Die "Butlers"-Filiale wird demnächst Konkurrenz bekommen. Genau gegenüber, am Hackeschen Markt 1, will das japanische Unternehmen "Muji"seine "Lifestyle“-Produkte verkaufen. In der Münzstraße kündigt das Männer-Label "Strellson" in großen Lettern seinen Einzug an, und das Immobilienunternehmen "Engel&Völkers" meldete vergangene Woche die Ankunft von gleich drei Modefirmen in Berlins immer schicker werdender Mitte, darunter der Luxus-Herrenausstatter "Mientus".
"Der Bereich rund um den Hackeschen Markt erfährt eine sehr starke Nachfrage. Sowohl vom regionalen als auch vom internationalen Einzelhandel“, sagt Marcus Kötschau von "Engel&Völkers". Sogar in Straßen wie der Neuen und Alten Schönhauser Straße würden mittlerweile Mieten von 25 bis 55 Euro pro Quadratmeter erreicht. "Wenn die Einzelhändler das mitmachen, dann können diese Mieten auch verdient werden. In dieser Gegend leistet man sich nicht bloß ein Schaufenster." Was dort zähle, seien immer auch besondere Konzepte, um sich vom Mainstream abzuheben.
Die Entwicklung des Kiezes hin zur etablierten Einkaufsgegend kommt alles andere als unerwartet. Die Geschwindigkeit indes ist bemerkenswert. Und während die Dichte der Modemarken steigt, wird das gastronomische Angebot immer dünner. Das Restaurant "Bonfini“ hat die Münzstraße gegen die Memhardstraße eingetauscht. Das Restaurant "Modellhut“ in der Alten Schönhauser Straße ist geschlossen. Für Feiern könne man es noch mieten, verkündet ein Zettel an der Tür. Dort, wo einmal das "Alcatraz“ war, verkauft "H&M"-Ableger "Cos" den neuesten Trend.
Und nach zehn Jahren an der Neuen Schönhauser Straße hat zum Jahresende das "Schwarzenraben“ dichtgemacht. Eigentlich hätte Betreiber Dimitri Hegemann, auch Chef des legendären Techno-Clubs "Tresor“, noch eine Option auf weitere zehn Jahre gehabt. Doch es soll Probleme wegen eines Mietrückstands gegeben haben, eine Einigung mit dem Eigentümer war schließlich nicht mehr möglich, und so wird auch in dieses historische Gebäude die Mode einziehen. Es geht längst nicht mehr um Herzensangelegenheiten, schließlich wird der Nachmieter mehr als doppelt so viel Miete zahlen. "Ich verstehe nicht, dass keiner, der in der Stadtplanung etwas zu entscheiden hat, sagt: Das ist nicht gut und zerstört die Straße", sagt Hegemann. Man selbst habe zu denjenigen gehört, die hier einmal alles angeschoben hätten. Pionier sei man gewesen. Nun komme man sich vor, wie von hinten erschossen. Und genau so hat sich die Crew fotografieren lassen. Hingerichtet, verteilt über Stühle, Tische und Bänke.
Es gibt noch stille Seitenstraßen
Karl-Heinz Müller, Geschäftsführer der Modemesse "Bread&Butter", betrachtet den Fall nüchterner. Er ist es, der im ehemaligen Restaurant ab August hochwertige Bekleidung, Jeans und Schuhe verkaufen wird. Damit sein Geschäft "14 oz". mit einem unvergleichlichen Angebot punkten kann, kauft er momentan in den Modemetropolen der Welt ein. "Mit dem 'Schwarzenraben‘ hat es schon länger Probleme gegeben. Ich glaube nicht, dass man alles verteufeln darf, nur weil zwei Restaurants zumachen. Kult hin oder her.“ Um den Kiez fürchtet Müller nicht. "Ich komme viel rum in der Welt, und ich glaube, dass das Viertel noch viel Potenzial hat. Gott sei Dank sind auch große Marken hier, denn das hilft auch den anderen.“ Der Mix mache es. Es entspreche dem Zeitgeist, dass man Marken kombiniere. "Cos", "Chanel" und Nachwuchslabel gehe durchaus auch zusammen.
Antonia Kapretz vom "Gal Institute", das an der Chausseestraße liegt und schöne Dinge für Frauen verkauft, versucht, die Kundenströme umzuleiten. Dorthin, wo sich die einen wegen günstigerer Mieten angesiedelt haben und wohin andere ausgewichen sind. Unter dem Motto "I love cool stuff“ haben sich 28 Gleichgesinnte zusammengeschlossen, ein Flyer dient Designfans als Leitfaden. "Berlin hat so lange brachgelegen, dass Straßenzug um Straßenzug angewärmt werden muss“, sagt sie. Selbst in Mitte gebe es noch stille Seitenstraßen, der Verteilungskampf habe noch nicht überall stattgefunden. Rund um den Hackeschen Markt ist er gerade in vollem Gange.