Die Reaktion der Senatskollegen sei eher reserviert ausgefallen, wird berichtet. Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) hat die Ressorts aufgefordert, Vorschläge zu unterbreiten, wo denn die 64 Millionen Euro für die Jahre 2011 und 2012 einzusparen seien, die der Senat auf Druck der Eltern zusätzlich in Berlins Kitas investieren will. In der rot-roten Koalition gibt es einige Politiker, die dafür neue Schulden machen wollen.
Der Senat hatte in der vergangenen Woche einen Kompromiss für die Kita-Betreuung ausgehandelt. Danach sollen Gruppengrößen bis 2013 verkleinert, Erzieher eingestellt und Leiterinnen früher für organisatorische Dinge freigestellt werden. Dafür aber kommen auf das Land erhebliche Mehrkosten zu: Im kommenden Jahr 22,1 Millionen Euro zu, 2011 und 2012 jeweils 64,1 Millionen Euro und ab 2013 jährlich Kosten in Höhe von 72,8 Millionen Euro.
Einer Neuverschuldung wollte die SPD-Fraktion auf ihrer Haushaltsklausur am Dienstag nicht zustimmen. Die Abgeordneten hätten deutlich gemacht, dass sie eine Gegenfinanzierung ohne Neuverschuldung erwarten, hieß es von Teilnehmern. Eine Nachschiebeliste müsse der Senat am kommenden Dienstag vorlegen. Eigene Kürzungsideen verwarfen die SPD-Parlamentarier jedoch. Sie billigten den Kompromiss zur Kunsthalle, den Kulturpolitikern mit dem für die Kultur zuständigen Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ausgehandelt hatten. Statt eines festen Gebäudes soll es für 600.000 Euro zunächst eine mobile Kunsthalle an unterschiedlichen Orten geben.
Beim öffentlich geförderten Beschäftigungssektor sehen die Abgeordneten anders als Fraktionschef Michael Müller kein Einsparpotenzial. Die Planungsmittel für die Zentralbibliothek in Tempelhof werden freigegeben. Für den Kinderschutz soll es sogar noch mehr Geld geben. Die Sanierung des ICC wurde nicht infrage gestellt, eine Begrenzung der Mittel für die Sanierung der Staatsoper verworfen.
Die Debatte über die Zusatzausgaben für die Kita ist ein Lackmustest für den Sparwillen der rot-roten Koalition. Bisher ist geplant, im Doppelhaushalt 2010/2011, der jährlich Ausgaben von rund 22 Milliarden Euro vorsieht, insgesamt 5,6 Milliarden Euro neue Schulden aufzutürmen. Es könnten noch mehr werden.
Nußbaum setzt darauf, die ganzen 64 Millionen für die Kitas durch Streichungen an anderer Stelle aufzubringen. Aber der Senator hat in den rot-roten Reihen offensichtlich nur wenige Unterstützer. Eine davon ist die Linken-Haushälterin Jutta Matuschek. "Ich bin nicht bereit, über höhere Neuverschuldung zu reden", sagte Matuschek. Sie sei der Meinung, die Summe sei "aus dem Haushalt herauszuholen".
FDP und Grüne verlangen, die Neuverschuldung zumindest so weit einzudämmen, dass die zukünftige Zinslast nicht über die bisher an die Banken abzuführenden 2,3 Milliarden Euro hinaus steigt. Dazu müssten 220 Millionen aus dem Etat eingespart werden, kalkuliert FDP-Fraktionschef Christoph Meyer. Insgesamt sehen die Liberalen Spielraum, um am Ende mit einer halben Milliarde Euro neuen Schulden weniger hinzukommen, als der rot-rote Senat beabsichtigt.
Der Finanzexperte der Grünen, Jochen Esser, hat bei den Koalitionsfraktionen Lustlosigkeit beobachtet, anstrengende Spardebatten wieder aufzumachen. "Der Etat ist jetzt so, dass alles, was irgendjemand gerne hätte, auch finanziert wird." Esser hält es für relativ leicht machbar, die 64 Millionen Euro zusätzlich für die Kitas anderswo einzusparen. Zumal Nußbaum in seinen Haushaltsplanentwurf ein Polster namens "pauschale Mehrausgaben" von insgesamt 153 Millionen für 2010 und 207 Millionen Euro für 2011 geschrieben hat. Dieses Polster solle für absehbare Überschreitungen bei den Sozialausgaben eingesetzt werden, begründet das die Verwaltung.
Esser will das nicht einsehen, denn schließlich habe man sich doch mit den Bezirken, die die Sozialausgaben im Wesentlichen tragen, auf eine auskömmliche Finanzierung verständigt und ihnen deswegen mehr Geld zugesagt. Auch in den Investitionen für Computertechnik für die Behörden stecke viel Luft, glaubt Esser. Von den 170 Millionen, die der Senat für Informationstechnik (ohne teure Spezialprogramme für Verwaltungen) aufwendet, will Esser mindestens zehn Prozent streichen.
Auch die Einstein-Stiftung, mit der Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) Spitzenforschung fördern will, hat Esser als Sparmöglichkeit entdeckt. Zumal bisher völlig unklar ist, was Zöllner mit den 57 Millionen angefangen hat, die 2008/2009 bereits an die Stiftung geflossen sind.