Weil Beweise schwach waren und Zeugen “wenig überzeugend“ waren, ist Alexandra R. wieder frei: Die junge Frau soll in Berlin Autos angezündet haben und saß deshalb in Untersuchungshaft. Inzwischen aber besteht kein dringender Tatverdacht mehr. Trotzdem forderte die Staatsanwaltschaft eine dreijährige Haftstrafe. Das Gericht aber sprach die Angeklagte frei.
Was sich in der vergangenen Woche bereits abzeichnete, ist am Dienstag eingetreten. Alexandra R., seit Monaten als mutmaßliche Autobrandstifterin in den Schlagzeilen, wurde von einem Schöffengericht in Moabit freigesprochen. Für das Gericht bestünden nach dem Ende der Beweisaufnahme erhebliche Zweifel an der Täterschaft der Angeklagten, begründete der Vorsitzende Richter Andreas Lach das Urteil. Die Staatsanwaltschaft war bis zuletzt von der Schuld der 21-Jährigen überzeugt, ihre Vertreterin beantragte am Dienstag drei Jahre Haft. Die beiden Verteidigerinnen von Alexandra R. hingegen plädierten auf Freispruch. Und hatten Erfolg.
Die scheinbar nicht enden wollende Serie von Brandanschlägen auf Autos in Berlin zeigt seit Monaten deutlich, wie schwierig es ist, die Täter zu ermitteln. Der Prozess gegen Alexandra R. wiederum hat deutlich gemacht, wie kompliziert es ist, mutmaßliche Täter auch zu überführen. Alexandra R. war vorgeworfen worden, am 18. Mai 2009 gegen Mitternacht auf der Liebigstraße in Friedrichshain einen Pkw in Brand gesetzt zu haben. Sie wurde festgenommen und landete drei Tage später in Untersuchungshaft, wo sie insgesamt fünf Monate verbrachte.
Keines der Indizien konnte das Gericht überzeugen
In der Anklageschrift listete die Staatsanwaltschaft eine ganze Reihe von Indizien auf: Die 21-Jährige gehört zur linken Szene, in ihrer Wohnung wurden Grillkohleanzünder gefunden, wie sie auch häufig bei den Brandanschlägen auf Autos benutzt werden, und ein Polizeibeamter wollte sie zur Tatzeit am Tatort gesehen haben.
IKeines der Indizien konnte das Gericht überzeugen. DNA-Spuren der Angeklagten konnten am Tatort nicht festgestellt werden. An der Haut und der Kleidung von Alexandra R. wurden unmittelbar nach ihrer Festnahme keinerlei Spuren brennbarer Substanzen entdeckt. Und der Beamte, der sie zur Tatzeit am Tatort gesehen haben will, machte dazu höchst unterschiedliche Angaben.
Mal hatte er sie an Kleidung und Statur erkannt, mal hatte er ihr Gesicht gesehen. Und das, obwohl es nach seinen eigenen Worten am Tatort dunkel war, die Angeklagte halb von einem Auto verdeckt wurde und nur ganz kurz in seine Richtung geschaut hatte. Für das Gericht waren das zu viele bleibende Zweifel, der Freispruch aus Mangel an Beweisen war keine Überraschung mehr. Lapidare Feststellung eines Polizeibeamten: „Wir können die Täter vermutlich nur überführen, wenn wir direkt neben ihnen stehen, während sie ein Auto anzünden.“
Sympathisanten feiern den Freispruch
„Ich weiß, dass dieser Freispruch bei vielen auf Unverständnis stoßen wird. Aber es ist unerlässlich für den Rechtsstaat, dass unabhängige Richter frei entscheiden, ob die vorgebrachten Beweise für eine Verurteilung ausreichen oder nicht, das muss man ertragen können“, kommentierte Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) das Verfahren gegen Alexandra R.
Die linke Szene hingegen bejubelte das Urteil. Bereits während der Verhandlung hatten Sympathisanten der Angeklagten eine angemeldete Demonstration mit Lautsprecherwagen durchgeführt. Lautstarke Parolen und dröhnende Musik waren bis in den Gerichtssaal zu hören. Schon die Haftentlassung der Angeklagten am Freitag vorvergangener Woche war für die Szene ein Grund zum Feiern gewesen. Und zur Feier des Tages brannten in der darauffolgenden Nacht gleich wieder ein paar Autos. Ermittler von Polizei und Justiz wollten am Dienstag nicht ausschließen, dass das nach dem Freispruch wieder passiert. „Die haben jetzt natürlich Oberwasser“, sagte ein Beamter.