Bei der Berliner Staatsanwaltschaft sind mittlerweile mehrere Anzeigen gegen Berlins Ex-Finanzsenator Thilo Sarrazin eingegangen. Wie ein der Sprecher der Behörde auf Nachfrage bestätigte, liege "mindestens eine Strafanzeige" gegen Sarrazin vor. „Eine Privatperson hat den Beschuldigten unter anderem wegen Volksverhetzung angezeigt“, sagte Martin Steltner von der Berliner Staatsanwaltschaft.
Sarrazin hatte sich in der Kulturzeitschrift „Lettre International“ über die politische und soziale Lage Berlins geäußert und formulierte scharfe Kritik an den Migranten der Stadt. Diese seien in großen Teilen „integrationsunwillig und integrationsunfähig“.
Bislang hatte das Landeskriminalamt (LKA) in Absprache mit der Staatsanwaltschaft geprüft, ob durch den Wortlaut des Interviews die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten wurden und sich der Anfangsverdacht für einen strafbaren Inhalt ergebe. Die Prüfung erfolgte von Amts wegen. Jetzt werden die eingegangenen Anzeigen ebenfalls geprüft. Bislang wurde aber kein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Nach Informationen von Morgenpost Online soll es sich bei dem Anzeigenden um einen türkischen Mitbürger handeln. Auch sollen weitere Anzeigen gegen Sarrazin bei der Staatsanwaltschaft eingegangen sein. Sie wurden aber offenbar noch nicht im System der Behörde erfasst.
In die Diskussion um Sarrazins Äußerungen hat sich jetzt auch Berlins Beauftragter für Integration und Migration, Günter Piening, eingeschaltet. „Wer öffentlich über den Verlust deutscher ‚Qualität’ durch eine hohe Geburtenrate der Türken schwadroniert oder zum Beleg für die jeweilige Nützlichkeit von Zuwanderergruppen auf unterschiedliche IQs zwischen Juden und Türken verweist, begeht kein Kavaliersdelikt“, sagte Piening. „Diese Äußerungen sind schlichtweg rassistisch.“
Derweil hat der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, seinen Hitler-Vergleich im Zusammenhang mit Sarrazin bedauert. „Ich wollte Sarrazin nicht unterstellen, wie Hitler und Goebbels zu sein – das ist überzogen –, wohl aber, die Sprache und Gedanken der heutigen Neonazis zu verwenden“, schreibt Kramer im „Tagesspiegel“.
Dem Bundesbank-Vorstand droht der Entzug wichtiger Kompetenzen. Sarrazin soll die Zuständigkeit für Bargeldumlauf und Risiko-Controlling im Bundesbank-Vorstand verlieren. Bundesbank-Chef Weber wolle den Zuständigkeitsbereich Sarrazins einschränken. Dies sehe eine Vorlage für die Sitzung des Bundesbankvorstandes am Dienstag vor. Sarrazin würde demnach nur noch für den Bereich Informationstechnologie verantwortlich bleiben.