1. Mai - Bundespolizei will bei Einsatzplanung mitreden
Ausschreitungen
1. Mai - Bundespolizei will bei Einsatzplanung mitreden
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Joachim Fahrun und Axel Lier
Nach den Krawallen zum 1. Mai in Berlin wollen viele Polizisten aus anderen Bundesländern nicht mehr in der Hauptstadt eingesetzt werden. Sollte das Einsatz-Konzept nicht geändert werden, will die Gewerkschaft die Beamten in ihrer Haltung unterstützen. Und auch die Bundespolizei will in Berlin nicht nur zusehen.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) will die Randale und die Polizeitaktik am 1. Mai in Kreuzberg zum Thema bei der Innenministerkonferenz Anfang Juni machen. „Hinter verschlossenen Türen muss sehr intensiv geredet werden“, sagte Schäuble gestern beim kleinen Parteitag der Berliner CDU. Gewalt dürfe nicht geduldet werden, auch nicht das Abfackeln von Autos, so der Innenminister.
Schäuble berichtete, das Innenministerium habe auf Wunsch der Bundesländer die Verteilung der Polizeieinheiten der Länder an die verschiedenen Demonstrationsorte Deutschlands koordiniert. Künftig wolle die Bundespolizei auch in die Einsatzplanung einbezogen werden, sagte der Minister. Das Gewaltmonopol des Rechtsstaates müsse verteidigt werden. Schäuble räumte ein, dass es schwierig sei, Gewalttäter gerichtsfest zu überführen. Es gehe darum, mehr Informationen aus extremistischenGruppen zu sammeln.
"Berlin gehört zu den Ländern, wo der Verfassungsschutz eine gewisse Ertüchtigung nötig hat.“ Er sei aber dafür, dass Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD), wo immer er mag, sein Bier oder seinen Kaffee trinken könne, sagte Schäuble. Damit spielte er auf einen Vorfall kurz vor dem 1. Mai an, als Körting ein Lokal in Friedrichshain eilig verlassen hatte, nachdem ihn dort mutmaßliche Autonome erkannt und sich zusammengerottet hatten. Es komme auch nicht infrage, sagte Schäuble, dass es „irgendeinen Quadratmeter in Deutschland“ gibt, wo eine demokratische Partei nicht Werbung für sich machen dürfe. Der CDU war aus Sicherheitsgründen verweigert worden, am 1. Mai mit einem Stand auf der Oranienstraße Präsenz zu zeigen.
Unterdessen kritisierte FDP-Chef Guido Westerwelle Berlins Innensenator für seine Strategie am 1. Mai. Körting habe die Axt an die Wurzeln des Rechtsstaats gelegt, sagte Westerwelle. „Was da stattgefunden hat, ist nicht nur ein Erdbeben gegen den Anstand in der Hauptstadt gewesen. Sondern eines gegen den Rechtsstaat in Deutschland. Wenn der normale Bürger mit seinem Auto für fünf Minuten falsch parkt, hat er sofort ein Ticket. Aber wenn kriminelles Pack ein paar Ecken weiter Autos anzündet, dann entscheidet sich der Innensenator der rot-roten Regierung für eine Höflichkeitsstrategie, nach dem Motto: Man darf diese armen, erregten Männer nicht noch mehr reizen“, sagte Westerwelle. „Ich bin fassungslos, an was wir uns gewöhnen,“ so Westerwelle weiter. „Da erzählen uns Pappnasen von Links, diese kriminellen Steinewerfer seien Teil einer sozialen Aufstandsbewegung. Unsinn! Für mich ist das Appeasement gegenüber den Feinden einer zivilisierten Demokratie der Mitte.“
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, warnte vor „Verweigerungshaltungen unter Polizisten im gesamten Bundesgebiet“, wenn sie für Einsätze nach Berlin gerufen werden. Viele Kollegen hätten signalisiert, dass sie nicht mehr in der Hauptstadt eingesetzt werden wollen. „Sollte Polizeipräsident Dieter Glietsch keine Lehren aus dem missglückten Einsatzkonzept zum 1. Mai ziehen, werden wir unsere Kollegen in ihrer Haltung unterstützen“, so Wendt.
Körting und Glietsch müssen morgen im Innenausschuss über die Polizeitaktik berichten. Dabei will die Opposition klären, wieso die Polizei offenbar auf die heftigen Ausschreitungen nicht oder nur schlecht vorbereitet war.