Im kommenden Jahr feiert der beliebteste Boulevard Berlins sein 125-jähriges Jubiläum. Auch die Händler der Einkaufsmeile wollen sich beteiligen. Doch die Zeit drängt.

Ab Mai nächsten Jahres soll der 125. Geburtstag des Kurfürstendamms gefeiert werden. Doch bislang steht nur die Farbe des Logos fest: ein knalliges Karminrot. Am Montag hat zwar das Regionalmanagement City West im Amerikahaus das erste größere Projekt zum Boulevard-Jubiläum vorgestellt. Doch wer sich daran beteiligt ist offen. Und die Geschäftsleute der AG City kritisieren, dass die Planungen deutlich im Verzug seien.

Los gehen soll es am 5. Mai. Denn an diesem Tag vor 125 Jahren war die 53 Meter breite Straße fertig angelegt und konnte erstmals von der Dampfstraßenbahn vom Bahnhof Zoo nach Halensee befahren werden. Dann soll die Geschichte des Kurfürstendamms in 125 der für die Einkaufsstraße charakteristischen Vitrinen erzählt werden – in kleinen prägnanten Geschichten, die einen historischen Bezug haben und im Vorbeigehen aufgenommen werden können. 314.000 Euro zur Finanzierung stehen bereit. Das aber auch nur Dank der bewilligten staatlichen Lottogelder.

Die Händler der Berliner Einkaufsmeile wollen sich beteiligen. Doch nach Ansicht des Vorstandsvorsitzenden der AG City, Klaus-Jürgen Meier, hat das Regionalmanagement City West viel zu spät mit den Vorbereitungen begonnen: „Wir haben etwa ein Dreiviertel-Jahr verloren.“ Jetzt sei die Organisation an die senatseigene Firma Kulturprojekte abgegeben worden.

Bislang haben sich 75 Händler bereit erklärt, in den Vitrinen Platz für das Jubiläum zu machen. „Wir sind damit im Jahr 1960 angekommen, aber um 2010 zu erreichen, brauchen wir noch 50“, erläutert Architekt Christian Pabst vom beauftragten Projektentwicklungsbüro. Bespielt werden sollen hauptsächlich die Vitrinen zwischen Breitscheid- und Adenauerplatz; insgesamt sind es 288 auf dieser Strecke. Aber auch die 30 Vitrinen bis Halensee können noch einbezogen werden, wenn Händler mitmachen möchten.

Eine Mustervitrine, in der es um den Fürsten Otto von Bismarck geht, dem die Entwicklung vom Knüppeldamm zum 3,5 Kilometer langen Großstadt-Boulevard zu verdanken ist, kann im Amerikahaus besichtigt werden. Jetzt müssen möglichst schnell möglichst viele Hauseigentümer, die die Vitrinen vermieten, für die Idee gewonnen werden – und Händler, die ihre für 300 bis 800 Euro pro Monat gemieteten Glaskästen für die Ausstellung frei machen.

„Ein schönes Projekt, das den Kurfürstendamm weiter beleben wird“, findet Norma Schmidt. Die stellvertretende Filialleiterin des Schuhgeschäfts Görz vom Kurfürstendamm 13–14 ist zuversichtlich, dass die Open-Air-Ausstellung auch den einen und anderen Kunden ins Geschäft bringt. Görz habe jedenfalls gleich alle fünf Vitrinen vor seiner Ladentür zur Verfügung gestellt.

Im Rahmen der Ausstellung ist auch ein Besucherzentrum geplant. Es soll in einem temporären Café mit Terrasse von Mai bis Oktober auf dem Platz an der Uhlandstraße Ecke Grolmanstraße eingerichtet werden. Der Ausstellungsführer mit den 125 Geschichten zum Kudamm kann dort mit einem Euro aus einem Warenautomaten gezogen werden.

Ebenfalls geplant sind sogenannte Mittagsvisiten, bei denen Führungen zu Orten und Ereignissen angeboten werden, die nicht länger als eine halbe Stunde dauern und die selbst Berlinern ungewohnte Einblicke verschaffen sollen – übrigens umsonst und draußen. Tea-Time-Gespräche mit Zeitzeugen und Architekten oder Diskussionen – Ideen, wie der Geburtstag von Berlins Boulevard begangen werden könnte, gibt es reichlich, doch noch steht die Finanzierung nicht. Über beantragte Lottomittel – nach Auskunft von Wirtschaftsstadtrat Marc Schulte (SPD) rund 500.000 Euro – wird in Kürze erst entschieden.

Mit von der Partie wollen die Händler in jedem Fall sein, wenn der Kurfürstendamm am 3. und 4. September 42 Stunden lang gesperrt wird und auf den Kreuzungen internationale Feste organisiert werden sollen. Wegen der Internationalen Funkausstellung werden die Geschäfte ohnehin an diesem Sonntag öffnen.

Uwe Timm, Manager des Europa-Centers und Vorstandsmitglied in der AG City, ist trotz des Verzugs optimistisch: „Das Jubiläum ist absolut positiv. Die Vorbereitungen gehen jetzt zügig voran. Es gibt 14-tägliche Treffen. Unsere Sonder-Verkaufsveranstaltungen werden wir 2011 dem Jubiläum widmen.“ Von den Anliegern, von denen selbst viele einen Oldtimer fahren, werde vermutlich ein Oldtimer-Korso gesponsert. Vorstandschef Klaus-Jürgen Meier will zudem seine Kontakte zu den anderen Boulevards weltweit nutzen und Anfang August ein Sommerfest auf dem Kurfürstendamm veranstalten. Die Vereinigung der Einkaufsstraßen aus aller Welt, die sich kürzlich unter Beteiligung der Kurfürstendamm-Vertreter in China gegründet hat, soll die Basis sein. Das Fest könnte dann jedes Jahr steigen.

Hamburger gönnen sich neues Licht

Dass man das Jubiläum einer Geschäftsstraße auch anders begehen kann, zeigt Hamburg. Die Geschäftsleute an der traditionsreichen Mönckebergstraße haben sich zum Jubiläumsstart im vergangenen Jahr für ihre Straße etwas ganz Besonderes überlegt: „Wir wollten keinen Zauber mit Buden für nur drei Tage, sondern haben beschlossen, dass wir der Mönckebergstraße ein komplett neues Beleuchtungskonzept gönnen“, berichtete Dietmar Hamm, Immobilien-Manager im Hamburger Levantehaus. Die Anrainer schaffen nicht nur eine moderne Straßen und Verkehrsbeleuchtung an, sondern auch eine Fassadenbeleuchtung und zudem noch eine saisonale Effektbeleuchtung. Sie schrieben 2009 einen internationalen Lichtwettbewerb aus. 2011 soll die neue Technik, die 80 Prozent weniger Strom verbraucht, installiert werden. Eigentümer und Partner müssen nach jetzigen Schätzungen rund 1,3 Millionen Euro für die Neuerung in der rund 600 Meter langen Einkaufsstraße aufbringen. Und ein paar Feierlichkeiten sind in Hamburg auch noch drin …

Ob die Berliner Händler ähnlich spendabel wie ihre Hamburger Kollegen sind, muss sich beim Projekt Aktive Zentren noch erweisen. Um die 250000 Euro öffentlichen Geldes zur Aufwertung des Kurfürstendamms 2011 verbauen zu können, bedarf es der privaten Co-Finanzierung in derselben Höhe. Um zu zeigen, was mit dem Geld geschehen soll, baut der Bezirk deshalb jetzt in Höhe der Rankestraße eine Referenzstrecke. Dort wird als erstes der Gehweg umgebaut.