Freizeitstätte ohne Hallenbad? Das Sport- und Erlebniszentrum (SEZ) an der Landsberger Allee in Friedrichshain entzweit wieder die Berliner Politik. Sechs Jahre nach dem Verkauf der traditionsreichen Sportanlage an den Investor Rainer Löhnitz für einen Euro haben Abgeordnete von CDU, FDP und Grünen jetzt noch einmal die Öffnung des Hallenbadbetriebs gefordert. „Dass es bis heute kein Schwimmangebot im SEZ gibt, ist ein Skandal“, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Sebastian Czaja. „Der Investor hat vertraglich die Pflicht, einen Badebetrieb anzubieten. Ansonsten fällt das Grundstück wieder ans Land Berlin zurück.“
Czaja fordert nun eine Sondersitzung des Sportausschusses und will auch den Chef des Liegenschaftsfonds, Holger Lippmann, laden. „Wir müssen klären, ob nicht bei dem Grundstücksgeschäft das Land Berlin getäuscht wurde“, sagte der Sportexperte der FDP-Fraktion. In dem Kaufvertrag von Juni 2003 heißt es: „Der Käufer verpflichtet sich, den Hallenbadbetrieb bis zum 31.12.2007 unter der Voraussetzung aufzunehmen, dass ein drei Monate nach Vertragschluss vom Käufer zu erstellendes und mit dem Verkäufer abzustimmendes Energie- und Wirtschaftlichkeitskonzept zu dem Ergebnis kommt, dass der Hallenbadbetrieb zum benannten Termin eröffnet werden kann.“ Sollte der Termin danach nicht realisierbar sein, werde dieser durch den Verkäufer angemessen verlängert. Andernfalls gehe das Grundstück wieder ans Land Berlin zurück.
Finanzverwaltung lobt das Sportangebot
Doch bis heute ist in Sachen Hallenbad nichts geschehen. Auch ein Gutachten zur Wirtschaftlichkeit liegt dem Parlament nach Angaben Czajas nicht vor. Kurt Wansner, CDU-Abgeordneter aus Friedrichshain-Kreuzberg, hält das ebenfalls für skandalös. „Entweder der Mann erfüllt seinen Vertrag oder der Senat sucht sich einen neuen Investor.“ Nach Ansicht von Felicitas Kubala von den Grünen zeige der Umgang mit dem SEZ, wie ernst der Senat seine eigenen Verträge nehme. „Der Senat sollte aber gegenüber Herrn Löhnitz auf Vertragserfüllung bestehen und die Öffnung des Schwimmbadbetriebs verlangen“, so Kubala.
Daran denkt man offenbar in der Senatsfinanzverwaltung allerdings nicht. Nach einem Besuch des SEZ Anfang August hatte sich Finanzstaatssekretärin Iris Spranger (SPD) lobend zum Sportangebot geäußert. Der Investor baue den Sauna-, Ballspiel- und Wasserbereich aus. Das Gebäude befinde sich in einem guten Zustand. Wer schwimmen möchte, könne in der nahe gelegenen Schwimm- und Sprunghalle im Europapark seine Bahnen ziehen. „Es war nie beabsichtigt, ein neues Schwimmbad im SEZ entstehen zu lassen.“
Staatssekretärin Spranger drückt ein Auge zu
Gegenüber Morgenpost Online verwies Spranger darauf, dass es sehr wohl auch Schwimmbecken gebe. Man werde der Leistung des Investors aber nicht gerecht, immer nur die Öffnung des Schwimmbetriebs zu fordern. „Wir wollten immer, dass das SEZ als Freizeitbereich erhalten bleibt. Das ist geschehen. Deswegen stelle ich mich schützend vor den Investor“, so Spranger. „Deswegen drücke ich bei den Schwimmflächen ein Auge zu.“
Wahrscheinlich geht es dem Senat aber vor allem auch um die auf etwa 500.000 Euro pro Jahr geschätzten Betriebskosten. Sollte das Land das Areal zurückfordern, müssten zudem die bisherigen Investitionskosten von Löhnitz gezahlt werden. Und dann ist immer noch kein neuer Investor für das riesige, fast 5000 Quadratmeter große Flurstück gefunden. Das war auch schon das Problem im Jahr 2003 gewesen, als man das Grundstück an Löhnitz veräußerte.
Finanzstaatssekretärin Spranger hat jetzt alle Kritiker aufgerufen, sich die Anlage erst einmal anzuschauen, bevor ein Rundumschlag erfolgt. Der FDP-Abgeordnete Czaja hält das für eine gute Idee. „Vielleicht sollten wir im SEZ eine Begehung machen – in alle Bereiche.“ Dann könnte man auch mit Löhnitz über die Öffnung des Badebetriebs ins Gespräch kommen.
Das SEZ wurde am 20. März 1981 nach Plänen eines schwedischen Architektenteams eröffnet. Es erwies sich von Beginn an als Publikumsmagnet. Zeitweise mussten Besucher zu DDR-Zeiten lange Wartezeiten in Kauf nehmen.