Kulturzentrum

Künstler feiern Jubiläum im Haus Schwarzenberg

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Christine Eichelmann

Foto: picture alliance / akg images

Das Haus Schwarzenberg in Berlin-Mitte ist mehr als nur ein Kulturzentrum. Seit 15 Jahren ist es Kulturschaffenden Heim und Arbeitsplatz zugleich. Jetzt wird in dem bedeutsamen Bau Jubiläum gefeiert.

Dass das Haus Rosenthaler Straße 39 eine bewegte Geschichte hinter sich hat, ist ihm anzusehen. Nicht nur die vielen Jahre, vor allem Kreative und Kulturschaffende, die die Ateliers und Gewerberäume unter dem Dach des Vereins Haus Schwarzenberg nutzen, haben ihre Spuren in und an dem Gebäude mit vier- und fünfstöckigen Seitenflügel hinterlassen. Im März 1995 war der Verein gegründet worden. Jetzt feiern die rund 150 Mitglieder mit ihren Unterstützern und Mietern das 15-jährige Bestehen des Künstlerhauses.

Als die Kreativgruppe Dead Chickens Mitte der 90er-Jahre das teils leer stehende Gebäude in der Spandauer Vorstadt bezog und damit den Grundstein für den Kulturverein Haus Schwarzenberg legte, bröckelte in ihrem neuen Domizil bereits die Bausubstanz. Ein Gründerzeitbau wie viele Häuser rundherum, die Gebäudeflügel der Nummer 39 waren zwischen 1860 und 1900 entstanden. Wohn- und Fabrikräume teilten sich die Immobilie. Zu DDR-Zeiten zog die staatliche Filmgesellschaft Defa ein, unterhielt Probenstudios und Büros.

Während schon relativ bald nach der Wende private Investoren den Kiez entdeckten und die benachbarten Hackeschen Höfe oder die Rosenhöfen immer schicker wurde, behielt das Haus Schwarzenberg seinen morbiden Charme. Streetart-Künstler brachten Farbe an die Wände. Stahlskulpturen begrüßten schon bald Besucher und Touristen in den Höfen und vor den Publikumseinrichtungen wie Läden, Café, Galerie oder Kino Central. Der Verein sicherte aber auch den Gebäudebestand und initiierte in einem Seitenflügel das Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt. Die Entdeckung der Räume, in denen der Bürstenfabrikant Weidt während der Nazizeit Juden vor der Deportation bewahrt hatte, sei „eher Zufall gewesen“, sagt Vereinssprecherin Meike Danz.

Ein Teil der Räume war, als Praktikanten sie entdeckten, fast im Originalzustand erhalten. Unter anderen hatte die Autorin Inge Deutschkron mit ihrer Familie dort einige Zeit Unterschlupf gefunden. Von 1941 bis 1943 arbeitete sie in der Werkstatt und gehört heute zu den Unterstützern des Museums. Im Jahr 2000 gründete sie dafür gemeinsam mit anderen den Förderverein „Blindes Vertrauen e.V.“.

Angst vor dem Verkauf

Im hinteren Gebäudeteil eröffnete 1998 das Anne-Frank-Zentrum. Circa 25.500 meist junge Menschen besuchten 2009 die Dauerausstellung über die Amsterdamer Jüdin. Bei Schulklassen gehört das Zentrum praktisch zum Pflichtprogramm. Mehr als doppelt so viele Besucher kamen im vergangenen Jahr in die frühere Blindenwerkstatt, die seit 2005 zur Gedenkstätte Deutscher Widerstand gehört. Die Besucherzahl steige seit Jahren stetig an, sagt Museumsleiter Johannes Tuchel.

Trotzdem stand das Haus Schwarzenberg vor sechs Jahren kurz vor dem Aus. Der Hamburger Immobilienentwickler Harm Müller-Spreer, der Teile des Gebäudes von der verstreuten jüdischen Erbengemeinschaft erworben hatte, plante eine Zukunft, in der die vorhandenen Mieter keinen Platz gefunden hätten. Bereits im November 2003 hatte die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) das Haus für 2,5 Millionen Euro erworben. Allerdings wurde der Kauf wegen eines Formfehlers nicht rechtskräftig, nachdem Harm Müller-Speer vor Gericht Einspruch eingelegt hatte.

Zwar wurde die Entscheidung vor dem Landgericht wieder aufgehoben, aber der Zuschlag für die Wohungsbaugesellschaft WBM konnte rückwirkend nicht erneut für gültig erklärt werden.

Bei einer weiteren Versteigerung im Juli 2004 erwarb die WBM – zur Erleichterung des Vereins Haus Schwarzenberg – das Gebäude doch noch, für jetzt 2,7 Millionen Euro. Nicht zuletzt der Berliner Senat und die damalige Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) hatten sich für den Fortbestand des Kulturensembles eingesetzt. Lottomittel, auf die die Künstler lange vergeblich gehofft hatten, waren erst unmittelbar vor der Versteigerung freigestellt worden. Der Zuschlag für die WBM und damit der Erhalt des Künstlerhauses mitsamt Blindenwerkstatt und Anne-Frank-Zentrum, so bestätigte damals der Berliner Anwalt der verbliebenen Erbengemeinschaft, Frank Ulrich, treffe auch die Intention der Erben.

Sanierung mit Fingerspitzengefühl

Heute gibt das Haus Schwarzenberg rund 70 Menschen, darunter vielen Künstlern und Kulturschaffenden, Arbeit und Raum. Die Dächer des Hauses wurden mittlerweile saniert, derzeit wird an der Fassade gearbeitet. Mit Fingerspitzengefühl. „Ganz bewusst hat man sich für eine Sanierung entschieden, die den Bestand und damit den individuellen Charme des Kulturprojektes erhält“, sagt WBM-Sprecherin Steffi Pianka. Der marode scheinende Altbau wird also auch weiterhin erstaunte Blicke der Passanten anziehen.

Das Programm, mit dem das Künstlerhaus Schwarzenberg vom 15. bis 31. Oktober 2010 sein 15-jähriges Bestehen feiert, findet sich im Internet unter der Adresse: www.haus-schwarzenberg.org