Zoo

Berlin nimmt Abschied von Reimon Opitz

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Sebastian Geisler und Tanja Kotlorz

Foto: dpa / dpa/DPA

Fast genau zwei Jahre nach dem Tod von Knuts Ziehvater Thomas Dörflein ist der bekannte Berliner Tierpfleger Reimon Opitz gestorben. Der Zoo legt nun ein Kondolenzbuch aus.

Für die Berliner war Reimon Opitz der „Affenvater“. Am Montag ist der Tierpfleger an Herzversagen gestorben, im Alter von nur 62 Jahren. Opitz arbeitete mehr als 40 Jahre für den Zoo, davon 20 Jahre als Chef-Pfleger im Menschenaffenhaus. Gemeinsam mit seiner Frau Marion zog er viele junge Menschenaffen mit der Flasche auf, in seiner Wohnung tummelten sich kleine Schimpansen, Orang-Utans und Gorillas.

In Berlin, wo die Liebe zu Tieren besonders groß ist, war Opitz prominent. Auch außerhalb der Hauptstadt kennen ihn Fernsehzuschauer aus der RBB-Serie „Panda, Gorilla & Co.“. Im Zoo moderierte Opitz Auftritte von Knut, als der Eisbär noch jung war und die Besucher für die „Knut-Show“ vor dem Gehege Schlange standen.

Erschüttert und betroffen

Sein Tod – fast genau zwei Jahre, nachdem Knuts Ziehvater Thomas Dörflein starb – kam völlig überraschend. „Wir sind sehr erschüttert und betroffen“, sagte Zoo-Sprecherin Claudia Bienek. Opitz' Kollege Heiner Klös würdigte den Affenpfleger als „hoch engagiert“, auch im Betriebsrat sei er aktiv gewesen. Er sei „ein Mensch, der allen in positiver Erinnerung bleiben wird“. Am Dienstag soll ein Kondolenzbuch in der Zooverwaltung ausgelegt werden, in der Hauptverwaltung im Zoologischen Garten am Hardenbergplatz 8. Jeder Berliner, der seine Trauer bekunden möchte, könne dies dort direkt tun.

Opitz' Tod kam gänzlich unerwartet. Weder in seinem Umfeld noch im Berliner Zoo hatte man damit gerechnet, dass es so schlimm um ihn steht. Opitz war am Mittwoch vergangener Woche bei der Arbeit auf dem Zoogelände zusammengebrochen. Seitdem lag der bekannte Affenpfleger bewusstlos auf der Intensivstation des DRK-Klinikums Westend.

Affenbabys mit der Flasche aufgezogen

Opitz und seine Ehefrau Marion widmeten vor allem jungen Affen, die von Hand aufgezogen werden mussten, sehr viel Zeit. Einige Affenkinder lebten zeitweilig bei dem Ehepaar in der Wohnung. Die Dienstwohnung des Cheftierpflegers befindet sich über dem Besuchereingang des Affenhauses. Opitz schmuste mit den Tieren, wickelte sie, zog sie mit der Flasche auf. Selbst nachts war er für die Tiere da, wurde von ihnen geweckt.

Mit dem Gorilla-Baby Sangha, das Opitz zu Hause aufzog, fuhr er sogar drei Tage an die Ostsee – zum Kurzurlaub. Das Reisegepäck im BMW-Cabrio: eine große Packung Babymilch, Fläschchen, Windeln, Decken und T-Shirts.

Ein anderes Gorilla-Baby demolierte bei Pflegevater Opitz drei Stehlampen und einen Teppich. Opitz selbst musste auch schon mal blaue Flecken einstecken, für die seine Zöglinge gesorgt hatten. „Obwohl die kleinen Kerle süß und zutraulich sind“, sagte Opitz einmal, dürfe man nicht vergessen, dass es Tiere seien. So steckte er Orang Utan-Baby Sambo auch jeden Abend wieder in seinen Käfig in die Küche, obwohl das Affen-Baby viel lieber im Bett geschlafen hätte.

Auch mit der Kommunikation der Affen beschäftigte sich der Tierpfleger intensiv. So übersetzte er zum Beispiel eine Gänsehaut beim Orang-Utan mit: „Ich bin stinkesauer“. Orang Utans piepen, wenn sie sich freuen, Gorillas grunzen, und Schimpansen lachen, wusste der Tierpfleger.

Dass sich die Instinkte selbst bei Handaufzuchten im Tierpark durchsetzen, zeigte Orang-Utan-Dame „Mücke“. Das Sumatra-Orang-Utan-Weibchen wurde selbst von Hand aufgepäppelt und kümmerte sich dennoch intensiv um ihren eigenen Nachwuchs. „Und das, obwohl Mücke noch nie gesehen hat, wie eine Mutter mit ihrem Kind umgeht“, freute sich Affenhaus-Chef Reimon Opitz damals.

Seine Affen waren sein Leben. In 44 Dienstjahren hatte er mit insgesamt mehr als 25 Affenbabys jeweils monatelang in seiner Wohnung gelebt. Und er hatte mehrere Posten inne, war im Zoo-Aufsichtsrat tätig, war Sicherheitsbeauftragter und Vorsitzender im Betriebsrat.

"Doktor Dolittle“ des Zoo

„Wir sind sehr tief betroffen und schockiert“, sagte auch Gabriele Thöne aus dem Zoo-Vorstand der Berliner Morgenpost. Opitz Tod sei so plötzlich geschehen. „Wir sind sehr, sehr traurig.“ Mehr als 40 Jahre sei er mit dem Zoo verbunden gewesen und in vielen Funktionen tätig gewesen, als verantwortlicher Tierpfleger oder im Aufsichtsrat der Zoo AG. „Er war ein Teil dieses Unternehmens.“ Opitz sei eine markante Tierpflegerpersönlichkeit gewesen. Er engagiert sich auf Messen und gegenüber Aktionären. Er habe überall geholfen, wo er nur konnte. Die Affen kannte er alle mit Namen, viele Affen hätten auf ihn reagiert. Thöne erinnert sich an eine Szene, als Opitz ihr den Gorilla „Ivo“ vorgestellte. „Ich winkte von hinter der Absperrung und sprach leise zu dem Affen. Das war sehr beeindruckend, wie der Affe durch Opitz' Vermittlung auf mich reagiert hat.“

Zoo-Chef Bernhard Blaszkiewitz und Kollegin Gabriele Thöne sagten, Opitz habe zu einer Tierpflegergeneration gehört, die praktisch rund um die Uhr für ihre Pfleglinge da war. „Wir werden alle Herrn Opitz sehr vermissen; vor allem die, die Jahrzehnte mit ihm zusammen gearbeitet haben.“

Bestürzt nahm Anne Momper, Frau des ehemaligen Regierenden Bürgermeisters von Berlin, den Tod von Opitz auf. Sie besuchte am Montag mit ihrer Nichte den Zoo. „Die Affen waren für Opitz seine Kinder“, sagte sie. Der Tierpfleger sei „der Doktor Dolittle“ des Zoos gewesen.