Eine der wichtigsten Bahnstrecken Berlins wird für fast fünf Monate zur Baustelle. Die BVG saniert die maroden Hochbahn-Viadukte zwischen Schönhauser Allee und Pankow. Nicht nur U-Bahnfahrer sind davon betroffen. Auch Tram-Nutzer und Autofahrer müssen mit Behinderungen in dem Bereich rechnen.
Rostige Stahlträger, fehlende Nieten, marode Kabelstränge, Risse in Betonwänden und Fahrbahnblechen – keine Frage: Die historischen Viadukte der Hochbahnlinie U2 in Prenzlauer Berg sind „in die Jahre gekommen“, wie BVG-Infrastrukturchef Ralf Baumann es formuliert. Die 1,7 Kilometer lange Strecke mit den Bahnhöfen Eberswalder Straße und Schönhauser Allee ist seit ihrem Bau (1909 bis 1930) stets nur stückchenweise repariert worden. Jetzt reicht das nicht mehr aus. Um die „Betriebssicherheit zu gewährleisten“, so Baumann, ist eine Grundsanierung der Viadukte, Brücken und Bahnhöfe nötig. Der Löwenanteil der Arbeiten ist für dieses und nächstes Jahr geplant. 80 Millionen Euro stehen nach BVG-Angaben insgesamt bereit. 21 Millionen sollen noch in diesem Jahr in die Rundum-Kur für die U2 fließen. Bis Oktober wird der Abschnitt nördlich des Bahnhofs Schönhauser Allee saniert. 2010 folgt der südliche Abschnitt.
Für die Fahrgäste heißt das: Von Donnerstag an wird eine der wichtigsten U-Bahn-Strecken Berlins für fast fünf Monate zur Baustelle. Und betroffen sind nicht allein die täglich etwa 8000 U-Bahn-Nutzer auf dem Abschnitt zwischen Schönhauser Allee und Pankow. Auch für täglich etwa 5000 Fahrgäste der Straßenbahnlinie M1 und zahllose Autofahrer wird die Baustelle zum Nadelöhr. Es drohen längere Fahrzeiten, volle Ersatzbusse, Staus.
Fahrgäste reagieren gelassen
„Ich hoffe nur, dass die Fahrzeuge nicht so voll sind“, sagt Studentin Elisabeth Bänsch, die zweimal in der Woche zum Babysitten nach Pankow fahren muss. „Zum Glück sind es ja nur zwei Stationen.“ Die meisten Betroffenen nehmen den Baustellenverkehr wie die 23-Jährige mit der Gelassenheit des streik- und baustellenerfahrenen Nahverkehrskunden. „Ich werde eben etwas länger brauchen“, sagt Nicole Steffen (26) aus Karow. „Aber das stört mich nicht wirklich.“ Möglichst wenig gestört werden sollen auch die Anwohner, wie U-Bahn-Bauchef Uwe Kutscher betont. Bis auf wenige Ausnahmen werden die Arbeiten im Zwei-Schicht-Betrieb erledigt. Lärm in den Nächten und an Wochenenden soll es maximal in Einzelfällen geben.
Die Arbeiten beginnen mit Betriebsbeginn am Himmelfahrtstag. Zunächst wird eine Bauweiche am Bahnhof Schönhauser Allee installiert, damit die Züge dort umkehren können. Bis einschließlich 24. Mai fährt keine U-Bahn zwischen den Stationen Rosa-Luxemburg-Platz und Pankow (siehe Grafik). Von Montag an bis Oktober läuft dann der „normale“ Baustellenverkehr. Konkret heißt das: Die U2 bleibt zwischen Schönhauser Allee und Pankow gesperrt. Ersatzbusse fahren schon vom Bahnhof Eberswalder Straße aus, denn sie müssen nicht nur die U-Bahn-Nutzer befördern, sondern auch die Fahrgäste der Tramlinie M1, die vom 28. Mai an gesperrt wird.
Nötig ist das nach BVG-Angaben, weil in beiden Richtungen der linke Fahrstreifen der Schönhauser Allee für Baugerüste benötigt wird und die Oberleitungen der Tram an den maroden Viadukten hängen.
Aus dem gleichen Grund müssen auch Autofahrer mit Behinderungen rechnen. Der linke Fahrstreifen bleibt für Autos ebenfalls gesperrt.
Damit sich Staus in Grenzen halten, wird der bisher zum Parken genutzte rechte Fahrstreifen freigeräumt. Etwa 200 Parkplätze an der Schönhauser Allee fallen damit weg. Zusätzlich gibt es im morgendlichen Berufsverkehr stadteinwärts ein Halteverbot, am späten Nachmittag stadtauswärts.
Vollsperrung zu Pfingsten
Die größte Herausforderung wartet auf die Bauexperten der BVG und die Nerven der Autofahrer allerdings am Pfingstwochenende. Dann wird die Brücke über die Kreuzung Schönhauser Allee/Bornholmer Straße demontiert. Beide Hauptverkehrsachsen im Norden von Prenzlauer Berg müssen dafür vom 29. Mai, 20 Uhr bis zum 2. Juni, 4.30 Uhr komplett gesperrt werden. Umleitungen werden zwar ausgeschildert – unter anderem über die Wichertstraße und Prenzlauer Promenade, die Wollank- und Brunnenstraße sowie die Schivelbeiner Straße –, trotzdem müssen Autofahrer mit Staus rechnen. Laut Uwe Kutscher ist das aber das kleinere Übel. Hätte man die Brücke wie die übrigen Viadukte saniert, wäre eine monatelange Sperrung nötig gewesen. Jetzt droht nur im September noch einmal ein Verkehrschaos, wenn die neue Brücke eingebaut wird.
Mitarbeit: jeg