel bei den Bremsen der Züge müssen die täglich mehr als eine Million S-Bahn-Fahrgäste inzwischen seit mehr als vier Monaten mit erheblichen Einschränkungen leben.
Entlastung auf der S 1
Von diesem Montag an gibt es eine weitere Entlastung auf den Linien S 1, S 25 und S 7. So kommen 30 zusätzliche Zwei-Wagen-Einheiten aus der Werkstatt. Insgesamt stehen der S-Bahn damit dann 384 sogenannte Viertelzüge zur Verfügung. Für den regulären Betrieb werden 550 Fahrzeuge benötigt. Von Montag an fahren zunächst die Linien S 1 und S 7 wieder im gewohnten Zehn-Minuten-Takt. Auf der Stadtbahn rollen wieder 15 Züge pro Stunde und Richtung. Der Ergänzungsverkehr mit Regionalzügen auf der Ost-West-Verbindung zwischen Potsdam und Ostbahnhof wird eingestellt. Die Züge der S 25 werden auf sechs Wagen verlängert.
Verstärkt wird im morgendlichen Berufsverkehr zudem die Linie S 5. Zwischen Mahlsdorf (Abfahrt 7.01 Uhr) und Warschauer Straße (Ankunft 7.19 Uhr) fährt wochentags künftig ein zusätzlicher Zug.
Weiterhin eingestellt bleibt der Verkehr auf den Linien S 45 und S 85. Der Expressbus SXF 1 vom Bahnhof Südkreuz zum Flughafen Schönefeld kann daher weiter ohne Aufschlag genutzt werden. Auch die Regionallinie RB 13 aus Wustermark wird weiterhin von Spandau bis zum Hauptbahnhof verlängert. Die Züge halten am Bahnhof Jungfernheide und bieten damit einen Anschluss an die Ringbahn, die im Fünf-Minuten-Takt fährt.
Deutliche Verbesserungen gibt es von heute an zudem am Ostkreuz. Dort endet nach etwa zwei Monaten die Zeit der langen Umsteigewege. Mit Betriebsbeginn steht die neue Treppe zwischen dem Ringbahnsteig und dem Bahnsteig der Stadtbahnlinien S 5, S 7 und S 75 zur Verfügung, wie ein Bahnsprecher gegenüber der Morgenpost bestätigt. Die Umsteigezeit verkürzt sich damit um bis zu zehn Minuten. Ende November soll dann auch die neue Treppe von der Ringbahn zum Bahnsteig der Linie S 3 fertig sein. Die wichtigsten Arbeiten – unter anderem muss ein Stützpfeiler abgerissen und der Bahnsteig um einige Meter verlängert werden – sind für das kommende Wochenende geplant. Von Freitagabend an gibt es deshalb erneut Einschränkungen im S-Bahn-Verkehr. Zeitweise müssen die Fahrgäste der S 3 auf Busse umsteigen.