Die Unternehmen der Hauptstadt sind äußerst skeptisch. Vor allem ihr Vertrauen in Regierungshandeln ist deutlich weniger ausgeprägt als in anderen Bundesländern. Das geht aus einer Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young hervor. Doch eine Wirtschaftsbranche schneidet ganz besonders schlecht ab.

Berlins Unternehmer sind äußerst skeptisch. Vor allem ihr Vertrauen in Regierungshandeln ist deutlich weniger ausgeprägt als in anderen Bundesländern. Aber auch an Zentralbanken und Wirtschaftsprüfern haben die Firmen der Hauptstadt einige Zweifel, wie eine Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young ergab, die Morgenpost Online exklusiv vorliegt.

Der Studie zufolge haben 54 Prozent der befragten Unternehmen gar kein oder nur sehr geringes Vertrauen in Staaten und Regierungen. Für ganz Deutschland liegt der Wert bei 40 Prozent, in Hamburg sogar nur bei 35 Prozent. Ähnlich skeptisch sind die Berliner in Bezug auf Notenbanken. 53 Prozent vertrauen den Zentralbanken nicht oder nur wenig, im deutschen Schnitt sind es 38 Prozent, in Hamburg wiederum nur 34 Prozent.

Etwas besser, aber auch noch nicht wirklich gut schneiden Wirtschaftsprüfer bei Berliner Firmen ab. Ein Drittel bringt ihnen geringes bis kein Vertrauen entgegen, etwas mehr als ein Drittel immerhin mittleres Vertrauen. In Nordrhein-Westfalen sind die Unternehmen dagegen nicht so misstrauisch: Weniger als jede fünfte Firma ist sehr skeptisch, mehr als die Hälfte dagegen hat mittleres Vertrauen. Im Bundesschnitt sieht jedes fünfte Unternehmen die Prüfer mit Misstrauen, etwas weniger als die Hälfte sieht deren Arbeit entspannt.

Für ihre Studie haben die Berater 700 Unternehmen in Deutschland um Auskunft gebeten, darunter 72 aus Berlin. Ernst & Young wollte das Vertrauen der Unternehmen messen – in Institutionen, Währungen und Wirtschaftsbranchen. Aus den Antworten errechneten die Statistiker des Wirtschaftsprüfungsunternehmens zum einen, wie viel Prozent der Firmen wie vertrauensselig sind, zum anderen eine Art Vertrauensnote je Bundesland. Die Skala reicht von eins („kein Vertrauen“) über drei (gleichbleibend) bis zu fünf („sehr großes Vertrauen“).

Auffällig ist, dass Berliner Unternehmen besonders misstrauisch sind. Ob es um den Euro, die Wirtschaftsordnung, das Wirken von Regierungen oder Zentralbanken geht: Immer zeigen sie einen geringeren Vertrauenswert als im gesamtdeutschen Schnitt. Zwar bringen die Berliner wie die Unternehmen der anderen Bundesländer dem Euro das meiste Vertrauen entgegen, doch der Hauptstadtwert von 3,38 ist deutlich geringer als der deutsche Durchschnittswert (3,59). Besonders groß ist die Abweichung bei der Einschätzung von Notenbanken (Berlin: 2,53; Deutschland: 2,81) und Banken (Berlin: 2,01; Deutschland: 2,35). Banken, das gilt für alle Bundesländer, genießen das geringste Vertrauen der Unternehmen.

Für Staaten und Regierungen gibt es in Berlin den Vertrauenswert 2,58 (Deutschland: 2,71). Offenbar machen die Verantwortlichen in der Regierung nicht den besten Eindruck bei Unternehmern.

„Berliner Unternehmen sind in ihren Antworten generell kritischer als andere“, sagte Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) der Morgenpost. Das große Misstrauen gegenüber dem Bankensektor führt der Senator auf den Bankenskandal in der Hauptstadt Anfang des Jahrtausends zurück. An den Vorgängen rund um die Berlin Hyp, Immobilientochter der Landesbank, zerbrach 2001 die große Koalition aus CDU und SPD.

„Berlin hat insbesondere Anfang dieses Jahrzehnts Erfahrungen mit dem Bankenskandal, dem Versagen der Aufsichtsbehörden und politische Misswirtschaft der großen Koalition gemacht“, deutet Wolf die Ergebnisse der Studie.

Was die Banken betrifft, sieht dies der Sprecher der Berliner Industrie- und Handelskammer, Holger Lunau, ähnlich. Die Berliner Bankbranche habe durch den Skandal um Berlin Hyp ihren „Ruf auf einige Zeit versaut“, sagt er. Auch das mangelnde Vertrauen in Regierungen ist für Lunau keine Überraschung. Berliner Firmen hätten schlechte Erfahrungen mit ihrer Landesregierung gemacht. Diese sei „nicht sehr investoren- und unternehmerfreundlich“.

Ungefähr im deutschen Durchschnitt bewegen sich die Berliner Firmen, wenn sie ihre wirtschaftliche Lage einschätzen sollen. Auch darüber bat Ernst & Young um Auskunft. Für die nächsten drei Monate ergibt sich ein Durchschnittswert von 3,07, was „gleichbleibend“ bedeutet. Der Ausblick ist besser. Bei der Prognose für die kommenden zwölf Monate geht der Wert mit 3,47 ein wenig in Richtung „positiv“.