Strom aus der Steckdose ist out, schon bevor die großen Flotten der Elektroautos überhaupt auf Deutschlands Straßen rollen. Die Berliner Technologiefirma IAV will E-Mobilität künftig durch Induktion ermöglichen. Ohne Kabel soll Strom aus elektromagnetischen Feldern in Straßen oder Parkplätzen in die Batterien fließen.
„Technologisch ist das schon möglich“, sagt Wilfried Nietschke, Vizepräsident bei IAV. Die Firma plant einen Induktionsgeladenen Taxistand vor dem Berliner Hauptbahnhof, wo die Elektrotaxen beim Warten neue Energie aufnehmen.
Dieses Modellprojekt in Sichtweite des Kanzleramtes könnte ein Argument gegenüber Bundesregierung und Industrie sein, die Hauptstadt in eine nationale Strategie einzubinden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) versammelt am Montag die Bosse der Auto- und Energiebranche zum „E-mobility“-Gipfel, um den gemeinsamen Aufbau dieser neuen Industrie in Deutschland zu verabreden. Experten sehen großes Potenzial: McKinsey rechnet damit, dass in zehn Jahren in Entwicklung und Produktion der benötigten Elektroauto-Komponenten 250 000 Arbeitsplätzen entstehen werden.
Berlin will von dieser neuen Branche profitieren und bietet der Bundesregierung eine enge Zusammenarbeit an. „Die deutsche Hauptstadt ist der beste Ort für einen nationalen „Show room“ zur Elektromobilität“, schrieb der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) in einem Brief an Merkel. Nur Berlin besitze die entscheidende internationale Ausstrahlungskraft.
Die Stadt preist sich an als idealer Test-Markt für Elektroautos an. Die gefahrenen Strecken seien kurz genug für die noch begrenzte Reichweite der Batterien. Die Stadt verfüge bereits über 550 Ladestationen und viele Menschen, die sich für saubere Technik begeistern und früh ein Elektroauto kaufen würden. Viele Wissenschaftler arbeiteten an besseren Batterien und Antrieben. Unternehmen wie Daimler und Continental seien schon aktiv geworden. Pilotversuche laufen bereits. Auf dem Gelände des Flughafens Tegel könnte ein Entwicklungszentrum für E-mobility errichtet werden. Das Tempelhofer Feld könnte Schaufenster für Elektromobile werden. „In der Auseinandersetzung mit den Chinesen schaffen wir es in Deutschland nur, wenn wir von vereinzelten Pilotlösungen zu einem ausgeprägten Markt kommen. Dazu müssen sie 50.000 bis 100.000 Autos testen“, sagte Wirtschaftsstaatssekretärin Almuth Nehring-Venus bei einem kurzfristig angesetzten Gespräch zur E-Mobility im Roten Rathaus. Die Berater von McKinsey haben kürzlich in einer Studie „Berlin 2020“ eine ähnliche Empfehlung abgegeben.
CDU schlägt Sammelbestellung von 20.000 Elektroautos vor
Die Senatsseite hatte es eilig, ihre Botschaft zu verkünden, denn ebenfalls für Mittwoch hatte die CDU zum großen Vorstoß in Sachen E-Mobility in die Hallen der Firma IAV eingeladen. Parteivize Thomas Heilmann, der als erfolgreicher Unternehmer im Kanzleramt gut vernetzt ist, stellte gemeinsam mit CDU-Chef Frank Henkel das Unionskonzept vor. Im Kern teilt die Oppositionspartei Analyse und Ziele des Senats. Aber gedanklich sind Heilmann und seine Mitstreiter bereits einen Schritt weiter. Eigentlich wollte Heilmann seine Pläne mit Vertretern wichtiger Unternehmen wie Bosch, Siemens oder VW präsentieren. Die Namensschildchen waren gedruckt. Aber die Manager scheuten sich offensichtlich doch, sich für Berlin als Testmarkt und für die CDU in die Öffentlichkeit zu stellen.
So blieben von Wirtschaftsseite nur IAV-Geschäftsführer Kurt Blumenröder als Gastgeber und IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder. Blumenröder sprach von einer „einmaligen Chance für die nächsten Jahrzehnte“, die aber „eines gelenkten Startpunktes“ bedürfe. Eder sagte, der „Aufschlag der CDU stelle eine gute Grundlage dar“. Im Mai lade die IHK dazu ein, das Thema zu vertiefen.
Anders als der Senat hat die Union schon konkrete Schritte vorbereitet, wie sich Berlin in die bundesweite Diskussion einbringen soll. Unternehmen und Senat sollten gemeinsam unter dem Titel „E-tropolis“ eine Plattform organisieren. Diese sollte 2011 für Unternehmen, Behörden oder öffentliche Betriebe eine Sammelbestellung über 20.000 Elektroautos aufgeben, zu liefern bis 2013/14. Dann würden auch 10.000 Privatpersonen sich E-Mobile anschaffen. Um die Nachfrage zu stimulieren, könnte die Stadt kostenlose Parkplätze und freie Fahrt auf Busspuren anbieten. Mit 30.000 Wagen sei man dann ein Markt, an dem die Industrie nicht vorbeikomme, sagte Heilmann. Ein solches Angebot sei aussichtsreicher, als von der Bundesregierung zu fordern, exklusiv als Testmarkt ausgewählt zu werden und die Forschungsgelder zu erhalten. Eine solche Entscheidung sei im deutschen Föderalismus nicht erwarten.