Urteil

Mai-Randalierer muss wegen Flaschenwurfs lange in Haft

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Joachim Fahrun und Michael Mielke

Nach den schwersten 1.-Mai-Krawallen seit Jahren in Berlin ist ein Mann aus Friedrichshain zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden. Er hatte eine Flasche auf einen Polizisten geschleudert. Eigentlich gilt der 29-Jährige als schuldunfähig, dennoch muss er ins Gefängnis.

Gegenstände auf einen Polizisten zu werfen, ist nach aktueller Rechtsprechung im Moabiter Kriminalgericht kein Kavaliersdelikt mehr. Das musste nun auch der 27-jährige Magnus K. erfahren, der am 1. Mai dieses Jahres in Kreuzberg einen Beamten mit einer Flasche am Oberschenkel traf. Ein Schöffengericht verurteilte ihn am Mittwoch zu einem Jahr und sechs Monaten Haft ohne Bewährung.

Auch wenn es sich bei dem Angeklagte nicht um „den typische Krawallmacher“ handele, sei eine deutliche Strafe auch zur Abschreckung geboten, urteilte das Gericht. Die grundlose Randale am 1. Mai sei eine traurige Tradition geworden, zu der mittlerweile Krawall-Touristen aus dem In- und Ausland nach Berlin anreisten, hieß es in der Urteilsbegründung.

Magnus K. hatte vor Gericht angegeben, sich nicht erinnern zu können. Der als Zeuge geladene Polizist hatte ihn im Gerichtssaal nach eigenen Angaben jedoch „zu 100 Prozent“ wiedererkannt. Verletzt worden war er durch den Flaschenwurf glücklicherweise nicht.

Nach der Festnahme wurde bei Magnus K. ein Blutalkoholwert von mehr als drei Promille festgestellt, zudem hatte er Haschisch konsumiert. Angesichts dieser Werte konnte er nicht wegen Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall und versuchter gefährlicher Körperverletzung bestraft werden – so wie es die Staatsanwaltschaft angeklagt hatte. Das Gericht ging aber davon aus, dass sich der arbeitslose Schlosser vorsätzlich in einen Rauschzustand gebracht hatte und verurteilte ihn zu einer Tat im Vollrausch. Das Strafmaß reicht hier je nach Tat bis zu fünf Jahren Haft. Die Verteidigung äußerte Zweifel an der Beweislage und beantragte Freispruch.

Die 1.-Mai-Krawalle waren in diesem Jahr weitaus schwerer als in den Jahren zuvor. 479 Beamte wurden verletzt, 289 Personen festgenommen. Einer der Brennpunkte war der Bereich um die Kreuzberger Adalbertstraße, wo Magnus K. etwa eine Stunde vor Mitternacht die Flasche aus rund zehn Metern Entfernung in Richtung der Polizisten warf. Zwei Schüler, die in jener Nacht Molotowcocktails in Richtung der Polizisten geschleudert haben sollen, werden sich in nächster Zeit vor einer Moabiter Strafkammer wegen versuchten Mordes verantworten müssen.

In der Berliner Politik ist das Urteil gegen den Mai-Randalierer überwiegend positiv aufgenommen worden. Zwar sei die Argumentation des Gerichts gegen den schwer alkoholisierten Mann strafrechtlich etwas schwierig, sagte der SPD-Innenexperte Thomas Kleineidam. Aber das Gesetz lasse zu, jemanden zu verurteilen, der zwar betrunken und damit schuldunfähig ist, der aber damit hätte rechnen müssen, im Rausch eine Straftat zu begehen. „Das ist ein angemessenes Urteil für diese Tat“, sagte der Sozialdemokrat. Was am 1. Mai stattgefunden habe, sei nicht hinnehmbar. Die Randalierer hätten Polizisten nicht als Menschen geachtet. Die Strafe sei deshalb geboten.

Ähnlich äußerte sich der Kreuzberger CDU-Abgeordnete Kurt Wansner. „Das Urteil ist in Ordnung, denn es schreckt Leute ab“, hofft der Christdemokrat. Gerade den Mitläufern helfe es sogar, weil sie sich nun überlegen würden, ob sie es nicht lieber lassen sollten und eben keine Steine und Flaschen werfen. „Die echten Gewalttäter lassen sich davon nicht abschrecken“, glaubt der Innenpolitiker.

Der Fraktionschef der Grünen im Abgeordnetenhaus, Volker Ratzmann, tut sich als Rechtsanwalt zwar schwer, ein Urteil ohne Kenntnis der Details zu bewerten. Anderthalb Jahre Gefängnis ohne Bewährung für einen Flaschenwurf sei aber „ein deutliches Zeichen“; das damit verhängt worden sei. Wenn die Justiz den Täter einwandfrei überführt hat, sei ein solches Urteil aber „auch richtig“, sagte Ratzmann.