"Tag der Arbeit" in Berlin

Schwere Krawalle überschatten friedliche Mai-Feiern

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Zehntausende feierten den 1. Mai in Berlin friedlich, Tausende demonstrierten ohne Ausschreitungen. Doch einige hundert Randalierer ließen eine Demonstration am Abend dann doch noch eskalieren. Steine flogen, Barrikaden brannten, es gab Verletzte.

Bei den Demonstrationen zum 1. Mai in Berlin ist es am frühen Freitagabend zu schweren Ausschreitungen gekommen. Linksautonome, vermummte Randalierer und junge Migranten warfen in Kreuzberg schon vor Einbruch der Dunkelheit Steine, Flaschen und Feuerwerkskörper und lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei. Die Beamten gingen an der Skalitzer Straße gegen die Menge vor, setzten Pfefferspray, Reizgas und Schlagstöcke ein und griffen gezielt Straftäter aus der Menge heraus. Vor allem der militante Schwarze Block war mit rund 500 Leuten unerwartet stark. Die Polizei war stadtweit mit 6000 Kräften im Einsatz.

Zuvor hatten die Sicherheitskräfte die „Revolutionäre 1. Mai-Demonstration“ unter dem Motto „Kapitalismus ist Krieg und Krise“ am Kottbusser Tor vorzeitig beendet, nachdem die 5000 Teilnehmer durch das Myfest von Bezirksamt und Anwohnerinitiativen, auf dem zu dem Zeitpunkt rund 35.000 Menschen friedlich feierten, gezogen waren. Zudem hatte es schon während der Demonstration erste Attacken aus dem Schwarzen Block gegeben.

Doch auch danach flogen Mülleimer, Stühle, Fahrräder und sogar Brandsätze in Richtung Beamte. Die Menge kesselte zwei Mannschaftswagen der Polizei ein und bewarf die Sicherheitskräfte und die Fahrzeuge mit Steinen. Den Autonomen gelang es zwischen den Attacken immer wieder, in der Menge der zahlreichen Schaulustigen abzutauchen. Viele Besucher des Myfestes versuchten, die Steinewerfer zurückzuhalten. Die Randalierer demolierten dennoch ein Buswartehäuschen, griffen eine Tankstelle an, rissen Absperrgitter und eine Ampel um. An der Adalbertstraße errichteten militante Autonome meterhohe Barrikaden aus Zaunteilen und steckten sie in Brand. Die Autonomen koordinieren ihre Aktionen per Handy. De Polizei nimmt immer wieder Menschen fest, kesselt randalierende Gruppen ein. Gegen 23.30 Uhr beruhigt sich die Lage in Kreuzberg allmählich wieder. Gegen 0.30 Uhr meldet die Polizei von der Oranienstraße, die Lage sei unter Kontrolle.

Von da an blieb es friedlich. Um 4 Uhr begann die Berliner Stadtreinigung (BSR) die Straßen wieder zu säubern und meldete gegen 10.30 Uhr: Die Straßen sind wieder sauber. Mit Besen und 26 Reinigungswagen sammelten die rund 80 Einsatzkräfte etwa 100 Kubikmeter Müll, Steine und Glasscherben ein. Im vergangenen Jahr seien es nur rund 65 Kubikmeter gewesen.

3000 Menschen demonstrieren gegen Rechts

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hatte noch vor der Gewalteskalation am Nachmittag in einer ersten Bilanz die Hoffnung geäußert, dass die Situation beherrschbar bleibe. Im Vorjahr hatte es bei einem vorwiegend friedlichen Mai-Feiern insgesamt 162 Festnahmen gegeben, 103 Polizisten waren verletzt worden.

Zu ersten Gewaltausbrüchen war es dann bereits am Vormittag bei einer Demonstration von 3000 Menschen gegen eine NPD-Kundgebung in Köpenick gekommen. An der Kundgebung hatten auch Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Die Linke), der Bundesgeschäftsführer der SPD, Kajo Wasserhövel, Vertreter des Bezirks und der Abgeordnetenhauspräsident Walter Momper (SPD) teilgenommen. Rund 500 Linke hatten den S-Bahn-Verkehr im Bahnhof Köpenick für mehr als eine Stunde mit einer Sitzblockade lahmgelegt, weil der Strom aus Sicherheitsgründen abgeschaltet werden musste. Die Polizei löste die Blockade nach kurzer Zeit wieder auf. Es gab mehrere Dutzend Festnahmen. Demonstranten der linken Szene warfen Steine auf ein Haus, nachdem ein Anwohner zuvor auf einem Balkon die Hand wie zum Hitlergruß erhoben hatte.

Etwa 280 NPD-Anhänger hatten sich unterdessen unweit des Bahnhofs auf dem Gelände der Partei-Bundeszentrale am Mandrellaplatz in Köpenick versammelt. Zum ersten Mal seit fünf Jahren hielt die Partei dort - mit einiger Verspätung - wieder eine Kundgebung am 1. Mai ab.

Die Protestzüge linker Gruppen zum 1. Mai waren bis zum frühen Abend zunächst friedlich verlaufen. Zu lauter Technomusik zogen rund 2000 Teilnehmer der Mayday-Demonstration vom Bebelplatz in Mitte nach Kreuzberg. Dabei warfen mehrere Teilnehmer Farbeier auf das Bundesfinanzministerium an der Wilhelmstraße. Bei strahlendem Sonnenschein und Livemusik feierten dort Tausende Menschen in Kreuzberg beim Myfest und beim Mariannenplatzfest.

Weitgehend friedliche Walpurgisnacht

In der Walpurgisnacht war es vor allem in Friedrichshain zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen. Dabei waren nach Angaben der Polizei 57 Personen festgenommen worden, 48 Beamte wurden leicht verletzt. Eine Menge von rund 250 Personen hatte nach Mitternacht Polizeibeamte mit Flaschen und Steinen beworfen. In der Warschauer Straße wurde eine vorbeifahrende Straßenbahn angegriffen. In zwei Straßen wurden Müllcontainer und Gegenstände in Brand gesteckt. In der Oranienstraße blockierten rund 200 Personen nach einem Konzert die Straße.

Friedlich hatten hingegen im Mauerpark in Prenzlauer Berg etwa 2000 Menschen die Walpurgisnacht genossen. Am Boxhagener Platz in Friedrichshain feierten rund 2000 Menschen bis um 22.30 Uhr friedlich. Anschließend kesselte die Polizei am nahe gelegenen Wismarplatz rund 100 Personen ein und stellte vereinzelt deren Personalien fest. Feierstimmung herrschte dagegen unter etwa 350 Menschen am Viktoriapark in Kreuzberg.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zeigte sich zufrieden mit der Resonanz auf die Mai-Kundgebungen. An den mehr als 400 Veranstaltungen hatten sich bundesweit rund 500.000 Menschen beteiligt. Zur traditionellen DGB-Kundgebung am Brandenburger Tor kamen 20.000 Teilnehmer.

Wie der erste Mai in Berlin verlief: Den Ticker von Morgenpst Online finden Sie hier.