Die Stiftung Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg plant nach Informationen der Berliner Morgenpost vor dem Schloss Charlottenburg ein Besucherzentrum. Ein Neubau wird favorisiert: Wie ein Mitarbeiter des Schlosses bestätigte, will die Stiftung das Gebäude direkt vor der einstigen Hohenzollern-Residenz am Spandauer Damm errichten. Die Wunschvariante der „Schlossherren“: Auf dem Parkplatz vor dem linken Schlossflügel soll eine zur Straße hin sichtbare Anlaufstelle für Touristen und Besucher errichtet werden.
Dort, wo die Linden nicht mehr gut gedeihen, weil ihre Wurzeln an den vorhandenen Fundamenten im Krieg zerstörter Bauten des 19. Jahrhunderts kranken, soll künftig über das Schloss informiert werden. Die angrenzenden Museen sollen sich in Schaubereichen präsentieren können, und der Bau soll darüber hinaus auch Räumlichkeiten für öffentliche Versammlungen bei besonderen Veranstaltungen wie der „Langen Nacht der Museen“ bieten. Das Besucherzentrum ist als erste Anlaufstelle am Museums- und Kulturstandort Charlottenburg geplant, es soll Reisegruppen als leicht auffindbaren Treff- und Sammelpunkt dienen.
„Da der Spandauer Damm das Schloss von den umliegenden Museen trennt, ist ein gut erkennbares Bauwerk, das möglichst sichtbar an der Straße liegt, wichtig“, sagt Christoffer Richartz von den Staatlichen Museen. Sie sind in Charlottenburg unter anderem mit dem Berggruen-Museum oder der Sammlung Scharf Gerstenberg vertreten. Richartz, Leiter der Abteilung Besucherdienste, hält für das Besucherzentrum einen Neubau für erforderlich. Denkmalschützer und Planer des Bezirks sehen das jedoch anders.
"Das bereitet mir Bauchschmerzen"
So hat Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU) „große Probleme“ mit dem Vorhaben. „Die Vorstellung, dass vor die tradierte Ansichtsituation der Schlossanlage ein Info-Pavillon aufgestellt werden soll, bereitet mir Bauchschmerzen“, sagt Gröhler. Ein solcher Neubau sei nach seiner Ansicht zudem überhaupt nicht nötig. Das vis-à-vis zum Schloss gelegene Museum Charlottenburg-Wilmersdorf ziehe im nächsten Jahr in die Villa Oppenheim um. „Dort wird doch dann Platz frei“, sagt Gröhler. Man spreche hier im Übrigen nicht von einer kleinen Marktbude, sondern von einem durchaus massiven Bauwerk. Er habe bereits vor etwa einem Jahr erste Pläne gesehen, sagt Gröhler und ergänzt: „Das sah nicht gerade klein aus.“ Den aktuellen Stand kenne er allerdings nicht, räumt der Baustadtrat ein.
Möglicher Standort für das Besucherzentrum
Derzeit liegt das Thema bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Dort gibt man sich unter Verweis auf ein aktuelles Standortgutachten bedeckt. „Wir wollen erst das Ergebnis des Gutachtens abwarten, bevor wir dazu Stellung nehmen“, sagt Sprecherin Petra Rohland.
Auch im Landesdenkmalamt will oder darf sich niemand der Experten zum jetzigen Zeitpunkt öffentlich äußern. Das Thema ist nach Informationen der Berliner Morgenpost zu brisant. Denn selbst die Stiftung als Initiatorin des Besucherzentrums will sich aktuell nicht positionieren. „Das ist ein ganz schlechtes Thema“, sagt Heinz Buri auf Nachfrage. Mehr ist dem Leiter der Marketingabteilung nicht zu entlocken. Die Pressestelle der Stiftung bestätigt nur, dass „die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Werkstatt Baukultur und Kommunikation ein sogenanntes Standortgutachten in Auftrag gegeben hat“. Anfang Dezember soll es präsentiert werden. Mit der Meinungsbildung wolle man dann erst beginnen.
500.000 Besucher pro Jahr
In dem Gutachten wird neben dem umstrittenen Neubauprojekt vor dem Schlossareal als Alternative unter anderem auch die Nutzung des Bestandsgebäudes der Kleinen Orangerie am Schloss geprüft. „Hier ist die Einrichtung der gewünschten Besucherzentrale für Touristen und Interessierte am Schloss und den umliegenden Museen durchaus machbar“, bestätigt ein Denkmalschützer. Die Sprecherin der Stiftung Denkmalschutz in Bonn, Ursula Schirmer, sagt: „Man sollte, wenn möglich, vorhandene Bestandsgebäude nutzen, bevor man einen Neubau vor dem Schloss errichtet.“
Dass ein Besucherzentrum angesichts von jährlich etwa 500.000 Schlossbesuchern sowie der gewünschten Vernetzung mit den zehn Museen am Kulturstandort Charlottenburg erforderlich ist, darin sind sich alle Beteiligten einig. So verspricht sich die Leiterin des Museums Charlottenburg-Wilmersdorf, Brigitte Jochens, von einer solchen Vernetzung auch „positive Impulse für unser Haus, das ja nächstes Jahr umzieht“. Jochens schlägt vor, die Mittelstreifen auf dem Spandauer Damm mit großen Werbetafeln auszustatten, die auf das Info-Zentrum hinweisen.
Davon hält der zuständige Baustadtrat allerdings nichts. „Das kommt mir nicht in die Tüte“, sagt Klaus-Dieter Gröhler und lehnt eine Genehmigung ab. Der Bezirk halte bewusst das gesamte öffentliche Straßenland im Umfeld des Charlottenburger Schlosses von Werbung frei. „Es dürfte heute in Zeiten moderner Wegeführung durchaus möglich sein, die Besucher und ihre Aufmerksamkeit entsprechend zu dem Info-Zentrum zu lenken, ohne dass dafür riesige Werbetafeln erforderlich sind“, sagt Gröhler.