In Berlins-Mitte wird es für Autofahrer ab Dezember leichter. Dann ist die Ost-West-Verbindung durch die Französische Straße geöffnet. Dennoch wird es bei vollen Straßen rund um das Brandenburger Tor bleiben. Der ADAC wirbt für ein “Einbahnstraßen-Ringsystem“.
Gute Nachricht für alle Autofahrer: In Kürze wird sich die Verkehrssituation in Berlins Mitte, dem Regierungsviertel, erheblich entspannen. Als zusätzliche Ost-West-Verbindung wird nach dem Durchstich der Französischen Straße – zwischen Mauer- und Wilhelmstraße – in rund sieben Wochen die Staufalle rund um das Brandenburger Tor quasi beseitigt. Der Verkehr muss sich dann nicht mehr allein durch die Behrenstraße als Umgehung der Ministergärten zur Straße des 17. Juni quälen. Zurzeit sind Arbeiter in der Französischen Straße bereits mit den Feinheiten beschäftigt und pflastern die Gehsteige, asphaltieren die Fahrbahn. Manuela Damianakis, Sprecherin von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD), ist optimistisch: „Alles läuft planmäßig. Im Dezember ist freie Fahrt.“
Und ab Sommer 2010 wird der Verkehr im Regierungsviertel noch besser fließen. Seit einer Woche wird der Gesamtbereich Neustädtische Kirchstraße/Dorotheen- und Mittelstraße umgebaut. Das bedeutet, dass dann die vierte Ost-West-Straßenverbindung (Leipziger Straße/Tor- und Invalidenstraße/ Französische Straße/ Dorotheen-/Scheidemannstraße) zur Verfügung steht.
Vor der US-Botschaft kann es jederzeit Sperrungen geben
Jahrelang gab es zwischen Senat, Teilen der rot-roten Koalition und Anliegern ein Tauziehen um die Öffnung der Französischen Straße (200-Meter-Teilstück zwischen Mauer- und Wilhelmstraße) und der damit verbundenen zusätzlichen Ost-West-Verkehrsverbindung. Anfang dieses Jahres beendete Senatorin Ingeborg Junge-Reyer die Diskussion und verknüpfte den Straßendurchstich mit dem Erweiterungsbau des Bundesministeriums für Verbraucherschutz im Bereich zwischen Wilhelm- und Mauerstraße. Sie nutzte die „Gunst der Stunde“, heißt es, denn die Behörde des damaligen Bundesminister Horst Seehofer (CSU) musste verkehrstechnisch optimal ans Hauptstraßennetz angebunden werden. Zudem wurde neben der Verkehrsentlastung auch aus Sicherheitsgründen die Öffnung der Französischen Straße wichtig. „In Hinblick auf mögliche Straßensperrungen vor der neuen US-Botschaft in der Behrenstraße ist die neue Verkehrsverbindung in diesem Bereich als Entlastung nötig“, sagt Sprecherin Damianakis.
Für den ADAC ist die durchgehende Französische Straße längst überfällig. Der Leiter der Verkehrsabteilung Berlin-Brandenburg, Jörg Becker: „Es wurde teilweise das umgesetzt, was seit Jahren Bestandteil unseres Verkehrskonzeptes rund um das Brandenburger Tor ist.“ Schließlich sei die Gefahr eines Verkehrs-Kollaps in diesem Bereich der Stadt erheblich, falls die Straßen an der US-Botschaft aus Sicherheitsgründen gesperrt werden müssten. „Damit ist jederzeit zu rechnen, denn außer bei Gefahr durch Terrordrohungen, wird es Sperrungen bei Veranstaltungen oder hohen Politikerbesuchen in der US-Vertretung immer wieder geben“, so der ADAC-Experte.
Ministerin trickste und sorgte für Entlastung
Bereits in den vergangenen Monaten habe es rund um den Pariser Platz immer wieder erhebliche Störungen durch Großveranstaltungen gegeben. Zudem sind seit Jahren die Fahrbahnen der Straße Unter den Linden wegen der Bauarbeiten für die U-Bahn teilweise gesperrt. „Für Autofahrer wird dieser Bereich immer wieder zur Qual und ist nicht zumutbar“, heißt es.
Tatsächlich steht im Ost-West-Verkehr im Regierungsviertel häufig nur die Leipziger Straße als einzige Route zur Verfügung. So haben Überwachungen gezeigt, dass es zu Spitzenzeiten bis zu eine Stunde dauern kann, um vom Potsdamer Platz bis zum Alex zu gelangen.
Rückblende: Seit November 2005 stand Autofahrern als „kleine Lösung“ bereits die zusätzliche Ost-West-Verbindung der Hannah-Arendt-Straße (Verlängerung der Französischen Straße) zwischen der Wilhelmstraße und dem Holocaust-Mahnmal zur Verfügung. So konnte der Verkehr zwischen Wilhelm- und Ebertstraße zumindest auf diesem Teilstück in den letzten Jahren fließen. ADAC-Experte Becker: „Das war allerdings nur der erste Schritt. Eine kleine Entlastung, die allerdings hauptsächlich nur von Insidern genutzt wurde und wird.“
Übrigens hatte damals Ingeborg Junge-Reyer den Baustopp des Abgeordnetenhauses für eine Verlängerung der Französischen Straße quasi unterlaufen. Sie ließ die „Französische“ zwischen Wilhelmstraße und Holocaust-Mahnmal in Hannah-Arendt-Straße umtaufen und mit diesem Trick konnten die Ausbauarbeiten beginnen. Das Teilstück wurde damit zu einer kleinen Verkehrs-Entlastung zwischen Ebert- und Wilhelmstraße.
Experte für Öffnung der Wilhelmstraße vor Botschaft
Für den ADAC ist der Durchstich der Französischen Straße allerdings nur ein Teil der Verkehrsentlastung. Unabhängig davon und von der Freigabe der Neustädtischen Kirchstraße fordert er für den Gesamtbereich rund um das Brandenburger Tor ein schlüssiges Verkehrskonzept. Jörg Becker: „Seit Jahren mahnen wir eine große Lösung an, damit es nicht immer wieder zu Engpässen kommt.“
Auch die Wiederfreigabe der Wilhelmstraße vor der Britischen Botschaft müsse überlegt werden, so der Verkehrsexperte. „Grotesk. Warum soll die Wilhelmstraße dort dauerhaft gesperrt werden, wenn die Behrenstraße vor der US-Botschaft für den Verkehr frei passierbar ist?“
Der ADAC schlägt vor, dass Großteile des Regierungsviertels rund um das Brandenburger Tor in ein „Einbahnstraßen-Ringsystem“ umgewandelt wird. Jörg Becker: „So könnte der Verkehr fließen, die Staugefahr, häufig durch die vielen Busse im Kernbereich verursacht, wäre erheblich gemindert.“ Im November will der ADAC ihr neues System der Öffentlichkeit vorstellen und so politischen Druck ausüben. Das scheint nötig, denn nach Information von Morgenpost Online stoßen die ADAC-Pläne im Senat auf wenig Gegenliebe. Die Einbahnstraßenregelung würde den City-Binnenverkehr „zum Stocken“ bringen, heißt es dort.